Fiskalratschef Badelt: Plädoyer für ethisch verantwortetes Wachstum
Wirtschaft, Soziales und Ökologie müssen zusammen gesehen werden. Das hat der Präsident des Fiskal- und Produktivitätsrates, Prof. Christoph Badelt, im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (aktuelle Ausgabe) gefordert. Er plädierte für ein ethisches Wachstum und benannte eine Reihe von Problemen, die in Österreich gelöst werden müssten, wie die Mindestsicherung sowie die Finanzierung von Gesundheits- und Pensionssystem. "Wir brauchen ein Wirtschaftsbild, das den wirtschaftlichen Bereich im engeren Sinne mit der sozialen Säule und der ökologischen Säule gleichberechtigt verwirklicht", so Badelt wörtlich.
Das sei nicht leicht, aber der einzige Weg, "wirtschaftlichen Wohlstand in einem breiteren Sinne des Wortes zu erhalten oder auch weiterzuentwickeln und letztlich auch den sozialen Frieden zu erhalten". Es brauche weiterhin Wachstum, dieses müsse aber ökologisch vertretbar sein und dürfe niemanden zurücklassen.
Badelt sprach von zwei Extrempositionen, die er beide ablehne: Zum einen die klassische wirtschaftsorientierte Perspektive "Wachstum ist alles", zum anderen die Forderung nach einem radikalen Stopp von Wachstum. Die entscheidende Frage sei vielmehr, "welches Wachstum wir haben und woher das Wachstum kommt". So sei es ein Unterschied, ob das Wachstum von der Rüstungsindustrie oder vom Ausbau der Pflege und des Bildungsbereichs komme.
Im Blick auf die sozialen Probleme in Österreich forderte Badelt u.a. eine leistungsfähige Mindestsicherung. Diese sei meiner Meinung nach "wirklich verschlechtert worden, als man das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz geschaffen hat".
Herausforderungen sah der Wirtschaftswissenschaftler auch im Gesundheitswesen. Nicht zuletzt durch die technologische Entwicklung und die Entwicklung der Pharmazeutika stelle sich ein zunehmend schwieriges ethisches Problem, was die Finanzierung betrifft, meinte Badelt: "Weil wir in der Sozialversicherung von der Norm ausgehen, die mir an sich sehr gut gefällt: dass ein krankenversicherter Mensch jene Behandlung bekommen soll, die dem Stand der Wissenschaft entspricht. Die Wissenschaft produziert aber jede Menge neuer Therapien und jede Menge neuer Diagnoseverfahren. Das führt zu einer Kostenexplosion, wo keiner mehr weiß, wie man sich das langfristig leisten kann. Damit sind wir rasch bei naheliegenden ethischen Problemen."
Der Präsident des Fiskal- und Produktivitätsrates sprach zudem die Finanzierung des aktuellen Pensionsmodells an, dass er durch die demografische Veränderung als massiv belastet einschätzte. Gerade bei diesem Thema habe er das Gefühl, "dass die Politik den Kopf völlig in den Sand steckt und sich aus Angst davor, dass irgendjemand dagegen polemisieren könnte, diesen Fragen nicht stellt".
Badelt spricht am 17. April bei den Theologischen Kursen in Wien zum Thema: "Wie sozial kann eine Marktwirtschaft heute sein?" (Infos: www.theologischekurse.at)
Quelle: kathpress