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Österreich nahm im Stephansdom Abschied von Karel Schwarzenberg
kathbild.at / Franz Josef Rupprecht

Österreich nahm im Stephansdom Abschied von Karel Schwarzenberg

Kardinal Schönborn leitete Requiem für Mitte November verstorbenen früheren tschechischen Außenminister und appelliert: Aus Vermächtnis Schwarzenbergs lernen

16.12.2023

Bei einem Gottesdienst im Wiener Stephansdom haben Kardinal Christoph Schönborn und Bundespräsident Alexander Van der Bellen sowie zahlreiche weitere Vertreter aus Politik, Diplomatie und Gesellschaft am Samstag an den im November verstorbenen früheren tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg (1937-2023) erinnert. "Wir nehmen Abschied von einem großen Menschen, großen Christen und großen Mann der Öffentlichkeit", sagte Schönborn bei dem Requiem im Beisein der Familie und zahlreicher Wegbegleiter Schwarzenbergs. Bundespräsident Van der Bellen würdigte den Verstorbenen unter anderem als "großes Vorbild", "außergewöhnlichen Politiker" und Staatsmann im besten Sinn, der "früher als viele andere ein überzeugter Demokrat und glühender Europäer war".

 

Kardinal Schönborn hob in seiner Predigt hervor, wie Schwarzenberg in seinem Leben, das von einem selbstverständlichen und tiefen christlichen Glauben mitgetragenen war, Tradition mit Wachsamkeit und Offenheit für das Neue verband. "Karl Schwarzenberg war zweifellos ein Mann der Tradition und verkörperte sie in einer unnachahmlichen Weise", erinnerte Schönborn. "Aber was heißt Tradition? Tradition, wie er sie gelebt hat, hat nichts mit Traditionalismus zu tun. Ich habe wenige Menschen gekannt, die so frei waren", sagte der Wiener Erzbischof. "Tradition und Wachsamkeit schließen sich nicht aus, denn Tradition ist etwas Lebendiges." Das zeige sich etwa auch an der Berharrlichkeit, mit der Schwarzenberg für die Gesellschaft hoffnungsvolle Kräfte in seiner Heimat unterstützt habe.

 

Wie alle Menschen habe Schwarzenberg auch "Ecken und Kanten" gehabt, so der Kardinal weiter. "Er wusste sich als Sünder und zugleich als überzeugter Christ. Er war ein Mensch mit Widersprüchen und durfte doch leben, wie so manches sich gelöst hat und versöhnt hat."

 

Predigt von Kardinal Schönborn

 

Vermächtnis auch für Österreich

 

Kennzeichnend für den Verstorbenen war laut Schönborn auch dessen humorvolle, glaubwürdige Nähe zu den Menschen und so etwas wie ein "ehrlicher Patriotismus" abseits von jeglichem Chauvinismus. "Man kann überzeugter Patriot und überzeugter Europäer sein", betonte der Kardinal und rief auf, von Schwarzenberg zu lernen. "Es ist an der Zeit, das Vermächtnis dieses großen Menschen auch für Österreich, dem er sich immer verbunden wusste, ohne je österreichische Staatsbürger zu sein, fruchtbar zu machen - gerade in den Spannungen unseres Landes."

 

An dem Requiem nahmen u.a. Altbundespräsident Heinz Fischer, Außenminister Alexander Schallenberg (VP), Ex-Außenministerin Ursula Plassnik sowie NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger und Europaparlaments-Vizepräsident Otmar Karas (VP) teil. Auch Vertreter mehrerer europäischer Adelshäuser waren in den Stephansdom gekommen. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von der Wiener Dommusik mit dem Requiem in d-moll von Wolfgang Amadeus Mozart.

