
Wiener Religionsrat setzt Zeichen für Dialog und Zusammenhalt
Der Wiener Religionsrat hat sich bei seiner Sitzung am Mittwoch im Rathaus klar zur Förderung des interreligiösen Dialogs und des sozialen Zusammenhalts bekannt. Bürgermeister Michael Ludwig, der den Rat vor zwei Jahren initiiert hat, unterstrich die Bedeutung des Gremiums als Plattform des Austauschs auf Augenhöhe. Zudem wurde eine gemeinsame Erarbeitung einer "Wiener Grundsatzerklärung" vereinbart. Rund 40 Vertreterinnen und Vertreter der in Wien ansässigen Kirchen und Religionsgemeinschaften nahmen an dem Treffen teil.
"Ich setze mich für ein friedliches Miteinander in unserer Stadt ein, und der Religionsrat ist ein wesentliches Forum, das diesen Austausch ermöglicht", wird Ludwig dazu in einer Aussendung der Stadt Wien zitiert. Angesichts aktueller Herausforderungen - insbesondere der jüngsten islamistischen Anschläge in Villach und Deutschland - sei es umso wichtiger, jene Kräfte zu stärken, die den Dialog priorisieren, so der Wiener Bürgermeister weiter. Er forderte die Religionsgemeinschaften auf, die Ursachen solcher Entwicklungen zu erforschen und Maßnahmen zur Bekämpfung extremistischer Inhalte, insbesondere in sozialen Medien, zu diskutieren.
Einheit trotz gesellschaftlicher Herausforderungen
P. Dariusz Schutzki, Delegat für das Vikariat Stadt der Erzdiözese Wien beim Wiener Religionsrat, bezeichnete das Zusammenkommen als wichtigen Schritt, "um gesellschaftliche Gruppen zusammenzubringen, statt Grenzen aufzurichten". Gerade in Zeiten wachsender Polarisierung sei es nicht mehr selbstverständlich, so Schutzki in seiner Stellungnahme am Mittwoch im Wiener Rathaus.
Wien zeige, dass Religion ein Faktor sein kann, der Spannungen abbaut und Integration fördert. Der Religionsrat sei zudem ein sichtbares Zeichen dafür, "dass Menschen unterschiedlichen Glaubens friedlich miteinander leben wollen und können", betonte Schutzki.
Als Vorbild für den interreligiösen Dialog hob Schutzki die "Wiener Erklärung" hervor, die Kardinal Christoph Schönborn, Oberrabbiner Jaron Engelmayer und der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ümit Vural, Anfang Jänner unterzeichneten. Darin bekennen sich die Religionsgemeinschaften zum friedlichen Zusammenleben und zur gemeinsamen Verantwortung für die Gesellschaft.
Evangelische Kirche: Brücken statt Spaltung
Auch der evangelisch-lutherische Superintendent betonte die Bedeutung des interreligiösen Dialogs: "Wir möchten Brücken bauen, die verbinden, und setzen uns gegen Signale in unserem Land ein, die ausgrenzen, spalten oder verletzen." Angesichts aktueller Herausforderungen sei es umso wichtiger, "zueinander zu stehen, aufeinander zuzugehen und füreinander einzustehen".
Strukturelle Verankerung der interreligiösen Zusammenarbeit
Ein weiteres Anliegen des Religionsrats ist die strukturelle Verankerung der Zusammenarbeit zwischen Politik und Religionsgemeinschaften. Schutzki sprach sich dafür aus, alle gesellschaftlichen Ebenen einzubeziehen, von der Bezirksebene bis zu zentralen Plattformen wie der Spitals- und Gefängnisseelsorge. Zudem bekräftigte er das Bekenntnis zum "Campus der Religionen" als Ausdruck eines respektvollen Miteinanders.
Wiener Grundsatzerklärung geplant
Eine zentrale Entscheidung der Sitzung war die Verständigung zu einer "Wiener Grundsatzerklärung". Diese soll Themen und Prinzipien festhalten, die ein respektvolles Miteinander und den interreligiösen Dialog fördern. Bürgermeister Ludwig verwies dabei auch auf bundespolitische Entwicklungen, wie die zwischenzeitlich diskutierte Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von Kirchenbeiträgen oder mögliche Verschärfungen des Islamgesetzes. Solche Maßnahmen "hätten das Potenzial gehabt, das gute Miteinander auch in Wien zu gefährden". Daher sei es ihm ein Anliegen, gemeinsam mit den Religionsgemeinschaften die möglichen Auswirkungen und Konsequenzen zu analysieren.
Der Wiener Religionsrat, der mindestens zweimal jährlich tagt, wird die "Wiener Grundsatzerklärung" in den kommenden Monaten weiter ausarbeiten. Ziel ist es, eine breite Basis für interreligiöse Zusammenarbeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen, hieß es.
Abschließend betonten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass der Religionsrat keine parteipolitische Veranstaltung sei, sondern eine Plattform für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. "Ein Miteinander, für das wir als Religionsgemeinschaften einstehen, gerade auch dann, wenn das friedliche Zusammenleben und das Gemeinwohl in unserer Gesellschaft angegriffen werden", so Schutzki.
Quelle: kathpress