
Thomas von Aquin: Theologen unterstreichen bleibende Aktualität
Theologen verschiedener österreichischer bzw. Südtiroler Fakultäten haben die bleibende Aktualität des mittelalterlichen Denkers und Kirchenvaters Thomas von Aquin (1225-1274) betont. Gewiss sei die Welt und das Denken heute gänzlich anders, doch gebe es immer noch "Goldadern" im Werk Thomas von Aquins zu entdecken, zeigten sich Prof. Josef Quitterer (Universität Innsbruck), Prof. Markus Moling (Philosophisch-Theologische Hochschule Bozen-Brixen) und Prof. Martin Dürnberger (Universität Salzburg) einig. Dazu zähle u.a. die hohe Wertschätzung von Welt und Geschichte als Ort, an dem sich Glauben und Rede von Gott zu bewähren habe, aber auch die Tatsache, dass Thomas mit seiner systematischen Argumentationsweise heute noch Maßstäbe setze. "Thomas ermutigt zum eigenen Denken", so Dürnberger.
Die Theologen äußerten sich aus Anlass des Thomas-Gedenkjahres (800. Geburtstag / 750. Todestag am 7. März) in einer aktuellen Folge des von den österreichischen theologischen Fakultäten gemeinsam betriebenen Theologie-Podcasts "Diesseits von Eden", nachzuhören und nachzulesen unter https://diesseits.theopodcast.at/thomas-von-aquin-theologie-philosophie.
Dürnberger, der u.a. in seinem Einführungsbuch "Basics Systematischer Theologie" immer wieder auf Thomas rekurriert, betonte, dass Thomas als Klassiker der Theologie neben etwa Augustinus für das Theologie-Studium weiterhin unersetzbar sei. Gewiss seien Teile seines Denkens heute fremd, dies habe aber auch einen wichtigen Irritations- und damit Lerneffekt für Studierende. Außerdem demonstriere Thomas etwa in seiner "Summa", wie man systematisch argumentiert - eine Haltung, "die man nach wie vor zu kultivieren hat", so Dürnberger.
Vernunft und Glaube
Inhaltlich könne er der bekannten Formulierung des Thomas, "Wer gering vom Geschöpf denkt, denkt auch gering vom Schöpfer" vieles abgewinnen - etwa eine prinzipielle Leib-Freundlichkeit und einer Lebensnähe, die Thomas der Theologie "heute noch ins Stammbuch schreibt". Größere Gräben zeigten sich laut Dürnberger bei unterschiedlichen Zugängen zur Leid-Thematik ("Theodizee"). "Die Frage nach dem Bösen gibt es bei Thomas, aber mit dieser existenziellen Dringlichkeit, die neuzeitlich auftaucht, wird das Thema bei Thomas nicht behandelt". Insgesamt jedoch könne man Studierenden mit Thomas heute auf den Weg geben: "Habt keine Angst vor Erkenntnistheorie, keine Angst vor Wissenschaftstheorie! Wenn etwas vernünftig ist, dann kann es für den Glauben keine Bedrohung sein".
Ähnlich auch die Einschätzung der beiden christlichen Philosophen Quitterer und Moling: Thomas von Aquin zeichne sich durch eine große Eigenständigkeit aus und ein bis heute vorbildliches systematisches Vorgehen in Argumentationen, so Quitterer. "Und er macht vor, dass es um Argumente geht und nicht um Autoritäten". Problematisch sei im Zuge der späten Rezeption seines Denkens und der "Kanonisierung" im 19. Jahrhundert eine "gewisse Erstarrung" des Umgangs mit seiner Theologie, führte Quitterer aus. Eine Renaissance habe er daher auch weniger in der Theologie als vielmehr in der zeitgenössischen analytischen Philosophie erfahren, wo es um klare Begriffe geht.
Moling, der an der PTH Brixen christliche Philosophie lehrt, verwies darauf, dass Thomas lehre, "dass wir vor den Herausforderungen der Wissenschaft, der Moderne nicht Angst haben müssen, sondern er lädt uns gleichsam ein, in einen konstruktiven Dialog mit den unterschiedlichen Wissenschaftsformen zu treten." Notwendig sei jedoch gewiss eine "kritische Thomas-Rezeption", denn "nicht der gesamte Thomas ist für uns heute interessant", sondern einzelne Aspekte.
Quelle: kathpress