Gegenwartskunst in Kirchen: Innsbrucker Bischof als Kurator
Kunstinstallationen in den Kirchenräumen der Diözese Innsbruck sollen laut Bischof Hermann Glettler "organisch wachsen" - der studierte Kunsthistoriker auf dem Bischofsstuhl übernimmt dabei selbst eine aktive Rolle. Etwa als Kurator der kurz vor Ostern in der Pfarrkirche St. Nikolaus in Innsbruck eröffneten Ausstellung des deutschen Künstlers André Butzer, der dort mit großflächigen, abstrakten Gemälden unter dem Titel "Farbtheorie" präsent ist. Nicht nur wie zuletzt in der Fastenzeit in vier Innsbrucker Hauptkirchen soll zeitgenössische Kunst das ganze Jahr über Platz im sakralen Raum haben, erläuterte Glettler der "Tiroler Tageszeitung" (TT, Ausgabe 2. April) seine Pläne.
In der neugotischen Nikolauskirche am Fuße der Innsbrucker Nordkette wird Gegenwartskunst erstmals präsentiert. In Butzers 3,4 mal 2,6 Meter großen Leinwänden sind die Primärfarben Blau, Rot und Gelb laut der Zeitung um eine Art Inkarnat, eine Fleischfarbe, erweitert, die "etwas Menschliches in seine abstrakte Kunst bringt". Diese "menschliche Komponente" gelte es besonders auch im religiösen Raum zu betonen, so Bischof Glettler in der TT. Zu Butzers "angedeuteten Symbolen und seinem in der Abstraktion geordneten Chaos" merkte er an: "Manchmal braucht es eine Störung, um neu sehen zu lernen." Dafür könne zeitgenössische Kunst auch in der Kirche sorgen.
Als "Störung" wurden die von Glettler und dem "Kunstraum Kirche" initiierten vorösterlichen Kunstinstallationen im Vorjahr empfunden, wie die TT erinnerte: Die überdimensionale Fotografie eines Schweineherzens von Peter Garmusch hatte damals für harsche Kritik gesorgt. Nach Protesten ließ Glettler die Arbeit in der Spitalskirche noch vor der Karwoche 2023 abhängen.
Für fruchtbaren Dialog Kirche-Kunst
Mit der Gegenwartskunst will der selbst künstlerisch tätige Bischof freilich nicht brechen - im Gegenteil: Das zeitgenössische Fastentuch von Herbert Brandl in der Servitenkirche soll dort nun bis Pfingsten hängen bleiben. Auf diesen "Neuen Wilden" mit seinen "in fetten Pinselstrichen angedeuteten Bergmotiven oder den komplett abstrakten Farbexplosionen" will Glettler laut TT auch weiterhin setzen: Am 14. April wird die Osttiroler Kirche von St. Johann im Walde mit neuen Kirchenfenstern von Brandl wiedereröffnet.
Der Bischof erhoffe sich von Kunst in Sakralräumen einen Dialog zwischen Kirche und Gläubigen, aber auch zwischen historischer und zeitgenössischer Kunst. Und möglichen Kritikern wolle Glettler mit Offenheit begegnen und sich für "einen fruchtbringenden Austausch" zur Verfügung stellen.
Quelle: kathpress