Weltkunstwerk auf Reisen: Tassilo-Kelch kommt nach Freising
Der Tassilokelch gilt als eines der kostbarsten liturgischen Gefäße des frühen Mittelalters - und er verlässt nur höchst selten die Schatzkammer im oberösterreichischen Benediktinerstift Kremsmünster. Nun aber geht das Weltkunstwerk auf eine seiner raren Reisen. Von 7. Mai bis 16. Juni wird es in der bayerischen Landesausstellung "Tassilo, Korbinian und der Bär" auf dem Freisinger Domberg zu sehen sein. Die dortigen Ausstellungsmacher sprechen von einer "großen Sensation". Der Tassilo-Liutpirc-Kelch gelte als Schlüsselobjekt des frühmittelalterlichen Bayerns und als eines der wichtigsten der gesamten Landesgeschichte, wie das Haus der Bayerischen Geschichte laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch in Augsburg mitteilte.
Seit gut 1.000 Jahren wird der um das Jahr 780 entstandene prunkvolle Messkelch im Stift Kremsmünster aufbewahrt. Dort kommt er vor dem Transport nach Bayern noch einmal am Gründonnerstag zum Einsatz, wenn im Gottesdienst an das Letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern erinnert wird. Seit den 1960er Jahren wird der Tassilokelch ausschließlich liturgisch in der Eucharistiefeier am Gründonnerstag, am Stiftertag am 11. Dezember sowie als Wahlurne bei einer Abtwahl in Kremsmünster verwendet. Als Messkelch diente er zudem bei mehreren Papstmessen in Österreich, darunter etwa 1983 im Wiener Donaupark mit Johannes Paul II. und 2007 in Mariazell mit Benedikt XVI. Besucher des Stiftes Kremsmünster bekommen hingegen meist nur eine Kopie des wertvollen Stücks in der Panzerglasvitrine zu sehen.
Gestiftet hat den Kelch der bayerische Herzog Tassilo III. aus der Sippe der Agilolfinger und seine Frau Liutpirc, eine langobardische Königstochter. Beide sind in einer lateinischen Inschrift auf dem Kelchfuß verewigt: "Tassilo dux fortis, Liutpirc virga regalis" (Tassilo, starker Fürst - Liutpirc, aus königlichem Geschlecht). Politisch strebte Tassilo Eigenständigkeit an und beherrschte sein Herzogtum wie ein König, heißt es. Dementsprechend ist der Kelch laut Historikern wohl für den 774 neu geweihten Salzburger Dom vorgesehen gewesen. Er hätte die zentrale Krönungs- und Grabeskirche der Agilofinger werden können.
Nach Tassilos Absetzung durch den Frankenkönig Karl im Jahr 788 wurden seine Schätze verstreut. Vermutlich wurde der Kelch nach Kremsmünster gerettet, da das Kloster eine Gründung des Herrschers war.
Das Bildprogramm des Kelchs hab das himmlische Jerusalem zum Inhalt und sei wie ein Gebäude aufgebaut, heißt es in der Information zur Landesausstellung auf dem Freisinger Domberg. Die Bildmedaillons zeigen etwa die vier Evangelisten, die Muttergottes und Johannes den Täufer. Sie stehen in italienischer Kunsttradition. Um sie herum ist der Kelch mit verschlungenen Weinranken und S-förmigen sogenannten Greiftieren geschmückt. Diese Verzierungen kommen aus dem angelsächsisch-irischen Bereich. Auf bayerischem Boden haben sich den Angaben nach beide Kunstschulen verbunden: zum Stil von Herzog Tassilos Hofschule.
Quelle: kathpress