Stadt Wien macht Kardinal Schönborn zum Ehrenbürger
Wien hat seinen Erzbischof zum Ehrenbürger gemacht: Im Rahmen eines Festaktes im Rathaus erhielt Kardinal Christoph Schönborn (79) am Montag aus den Händen von Bürgermeister Michael Ludwig die Ehrenbürger-Urkunde der Bundeshauptstadt. Unter den zahlreichen Gästen aus Stadt, Politik, Gesellschaft und Kirche war auch der frühere Bundespräsident Heinz Fischer, der die Laudatio auf den seit 1995 wirkenden Wiener Erzbischof hielt. Unisono betonten Fischer wie auch Ludwig und der Ausgezeichnete, dass Wien zu einer Vorzeigestadt für den Religionsfrieden geworden sei.
Bereits Schönborns Leistungen für eine "positive Entwicklung im Verhältnis von Staat und Kirche, von Kirche und Arbeiterschaft" machten die Ehrenbürgerwürde für ihn "objektiv berechtigt", würdigte Altbundespräsident Fischer den Kardinal. Der Wiener Gemeinderat hatte zuvor einstimmig die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Schönborn beschlossen - eine Ehre, die zuletzt 1968 einem Wiener Erzbischof, nämlich Kardinal Franz König, zuteil wurde. Sowohl König als auch Schönborn hätten zu Fortschritten im Kirche-Staat-Verhältnis erheblich beigetragen, sagte Fischer. Gelungen sei es dem Wiener Erzbischof zudem, die Kirche in einer für sie "seit Jahrzehnten nicht sehr einfachen Zeit" in der pluralistischen Gesellschaft zu positionieren.
Schon seit Jahrzehnten setze sich Schönborn weiters auch für ein gutes Miteinander und den Austausch zwischen den christlichen Kirchen ein, so Fischer, sowie für den Dialog mit anderen Religionen, besonders mit dem Judentum und dem Islam. Ein herausragendes Beispiel für diesen Einsatz seien Schönborns offizielle Reisen im Auftrag des Papstes nach Bahrein und Saudi-Arabien gewesen, die die Bedeutung seines Engagements auf internationaler Ebene gezeigt hätten.
Großen Respekt zollte Fischer dem Kardinal weiters für dessen umfangreiche Veröffentlichungen, die zu einer besseren Verständigung und zu einem tieferen Verständnis gesellschaftlicher und religiöser Fragen beigetragen hätten. "Ich habe vieles davon gelesen und auch viel daraus gelernt", sagte das frühere Staatsoberhaupt. Schönborn sei durch Sprachkenntnisse sowie durch seine Bereitschaft, Menschen zuzuhören und auf sie zuzugehen, zu einem "wahren Brückenbauer" geworden.
Auch Schönborns Engagement für sozial Benachteiligte hob Fischer hervor. "Schönborn steht für Nächstenliebe ohne Grenzen und universal geltende Menschenwürde", so der Laudator. Das Wirken des Kardinals sei von Menschlichkeit, Bescheidenheit und "Hingabe für Werte, die ihm heilig sind" geprägt. Als einen persönlichen Höhepunkt in der Zusammenarbeit nannte der Altbundespräsident die gemeinsame Einladung an Papst Benedikt XVI. vor dessen Österreich-Besuch 2007.
Religionsfriede Teil der Lebensqualität
Kardinal Schönborn selbst verwies in seinen Dankesworten darauf, dass Wien mehrfach als "lebenswerteste Stadt" ausgezeichnet wurde. Hinter dieser hohen Lebensqualität stünden Werte, die man nicht einfach durch Gesetze verordnen könne. Wohl aber könne die Politik Rahmenbedingungen schaffen, damit diese Werte gelebt werden. Zu den vielen Faktoren, die dazu geführt hätten, gehöre auch der respektvolle Zusammenhalt der Religionen in der Stadt, der insbesondere während der Pandemie sichtbar geworden sei und ein "vorbildliches Beispiel für gesellschaftliche Zusammenarbeit" liefere.
