Wulkaprodersdorf ein Jahr lang Pilgerziel der Burgenland-Kroaten
Höchst lebendig ist bei den Burgenland-Kroaten eine besondere Wallfahrtstradition: Ein Jahr lang wird jeweils eine kroatischsprechende Pfarre zum Pilgerziel für Gruppen aus allen anderen Pfarren. Konkret geht es dabei um eine geschnitzte Kopie der Mariazeller Madonna, die als ein zentrales Glaubenssymbol der Volksgruppe gilt. Die Übergabe der Wandermuttergottes (kroatisch: Putujuca Marija Celjanska) ist stets beim gemeinsamen Jahreshöhepunkt, der gemeinsamen Mariazell-Wallfahrt der burgenländischen Kroaten, die vergangenes Wochenende zum 101. Mal stattgefunden hat.
Neuer Gastgeber der Wandermadonna ist die Pfarre Wulkaprodersdorf (Bezirk Eisenstadt-Umgebung), deren Vertreter in Mariazell die Statue von der Pfarre Dürnbach überreicht bekamen. "Wie es schon in den vergangenen 50 Jahren stets war, erwarten nun auch wir in Wulkaprodersdorf mehrere tausend Pilger, die übers Jahr aus dem ganzen Burgenland sowie aus Ungarn und der Slowakei zu uns kommen", erklärte der dortige Pfarrmoderator Stefan Jahns am Dienstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress.
Die Beherbergung der Marienstatue sei eine "große Ehre" und stets auch mit der Hoffnung auf eine "Erneuerung, Belebung und Vertiefung des Glaubenslebens" der jeweiligen Pfarrgemeinde sowie auf besondere Gebetserhörungen verbunden, sagte Jahns. "Wo die Madonna anwesend ist, wird die Kirche geöffnet und jeden Tag der Rosenkranz gebetet, zudem werden die Gläubigen zu besonderen Vorsätzen eingeladen." Wesentliche Impulse kommen auch durch die vielen Pilgergruppen, die oft eigene Tamburizza-Gruppen und damit Feierstimmung mitbringen. Für die Gastgeber ist das Jahr mit "Freude, aber auch viel Arbeit" verbunden, gilt es doch die zu Fuß, per Rad oder Bus Ankommenden auch zu verköstigen. Mehrere Ehrenamtlichen-Teams für die Agapen wurden bereits gebildet.
Besonders feierlich verlief am vergangenen Sonntagabend das Empfangsfest für die Statue in Wulkaprodersdorf, zu dem mehr als 200 Pfarrangehörige kamen. Für Dienstagabend stand mit der Ministrantenwallfahrt aus Stinatz bereits die erste Pilgergruppe auf dem Programm, mehrere weitere Pfarren haben sich für die Herbstmonate angekündigt, die meisten kommen dann nächstes Jahr ab Ostern. "Das Besondere ist diesmal, dass es mit dem Heiligen Jahr zusammenfällt", verwies der Pfarrmoderator auf das anstehende Jubiläumsjahr 2025 der weltweiten katholischen Kirche. Im nächsten Sommer wird die Madonna schließlich zu Fuß nach Mariazell gebracht, wo sie der nächsten gastgebenden Pfarre übergeben wird.
Marianische Spiritualität
Die Spiritualität der Burgenland-Kroaten, zu denen sich auch Jahn zählt, beschrieb der Priester als "sehr marianisch". Charakteristisch sei zudem der intensive Gesang. "Man könnte fast sagen, ihre Art zu beten ist das Singen." Darüber hinaus sehe er als Seelsorger jedoch eine Situation, die sich vom Durchschnitt der Katholiken in Österreich kaum unterscheide: "Die Probleme der Glaubensweitergabe haben wir genauso. Bei uns kommt dazu, dass die junge Generation der kroatischen Sprache immer weniger mächtig ist, womit das gemeinsame Identifikationsmerkmal verloren geht." In der Liturgie lebe das Kroatische bisher weiter, gibt es doch vielerorts weiterhin Messen in der Volksgruppen-Sprache.
Auch bei den sich über drei Tagen erstreckenden Feierlichkeiten vergangenes Wochenende wurde bei allen Gottesdiensten, Andachten, Rosenkränzen und Lichterprozessionen in und um die Mariazeller Basilika Kroatisch gesprochen. Im Zentrum stand diesmal das Vorbereitungsgebet von Papst Franziskus für das Heilige Jahr. Beim Hauptgottesdienst am Sonntag vertrat Pfarrmoderator Jahns den Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics, der krankheitsbedingt nicht an der Wallfahrt teilnehmen konnte. Auch Zsifkovics selbst ist Burgenland-Kroate.
Quelle: kathpress