Steigende Zahl von Österreichern unter erwachsenen Taufbewerbern
Der Zeitpunkt, um katholisch getauft zu werden, ist seit jeher fast ausschließlich das Baby- oder Kleinkindalter, wogegen die Taufe als Erwachsene die klare Ausnahme darstellt. Nachdem bei letzterer Gruppe in den vergangenen Jahren besonders viele aus islamischen Ländern Gebürtige vertreten waren, steigt nun die Zahl der Österreicher. Deutlich wurde dies bei der zentralen Taufzulassungsfeier der Erzdiözese Wien, die am Donnerstagabend in der Kirche Breitensee stattgefunden hat. Weihbischof Franz Scharl erteilte dabei 72 Erwachsenen - darunter 32 aus Österreich - die Erlaubnis, rund um Ostern getauft zu werden.
Weihbischof Scharl bezeichnete bei der Wiener Zulassungsfeier die Taufe als Antwort auf einen Ruf, der schon zuvor an den jeweils einzelnen Menschen ergangen sei. Die Entscheidung für diesen "Weg" stelle eine anspruchsvolle und lebenslange Aufgabe dar, "denn Gott traut uns sehr viel zu". Zudem sei die Taufe ein Beziehungsgeschehen, werde man doch mit ihr auch aufgenommen in die Gemeinschaft der Kirche, welche die "Familie Gottes" sei. "Wir sind als Christen nicht alleine, sondern in Begleitung anderer Menschen, die sich ebenfalls auf den Weg gemacht haben", so der Weihbischof in seiner Ansprache.
In ganz Österreich werden rund 130 Jugendliche und Erwachsene demnächst das Taufsakrament empfangen, sowie weitere im Verlauf des Jahres. So war auch in der Erzdiözese Salzburg für Freitag eine zentrale Zulassungsfeier mit Weihbischof Hansjörg Hofer für fünf Katechumenen angesetzt. In der Diözese Gurk bereiten sich derzeit vier Personen auf die Erwachsenentaufe vor, in Linz und St. Pölten jeweils rund ein Dutzend. Mindestens sieben Erwachsene werden laut Auskünften der Diözese Feldkirch heuer in Vorarlberg getauft, drei in der Diözese Eisenstadt. In Innsbrucker Dom gab es kürzlich eine Zulassungsfeier mit Bischof Hermann Glettler für vier Täuflinge, während in Grazer Dom eine solche Zeremonie mit Generalvikar Erich Linhart für acht Katechumenen am Sonntag ansteht.
Viele Wege zur Taufe
Bei den Wiener Katechumenen kommt heuer erstmals die größte Gruppe aus Österreich. Aus dem Iran, von 2016 bis zum Vorjahr stets die am stärksten vertretene Herkunftsnation, feierten 14 die Zulassung, fünf aus Afghanistan, die anderen verteilten sich auf 15 weitere Länder aller Kontinente außer Amerika. Auch dass es bei den demnächst Getauften deutlich mehr Frauen (56 Prozent) als Männer (46 Prozent) gibt, stellt ein Novum dar. Vorbereitet werden die Täuflinge zum überwiegenden Teil (80 Prozent) in Pfarren des Vikariats Wien-Stadt, seltener in den ländlichen Gebieten der Erzdiözese. 14 Personen kamen in Begleitung ihrer Priester aus den anderssprachigen Pfarren, wie etwa der englischsprachigen, französischen, kroatischen oder afrikanischen Gemeinde.
Weitere statistische Details: Mit 14 Katechumenen zwischen 15 und 20 Jahren gibt es in Wien diesmal so viele Jugendliche wie noch nie. "Die Zahl derjenigen, die in säkularen Familien aufwachsen - und teils die Großeltern schon aus der Kirche ausgetreten sind -, ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Religion spielt hier kein Thema, zugleich gibt es aber auch weniger Vorurteile gegenüber der Kirche", deutete dies auf Kathpress-Anfrage der Erwachsenenkatechumenats-Zuständige der Bischofskonferenz, Daniel Vychytil. Gerade in Krisen würden sich Menschen auf der Suche nach Halt im Leben an die Kirche wenden - "und hier jemanden finden, der sie annimmt und ihnen zuhört". "Halt finden" gehöre zu den meistgenannten Motiven für die Taufe.
Wie vielfältig die Wege zur Taufe sind, verdeutlichten die bei der Zulassungsfeier verlesenen Glaubensbiografien der Kandidatinnen und Kandidaten. Mehrere von ihnen gaben an, sie seien in atheistischem oder agnostischem Umfeld aufgewachsenen, dann jedoch durch Schlüsselerlebnisse - Schicksalsschläge, Bekehrungen im Freundeskreis, das Erleben des Engagements oder der Offenheit von Pfarrmitgliedern oder auch Gebetserhörungen - zum vertieften Glauben und zum Wunsch, Christ zu werden, gekommen. Ein Taufbewerber gab an, die Beschäftigung mit dem "Herr der Ringe"-Autor J.R.R. Tolkien und das Gespräch mit einem Priester bei der "Langen Nacht der Kirche" hätten bei ihm den Ausschlag gegeben.
"Starkes Zeichen"
Wie Wiens Diözesansprecher Michael Prüller in der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" bemerkte, haben erwachsene Taufbewerber auch auf die Pfarren - in denen die Vorbereitung sowie auch die Taufe selbst geschieht - enorme Wirkung. Ihre Entscheidung für den katholischen Glauben und die Kirche hätten die Katechumenen aus freien Stücken und oft über große familiäre und kulturelle Hürden hinweg gefasst, was ein "starkes Zeichen" sei. "Das hat und gibt Kraft. Es bezeugt, dass der Glauben und das Gebet in der Gemeinde so groß und authentisch sind, dass Außenstehende sich davon angezogen fühlen und daran aufrichten können." Bereits dadurch würden die neu zur Kirche Hinzugekommenen auch selbst "missionarisch wirken", so Prüller.
An Erwachsene - in der Kirche zählt dabei das "religionsmündige" Alter von 14 Jahren - wird die Taufe zumeist rund um das Osterfest gespendet. Das Sakrament ist Abschluss und Höhepunkt eines intensiven, mindestens einjährigen Glaubenskurses, der von jugendlichen Taufkandidaten mitunter im Rahmen einer pfarrlichen Firmvorbereitung mit ergänzenden Gesprächen absolviert wird. Aktiv beworben wird die Erwachsenentaufe nicht, ein Gespräch mit dem jeweiligen Ortspfarrer ist jedoch meist der erste formelle Schritt. Darüber hinaus bieten die meisten Diözesen auf ihren Homepages Informationen zum Prozedere, teils auch mit Nennung eigener Verantwortlichen für das Erwachsenenkatechumenat.
Quelle: Kathpress