 

Ansprache von BP Alexander Van der Bellen

 

Van der Bellen: "Idealtypus eines Staatsmanns"

 

Bundespräsident Van der Bellen betonte in seiner Ansprache am Ende der Feier die "tiefen Spuren" und die "große Lücke", die Schwarzenberg hinterlasse. "Karel Schwarzenberg wird uns immer ein großes Vorbild sein. Einer, der das Wohl aller vor den persönlichen Vorteil gestellt hat. Den Frieden, das Europäische vor das nationale Interesse", sagte das Staatsoberhaupt.

 

Als jemand, "der seine Verantwortung gesehen hat, völlig unbestechlich war, sich zur Verfügung gestellt hat für das Große und Ganze", habe Schwarzenberg den "Idealtypus eines Staatsmanns" dargestellt. Gleichzeitig sei er "Citoyen im besten Sinne" gewesen. "Jemand, der sich dem Gemeinwesen verpflichtet sieht, stets engagiert, aber nicht um der eigenen Karriere und Vorteile willen, sondern um einer Idee zu dienen. "

 

In der Lebensgeschichte des Verstorbenen spiegle sich die Geschichte Europas, so Van der Bellen weiter. Schwarzenberg repräsentiere heute auch die vielen Menschen, die ihre Wurzeln in verschiedenen Ländern haben. "Das mehrsprachige Europa. Das vielschichtige Europa. Ein Europa, das durch ihn ein Gesicht und eine Zukunft bekommen hat", sagte der Bundespräsident.

 

Van der Bellen erinnerte zudem daran, dass Schwarzenberg als einen seiner Vornamen auch jenen des bekannten "Brückenheiligen" Johannes Nepomuk getragen habe. Wie sein Namenspatron sei Schwarzenberg "unbeugsam", "von größtem Gerechtigkeitssinn erfüllt" und doch gleichzeitig "Brückenbauer" gewesen u.a. zwischen Österreich und Tschechien oder für die Aussöhnung zwischen Tschechen und Deutschen.

 

Ausdrücklich würdigte der Bundespräsident die Dialogfähigkeit Schwarzenbergs, der "in Schlössern genauso zu Hause war, wie im Kaffee- und im Wirtshaus" und "trotz seines aristokratischen Hintergrunds immer nahbar und menschlich blieb". Van der Bellen: "Er war einer, der immer mit jenen den Kontakt und Austausch suchte, die nicht seiner Meinung waren; der Menschen aller Generationen und Meinungen versammelte und gemeinsam nach Lösungen für eine gute Zukunft suchte; einer, der Politik so verstand, wie man sich das von Menschen in gewählten Funktionen heute nur wünschen kann."

 

Prägende Persönlichkeit

 

Karel Schwarzenberg, der in den Jahrzehnten nach der "samtenen Revolution" von 1989 zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Politik in Tschechien zählte, war am 12. November im Alter von 85 Jahren in einem Krankenhaus in Wien gestorben. Der offizielle Begräbnisgottesdienst in Prag fand am 9. Dezember statt. Die Besetzung erfolgte in der Familiengruft der Schwarzenbergs auf Schloss Orlík in Südböhmen. Dort hatte Karel Schwarzenberg auch seine Kindheit verbracht, bevor die Familie nach der Machtübernahme der Kommunisten 1948 die Tschechoslowakei verlassen musste.

 

In den Jahrzehnten danach verbrachte Schwarzenberg einen großen Teil seines Lebens auch in Wien. Nach der Wende in der Tschechoslowakei 1989 war er Chef der Präsidentenkanzlei von Vaclav Havel (1936-2011) auf der Prager Burg. Von 2007 bis 2009 und noch einmal von 2010 bis 2013 amtierte er als tschechischer Außenminister. Bis zu seinem Tod war er Ehrenvorsitzender der von ihm 2009 mitbegründeten rechtsliberalen Partei TOP 09. 2013 kandidierte er für das Amt des Staatspräsidenten, unterlag in der Stichwahl jedoch Milos Zeman.

 

Quelle: Kathpress

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