Zahlreiche Kooperationen zwischen Kirche, Stadt und Bund habe es stets auch bei der Erhaltung historischer kirchlicher Gebäude gegeben, allen voran beim Stephansdom und der Votivkirche, so Schönborn weiter. Hinsichtlich der Kirchengebäude betonte der Kardinal auch, dass seine Erzdiözese in jüngsten Jahren bewusst Kirchen an andere christliche Konfessionen verschenkt habe - drei an die Kopten, vier an orthodoxe Kirchen -, um damit den verschiedenen christlichen Gemeinschaften ein Zuhause zu geben. Ebenso wichtig sei es, den muslimischen Mitbürgern, besonders den Jugendlichen, das Gefühl zu vermitteln, in Wien heimisch zu sein.
Dankbar für 33 Jahre
Lebenswert werde Wien auch durch das "imperiale Erbe", so Schönborn weiter, sowie durch das "soziale Wien", das unter anderem im Sozialen Wohnbau sichtbar werde, welcher ihn schon als Jugendlicher fasziniert habe. In seiner Zeit als Erzbischof habe es eine sehr gute Zusammenarbeit von Kirche und Stadt gegeben, auch im Bildungs-, Erziehungs- und Gesundheitsbereich. Auch die Sauberkeit der Bundeshauptstadt hob der Kardinal hervor und bezeichnete sich als "großer Fan" der zuständigen Magistratsabteilung 48, denn: "Man spürt bei ihren Mitarbeitern, dass sie stolz sind, dabei zu sein. Aus einem verachteten Beruf wurde mit Kreativität ein tolle Corporate Identity."
Etwas "nachdenklich" räumte Schönborn mit Blick auf seinen nahenden 80. Geburtstag im Jänner 2025 und einer erwarteten baldigen Annahme seines Rücktrittsgesuchs durch Papst Franziskus ein, dass er sich manchmal vielleicht zu diplomatisch und harmoniebedürftig gezeigt und es an "Standhaftigkeit, Mut und Klarheit" missen lassen habe. Das bei ihm überwiegende Gefühl sei jedoch die Dankbarkeit an die Stadt. "Ich hatte 33 Jahre lang Zeit, ein Wiener zu werden, und werde auch nach meiner Emeritierung in Wien bleiben", sagte der Kardinal.
Aussöhnung von Kirche und Sozialdemokratie
"Dass wir in Wien ein gutes Einvernehmen zwischen den Religionen haben, ist zu einem guten Teil Dir zu verdanken", wurde Schönborn von Bürgermeister Michael Ludwig gewürdigt. Er dankte dem Erzbischof zudem auch für dessen "Beiträge zur Aussöhnung zwischen Sozialdemokratie und Kirche in der Zweiten Republik" sowie für "grundsätzliche politische Positionierungen, vor allem im Einsatz und in der Hilfe für Flüchtlinge, für Notleidende in der Aktion 'Österreich hilft Österreich' oder in der Kunst". Obwohl Schönborn 1995 sein Amt in sehr schwieriger Situation angetreten sei, genieße er "hohe Wertschätzung in der Weltkirche und von Papst Franziskus".
Auch für Wien habe Schönborn viel geleistet, so Ludwig, der dabei die Zusammenarbeit von Kirche und Stadt für den Stephansdom und in der Coronavirus-Pandemie hervorhob. Der Kardinal habe hier Verantwortung für das Gemeinwohl gezeigt, oder zu anderen Zeitpunkten wie beim Trauergottesdienst im Stephansdom nach dem Terror-Angriff im November 2021 auch, wie vielen die Kirche Trost schenken könne.
Bei der Zeremonie zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft waren weitere mit der selten verliehenen Auszeichnung bedachte Persönlichkeiten - neben Fischer auch Altbürgermeister Michael Häupl, der frühere Vizebürgermeister Sepp Rieder und die frühere Landtagspräsidentin Maria Hampel-Fuchs - anwesend. Auch der evangelische Bischof Michael Chalupka, Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka, aus der Erzdiözese Wien Weihbischof Franz Scharl und Generalvikar Nikolaus Krasa, Bischofsvikar Dariusz Schutzki sowie Caritas-Europa-Präsident Michael Landau waren unter den Gästen.
Quelle: Kathpress