Salzburg: Historiker Sohn zieht Positiv-Bilanz zu Benediktiner-Tagung
Eine Positiv-Bilanz zur am heutigen Freitag in Salzburg zu Ende gegangenen Tagung "Benediktiner als Kardinäle" hat der Historiker und Organisator der Tagung, Prof. Andreas Sohn, gezogen. Die Tagung habe nicht nur die Vielfalt und Vitalität des benediktinischen Lebens in Europa sichtbar gemacht, sondern aufgezeigt, wie Mönchskardinäle das Leben der Kirche vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert hinein bereichert hätten und dem Papsttum ebenso wie den Ortskirchen gedient hätten, schreibt Sohn in einem Resümee gegenüber Kathpress. Die Tagung fand vom 10. bis 12. April in der Salzburger Erzabtei St. Peter statt. U.a. nahm der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper als Festredner an der Tagung teil.
"Es handelt sich um die erste Tagung zu benediktinischen Kardinälen, die eine Forschungsbilanz ziehen und zugleich innovativ und interdisziplinär weitere dienliche Fragestellungen benennen sollte", verwies Sohn auf die Besonderheit der Tagung. "Die individuelle Vielfalt benediktinischer Funktionsträger lässt es nicht zu, einen Benediktinerkardinal mit seinen Konturen idealtypisch im Sinne des Soziologen Max Weber zu benennen. Das schließt so manche Gemeinsamkeit hinsichtlich der Karrierestufen in der kirchlichen Hierarchie und im Agieren an der römischen Kurie nicht aus."
Im Anschluss an den Eröffnungsvortrag von Kardinal Kasper, in dem dieser einen Überblick über die facettenreiche Geschichte des Kardinalats gab und sich für eine Neuausrichtung der Zuständigkeiten der Kardinäle aussprach, referierte der emeritierte Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften, Bernard Ardura, über den Benediktiner Jean-Baptiste Pitra (1812-1889) aus der französischen Abtei Solesmes, der mit Schriften zur Patristik und zu orientalischen Kirchen hervortrat und als Kardinalpräfekt die Vatikanische Bibliothek leitete. Ardura charakterisierte ihn als "Vertreter eines christlichen Humanismus" in der Nachfolge des heiligen Benedikt.
Christine Maria Grafinger, die ehemalige Leiterin des Archivs der Präfektur der Vatikanischen Bibliothek, zeichnete ein Lebensbild des spanischen Benediktinerkardinals Joaquín Albareda (1892-1966) aus dem Kloster Montserrat. Dieser trug als Präfekt der Vatikanischen Bibliothek mit seinen Bemühungen dazu bei, dass während des Zweiten Weltkrieges bedeutende Kulturgüter, wie wertvolle Handschriftenbestände aus Montecassino, im Vatikan gerettet werden und freie Mitarbeiter jüdischer Abstammung vor Verfolgung geschützt werden konnten.
Der Erzabt von St. Peter, Korbinian Birnbacher, stellte Haltung und Herkunft des Benediktinerkardinals Augustin Mayer (1911-2010) - des vorerst letzten Purpurträgers dieses Ordens - heraus, der zuvor Abt von Metten war. Mayer fand in Giovanni Battista Montini, dem Erzbischof von Mailand und späteren Papst Paul VI., einen wichtigen Förderer. Eine lebenslange Freundschaft verband ihn mit seinem bayerischen Landsmann Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. Der ehemalige Abt von St. Lambrecht in der Steiermark und Altbischof von Linz, Maximilian Aichern, steuerte persönliche Erinnerungen an Albareda und Mayer bei, die ihn seinerzeit in Rom sehr beeindruckt hätten und die er als authentisch erlebt habe.
