Caritas: Solidarität mit Ukraine muss weitergehen
"Die humanitäre Hilfe in der Ukraine braucht einen langen Atem." Das hat Caritas-Vizepräsident Alexander Bodmann betont, der sich derzeit mit Caritas-Auslandshilfegeneralsekretär Andreas Knapp auf Projektreise in der Ukraine befindet. Die finanzielle Solidarität mit der Ukraine müsse fortgesetzt werden, damit die Menschen wieder auf die Beine kommen und ein neues Leben beginnen können, erklärte Bodmann gegenüber der Nachrichtenagentur "Kathpress". Besonders jetzt, wo die mediale Berichterstattung und damit die Spendenbereitschaft abgenommen hätten, sei die Unterstützung dringend erforderlich - auch von öffentlichen Geldgebern, so Bodmann.
Konkret unterstützt die Hilfsorganisation die Bevölkerung bei der Anschaffung von Solarzellen, Generatoren und Akkumulatoren aufgrund der ständigen Stromausfälle. Aktuell liegt der Schwerpunkt auch auf psychosozialen Angeboten für Kinder und Jugendliche.
"Anfangs gibt es eine hohe Spendenbereitschaft bei Krisen, doch nun setzt eine gewisse Müdigkeit ein", erklärte Bodmann. Grund sei, dass zu wenig über die humanitäre Lage in der Ukraine berichtet werde und darüber, "dass man relativ wenig Geld braucht, damit die Menschen wieder auf die Beine kommen".
"Die Menschen in der Ukraine sind sehr dankbar für die Unterstützung und wissen, dass die Caritas und andere Organisationen hinter den Projekten stehen," so Bodmann. Die Hilfsorganisation ist im Verbund mit "Nachbar in Not" und lokalen Projektpartnern in der Ukraine aktiv. Unterstützt werden etwa Kinder- und Jugendprojekte, wie "Child-Friendly-Spaces" in Schulen, sowie eine finanzielle Starthilfe für Vertriebene. Mit letzterem wolle man Kriegsvertriebene unterstützen, in ihrer neuen Umgebung Fuß zu fassen.
Die Caritas hat laut eigenen Angaben bereits mehr als 130 Familien beim Aufbau kleiner Unternehmen unterstützt, darunter Landwirte und eine Kindergeburtstagsplanerin. "Diese Investitionen ermöglichen den Menschen, ein eigenes Leben aufzubauen", so Bodmann, der die Solidarität unter den Ukrainern hervorhob. "Natürlich ist das Leben anstrengender geworden, aber man merkt die Resilienz der Bevölkerung auch in für uns schwer nachvollziehbaren Situationen."
Stromausfälle und Hitzewelle
Auch zwei Jahre nach der Invasion Russlands am 24. Februar 2022 gebe es pro Tag noch ein bis zwei Luftschutzwarnungen, berichtete der Caritas-Vizepräsident. Täglich gebe es Beschuss von russischer Seite durch Drohnen oder Raketen. Als größte Herausforderung für die Bevölkerung nannte Bodmann die anhaltenden Energieausfälle. Um Strom zu sparen, werde Energie nur alle drei Stunden bereitgestellt, die Menschen müssten daher auf Generatoren und Akkumulatoren zurückgreifen. "Die staatlichen Energieversorger versuchen, die kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser mit genügend Strom zu versorgen. Privathaushalte oder Büros müssen mit den drei Stunden Strom pro Tag auskommen", berichtete Bodmann über den Alltag. In diesem Zeitraum heiße es, Handyakkus aufzuladen, Wäsche zu waschen oder Wasser aufzuheizen. Klimaanlagen könnten trotz der teils 41 Grad Außentemperatur nicht betrieben werden, dafür reiche der Strom nicht.
Weite Teile des ukrainischen Stromnetzes wurden im Laufe des Krieges durch Angriffe der russischen Armee auf Kraftwerke und die Energieinfrastruktur zerstört. Die Hilfsorganisation unterstützt laut Bodamann mithilfe von "Nachbar in Not" daher bei der Anschaffung von Solarzellen, Generatoren und Akkumulatoren.
Auch die Caritas-Büros müssten trotz schlechter Energieversorgung weiterlaufen: "Wir machen weiter und der Betrieb wird aufrechterhalten. In den Stunden ohne Strom führen die Mitarbeitenden etwa Beratungsgespräche." Um die IT-Infrastruktur aufrechterhalten zu können, habe man große Akkus angeschafft.
Digitalisierung und Stabilität
Die Bevölkerung wünsche sich aktuell vorwiegend Stabilität, so Bodmann auf die Frage nach aktuellen innerpolitischen Debatten in der Ukraine, wie der Forderung nach einem Referendum. "Viele meinen, dass es nicht der richtige Zeitpunkt für einen neuen Präsidenten, einen politischen Umbau oder Neuwahlen wäre."
Das ukrainische Verwaltungssystem bezeichnete der Caritas-Vizepräsident als "sehr stabil". In den Kriegsmonaten habe man die Verwaltungssysteme anpassen und digitalisieren müssen, so gebe es u.a. digitale Führerscheine und eine Identitätsfeststellung per Smartphone. "Auch die Caritas arbeitet in der Ukraine mit innovativen Systemen", so Bodmann.
Quelle: kathpress