Freistetter: Kriege sind Realität bis zur Wiederkunft Christi
Kriege sind seit jeher eine Realität in der Menschheitsgeschichte, die erst mit der Wiederkunft Christi überwunden werden kann. Darauf hat der österreichische Militärbischof Werner Freistetter im Interview der "Salzburger Nachrichten" (23.12.) hingewiesen. Auch die Konzilsväter des Zweiten Vatikanums seien in Bezug auf die Präsenz kriegerischer Gewalt "sehr realistisch" gewesen. In der Konzilskonstitution "Gaudium et spes" werde die Idee einer internationalen Autorität entwickelt, die mit entsprechenden Mitteln ausgestattet ist, um Frieden zu schaffen, erklärte Freistetter. Solange das aber nicht verwirklicht ist, bleibe Selbstverteidigung - wenn alle anderen Mittel versagen - erlaubt und legitim.
Das gelte etwa nach geltendem Völkerrecht für die Ukraine, die sich gegen Russland verteidigt. Zum Nahostkonflikt sagte der Militärbischof: Ein Staat habe natürlich auch das Recht, sich gegen eine terroristische Organisation zur Wehr zu setzen, die sich zum Ziel gesetzt hat, diesen Staat zu zerstören und so viele Menschen zu töten wie möglich. Er würde dies eigentlich als "Polizeiaktion" bezeichnen, denn es handle sich um keinen bewaffneten Konflikt zwischen Staaten und auch keinen Bürgerkrieg. Dass sich ein Staat gegen Verbrechen wehrt, sei klar. "Die eingesetzten Mittel sind allerdings umstritten", so Freistetter.
Das sei die entscheidende Frage: Wie weit darf Selbstverteidigung gehen, damit sie noch legitim ist? Der Bischof erinnerte an Papst Pius XII., der vor allem in Bezug auf den Atomkrieg Folgendes formuliert habe: Es könne geboten sein, das Unrecht einer Aggression hinzunehmen, wenn die Schäden, die ein Krieg verursachen würde, unvergleichlich größer wären. "Das sind ganz schwierige Abwägungen, die die politisch Verantwortlichen zu treffen haben. Das kann ihnen niemand abnehmen", so Freistetter.
"Liebe deine Feinde" ist lebbar
Der Bischof zur Frage, ob der biblische Auftrag "Liebe deine Feinde" lebbar ist: "Ja, wenn man Liebe nicht nur als Gefühl ansieht, sondern auch als Haltung des Willens." Das umfasse, dem Gegenüber Gutes zu wollen und dass ich das Böse durch Gutes zu überwinden. "Das ist natürlich sehr, sehr schwierig", räumte Freistetter ein. Es sei "ungeheuer schwer, nicht zu hassen und nicht Vergeltung üben zu wollen, wenn die eigene Familie massakriert wurde. Aber im Grunde ist es die einzige Möglichkeit, die Spirale der Gewalt zu verlassen: dass man auch das Leid des anderen sehen kann, nicht nur das eigene."
Quelle: kathpress