Mit den mittelalterlichen Anfängen des Kardinalats, das sich gesamtkirchlich seit dem 11. Jahrhundert ausbildete und sich im Kardinalskollegium mit den drei ordines (Bischöfe, Priester, Diakone) ausprägte, beschäftigten sich Denyse Riche aus Lyon und Christof Paulus aus München. Die französische Mediävistin legte an cluniacensischen Kardinälen dar, wie das Reformmönchtum Einfluss auf Papsttum und Kirche gewann; der bayerische Historiker skizzierte Profile zisterziensischer Kardinäle, darunter den Schwaben Konrad von Urach. Der Landeshistoriker Wolfgang Wüst von der Universität Erlangen-Nürnberg beleuchtete die Kardinalskarriere des ehemaligen Generalmajors im Schwedenheer und Konvertiten Bernhard Gustav von Baden-Durlach (1631-1677), welcher als Fürstabt in Fulda und Kempten reüssierte. Der Stiftsarchivar von St. Gallen Peter Erhart stellte den dortigen Fürstabt Celestino Sfondrati (1687-1695) vor.
Der Münchner Kunsthistoriker Wolfgang Augustyn befasste sich mit der Darstellung von Mönchskardinälen im Bild, wobei er die Grabskulpturen einbezog und Fallbeispiele von England bis Italien, von Spanien bis Österreich heranzog. Der Regensburger Jurist und Rechtshistoriker Hans-Jürgen Becker zeichnete die Geschichte des Kardinalprotektorats nach, das im hohen Mittelalter begann und mit dessen Abschaffung 1964 (nach 741 Jahren) endete. Kardinäle wurden für Kongregationen beziehungsweise Orden, Nationen und Sozialeinrichtungen wie großen Hospitälern bestellt, um für sie zu sorgen und ihre Interessen wahrzunehmen. Eine Ausnahme war es, wenn ein Papst wie Pius VII. (1800-1823) selbst ein "Kardinalprotektorat" für Benediktiner wahrnahm. Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., hatte sogar 49 Kardinalprotektorate inne.
Die Bedeutung benediktinischer Kardinäle für Österreich verdeutlichte die Grazer Kirchenhistorikerin Michaela Sohn-Kronthaler an der Gestalt des Abtes Cölestin Josef Ganglbauer (1817-1889) von Kremsmünster, der zum Erzbischof von Wien und zum Purpurträger aufstieg und im habsburgischen Kaiserreich eine wichtige Rolle spielte. Er förderte mit großem Einsatz das katholische Vereinsleben und das Schulwesen sowie den Bau von Kirchen in Wien. Er verfasste einen Hirtenbrief zur sozialen Frage und setzte neue Akzente in der Arbeiterseelsorge.
Ein weiterer einflussreicher Benediktiner des 20. Jahrhunderts war Justinian Serédi (1884-1945), der 1927 Erzbischof von Esztergom, Fürstprimas von Ungarn und Kardinal wurde. Dessen Werdegang und Wirken zeichnete der Alterzabt von Pannonhalma und Titularbischof von Culusium, Asztrik Várszegi (sein Vortragsmanuskript wurde verlesen, da er erkrankt war) nach. Serédi veröffentlichte mehrere Bände mit Rechtsquellen zum 1917 promulgierten kirchlichen Gesetzbuch, wofür ihn die Universität Oxford mit der Ehrenpromotion auszeichnete. Während des Zweiten Weltkrieges ließ er polnischen Flüchtlingen humanitäre Hilfe zuteil werden.
Der Kirchenhistoriker Markus Ries aus Luzern stellte den Schweizer Benediktiner Benno Gut (1897-1970) vor, der 1947 Abt von Einsiedeln und 1959 Abtprimas wurde und die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils beförderte. Papst Paul VI. erhob ihn zum Kardinal und übertrug ihm die Leitung der Gottesdienstkongregation. Weitere Referenten waren unter anderem der Kirchenhistoriker Dominik Burkard aus Würzburg und der Ordenshistoriker Alkuin Schachenmayr aus dem Zisterzienserorden. Eine Publikation der Vorträge in Buchform ist geplant.
Quelle: kathpress