
Moraltheologe: Reduktion kann zu Mehr an Lebensglück führen
Theologie und Philosophie können maßgeblich dazu beitragen, die ökologisch erforderliche Reduktion in Konsumverhalten und Lebenswandel nicht als einen Rückschritt, sondern als einen Schritt zu einem Mehr an Lebensglück zu verstehen. Das hat der Innsbrucker Moraltheologe Prof. Stefan Hofmann bei einem Vortrag am Freitag an der Universität Innsbruck betont. Die europäische Geistesgeschichte habe "auch angesichts der ökologischen Herausforderung und der Notwendigkeit einer Reduktion unseres CO2-Ausstoßes wertvolle philosophische und spirituelle Anregungen zu bieten", sagte Hofmann bei der Vorlesung, die zugleich seine Antrittsvorlesung darstellte. Hofmann ist seit 1. April 2022 Professor für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck.
Ein "Übermaß an Konsumaktivität" führe nicht selten zu einem "Weniger an gutem Leben", führte Hofmann aus. Dagegen biete die Philosophie wie die Theologie Ansätze, das "gute Leben" jenseits von Konsum und Wachstum zu entdecken - etwa mit Aristoteles in einem tugendhaften Leben, in dem Vernunft, politisches Engagement und Kontemplation zusammenkämen. Hofmann: "Wann ist weniger 'mehr'? Mit Aristoteles, Thomas von Aquin und vielen anderen DenkerInnen dieser Tradition können wir hier besonders auf die Tugend der Maßhaltung verweisen. Dort, wo wir in unserer Lebensführung das gute und gesunde Maß verlieren, geht Lebensqualität verloren."
Aus Sicht der christlichen Theologie könne dem hinzugefügt werden, dass der Verzicht dann zu einem "Mehr" werde, wenn dadurch ein "Wachstum an Glaube, Hoffnung und Liebe" möglich werde - und sich dies in politischem bzw. gesellschaftlichen Engagement und Solidarität mit den Schwächsten zeige. Anleitung zu einem solchen christlichen Verständnis von Reduktion könnte laut Hofmann die Spiritualität eines Ignatius von Loyola (1491-1556) bzw. die ignatianischen Exerzitien bieten. "Die Theologie der Spiritualität ist für unsere Frage nach dem Mehr an gutem Leben nicht zuletzt deshalb relevant, weil diese Theologie gerade die Lebenspraxis in den Blick nimmt. Spiritualität verwirklicht sich nur in der Praxis: Wer sich mit Spiritualität beschäftigt, sucht in der Regel Anregungen, um die Lebenspraxis gut und klug zu gestalten."
Der 1978 in der Oberpfalz geborene Stefan Hofmann hat in Regensburg, Rom und Steubenville (USA) Theologie studiert. 2010 ist Hofmann dem Jesuitenorden beigetreten und wurde 2016 zum Priester geweiht. 2021 wurde er an der Universität Tübingen mit einer Arbeit über "Normative Bedeutung der Handlungsfolgen" habilitiert. Seit 1. April 2022 ist er Professor für Moraltheologie an der Universität Innsbruck. (Infos: www.uibk.ac.at/systheol/index.html.de)
Quelle: kathpress