Caritas zu Gesundheits- und Krankenpflegegesetz: Kein großer Wurf
Die am Donnerstag beschlossenen Änderungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes sind zwar ein Schritt in Richtung eines modernen Berufsgesetzes, "der große Wurf für die Absicherung unseres Pflege- und Betreuungssystems bleibt aber aus": Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich begrüßte in einer ersten Stellungnahme zwar die Novellierung, kritisierte aber die fehlende Entbürokratisierung. Es sei damit zwar ein wichtiger Schritt gemacht worden, "der alleine wird unser Pflege- und Betreuungssystem in der Zukunft nicht absichern", so Parr mit Blick auf die demographischen Entwicklungen und den steigenden Pflege- und Betreuungsbedarf.
Auch infolge der Pensionierungswellen in den nächsten Jahren brauche es noch weitreichendere Maßnahmen, so die Generalsekretärin. Nötig sei etwa eine Ausbildungsoffensive, da "nahezu ein Drittel der derzeit aktiven Fachkräfte bis zum Jahr 2030 in Pension gehen", sowie bessere Rahmenbedingungen für Pflege- und Betreuungsberufe. Der Fokus müsse auf einem Ende des "Fleckerlteppich an Zuständigkeiten und Zugänglichkeiten" in Österreich und auf einem zukunftsfitten Personal-Paket liegen.
Positiv hob Parr die Anerkennung gegenüber Pflege- und Betreuungspersonal im Rahmen der aktuellen Gesetzesnovelle hervor: "Mit den Änderungen kommen wir endlich einem Berufsgesetz nahe, welches den Fähigkeiten einer akademisierten Berufsgruppe entspricht. Besonders die in vielen Bereichen bisher fehlenden Befugnisse waren hinderlich im Berufsalltag und weder fachlich noch wirtschaftlich argumentierbar." Als Beispiele nannte die Caritas diplomierte Pflegepersonen, die bis vor kurzem nicht befugt gewesen seien, einer Klientin mit bekannter Inkontinenz absorbierende Einlagen zu verordnen oder einem bettlägerigen Patienten eine Matratze mit Druckentlastung. "Mit der Novellierung beweist die Politik, dass sie pflegerische Expertise anerkennt", so Parr; jedoch müssen die nun verkündeten Maßnahmen auch rasch in die Praxis übersetzt werden, "damit sie jene Entlastung und Entbürokratisierung im Berufsalltag herbeiführen, die es braucht".
Zugleich seien einige Mängel auch mit dem neuen Gesundheits- und Krankenpflegegesetz für die Zukunft nicht akzeptabel, so die Generalsekretärin weiter. Geplant ist etwa, dass Ärztinnen und Ärzte zwar nicht von ihrer Anordnungspflicht per se, aber von ihrer schriftlichen Anordnungspflicht gegenüber der Pflege entbunden werden. Im Falle eines Behandlungsfehlers bleibe dadurch völlig unklar, was wirklich angeordnet wurde, so die Generalsekretärin der Caritas Österreich: "Entbürokratisierung ist gut, aber hier benötigt es noch Feinschliff."
Diversität als Chance
Nötig sei auch eine Vereinheitlichung der Richtlinien über die Grenzen der Bundesländer hinweg, sowie hinsichtlich Verfügbarkeit und Qualität von Pflege und Betreuung. Außerdem brauche es eine Einbindung der unterschiedlichen Lebenswelten der Mitarbeitenden, dazu gehöre es auch Diversität nicht als Hindernis, sondern als Chance zu sehen. "Aktuell finden wir im System diesbezüglich viel zu wenig Flexibilität", mahnte Parr. Flexibilität sei u. a. bei den Einsatzplanungen nötig oder bei der Ermöglichung neuer Berufsmodelle. Aktuell seien die Dienststrukturen jedoch "zu starr und Vorgaben zu Personalschlüssen vielerorts veraltet".
Bedienstete im Pflege- und Betreuungsbereich könnten nicht länger auf Verbesserungen und Maßnahmen warten: "Hier geht es um Menschen, die sich in ihrem Berufsleben den Bedürfnissen anderer widmen und somit zu einem würdevollen Leben beitragen", sagte Parr. Ziel müssten guten Arbeitsbedingungen und Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden sein, dazu gehöre es auch, dass die Politik erkenne, "dass Rahmenbedingungen wie etwa die Vereinbarkeit von Pflegeberuf und Privatleben wirklich systemabsichernd sind und alle etwas angehen".
Quelle: kathpress