Zulehner: Altenpastoral soll sowohl spirituell wie politisch sein
Seelsorge für alte Menschen soll sowohl spirituell wie politisch sein. Darauf hat der Wiener Theologe Paul Zulehner am Freitag bei einer Festveranstaltung zum 50-Jahr-Jubiläum der Altenpastoral in der Erzdiözese Wien hingewiesen. Die alternde Gesellschaft stehe vor enormen Herausforderungen, die Mitarbeitende in diesem Bereich der Seelsorge im Auge haben müssten. Den aktuellen Krisenerscheinungen mit Kriegen, Klimakrise und Migrationsströmen und Angst als einer sich auch bei Wahlen bemerkbar machenden "dunklen Energie", die "uns zu unsolidarischen Rivalen macht", hielt Zulehner eine zukunftsoptimistische Prophezeiung aus dem Alten Testament entgegen: "Eure Alten werden Träume haben, und eure jungen Männer haben Visionen" heißt es im Buch Joël (3,1).
Alte mit 70 Jahren seien heute anders als vor 100 Jahren, so der Theologe, der heuer im Advent 85 Jahre alt wird. Wohlstand, Bildung, Medizin würden ein qualitätsvolles, selbstbestimmtes wie solidarisches Altwerden ermöglichen. Es gebe aber auch verschämte Altersarmut, steigende Pflegebedürftigkeit und von Demenz Betroffene, "die sozial sterben, bevor ihr Leben physisch zu Ende geht". Immer mehr Familien hätten nur ein, zwei Kinder, die irgendwann ausziehen; die Eltern bleiben allein. "Dann stirbt einer der Partner - und die Einsamkeit steht vor der Tür", verwies der Theologe auf ein auch von der Caritas immer wieder genanntes Problem.
Zulehner berichtete von einem diesbezüglich vorbildlichen Gegensteuern im deutschen Bielefeld, wo in einer Siedlung ein neues Gemeinschaftsmodell entstand: Sechs Personen, die sonst allein wären, hätten einander versprochen: "Wir sehen uns jeden Tag, jeden Tag woanders, am Marktplatz, in der Kneipe, in der Kirche, am Sportplatz, jeden Tag. Wer nicht kommen kann, wird angerufen oder besucht." Die Betreffenden wussten jeden Tag voneinander, wo sie waren und ob es ihnen gut ging, erzählte Zulehner. Es brauche solche Vorbilder - auch für die Altenpastoral in den kirchlichen Gemeinden.
Quelle: kathpress