
Propst Sonnleitner: St. Florian als geistiges Zentrum stärken
Das Augustiner-Chorherrenstift St. Florian versteht sich auch in Zukunft als geistiges Zentrum und Ort der Seelsorge. Das hat der vor einem Monat neu gewählte Propst Klaus Sonnleitner (54) im Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" (Samstag) dargelegt. Der Ordensmann, dessen Abtbenediktion am 16. März bevorsteht, hob hervor, dass in einer Zeit gesellschaftlicher und religiöser Umbrüche die spirituelle Orientierung wieder an Bedeutung gewinne. Dabei gelte für das Stift: "Wir sind als Seelsorger ansprechbar für die Not der Menschen und die Nöte der Zeit."
Der neue Propst betonte, er erfahre von seinen Mitbrüdern viel Zuspruch, sehe sich aber auch mit tiefgreifenden Herausforderungen konfrontiert. Der Priestermangel sei eine ernste Sorge: "Als ich vor 28 Jahren eingetreten bin, war ich der 44. Chorherr. Jetzt sind wir halb so viele." Gleichzeitig beobachtet Sonnleitner ein wachsendes Interesse an Glaube, Religion und Sinnsuche, insbesondere unter jungen Menschen: "Ein Priester ist auch ein Begleiter - da ist auch die junge Generation ansprechbar."
Neue Berufungen seien entscheidend, um das geistliche Zentrum St. Florian aufrechtzuerhalten. Hier setzt Sonnleitner auf aktive Suche: "Wir müssen offener für Berufungen sein, die außerhalb entstehen, zum Beispiel in Afrika oder Indien. Wir haben jetzt zwei Bewerbungen aus dem Kongo." Auch in den Landpfarren des Stifts - zu denen gehören u.a. Attnang, Vöcklabruck, Timelkam, Regau, Hofkirchen und Eferding - wolle er gezielt auf Berufungen zugehen und für die Form der Priestergemeinschaft im Kloster werben. Dort eine Heimat zu finden und nicht alleine zu sein, sei "etwas ganz Positives".
Wirtschaft und Werte
Neben der Seelsorge müsse das Stift auch wirtschaftlich bestehen. Mit 700 Hektar Forst- und Bio-Landwirtschaft sowie weiteren Betrieben wie ein Sägewerk oder das Florianer Stiftshaus an der Linzer Landstraße mit rund 70 weltlichen Angestellten sind die laufenden Kosten hoch. "Wir arbeiten im Einklang mit der Natur, aber das wirtschaftliche Fundament muss gesichert bleiben", erklärte Sonnleitner.
Die Kirche stehe vor der Herausforderung, ihre Werte in einer sich wandelnden Gesellschaft zu bewahren. Sonnleitner betonte: "Wir müssen uns darauf besinnen, was unsere eigenen Werte sind, den Wert des Glaubens wieder mehr schätzen und leben." Gleichzeitig sehe er eine Chance im Dialog und im gegenseitigen Verständnis: "Wir leben miteinander in einem Land, in dem man sich hilft und nicht behindert."
Vor seiner Wahl zum Nachfolger von Altpropst Johannes Holzinger war Sonnleitner 18 Jahre Stiftsorganist sowie auch Stiftskantor, Musikarchivar und Gastmeister in St. Florian gewesen, gilt als großer Kenner des Lebenswerkes von Anton Bruckner und international gefragter Orgelexperte. Der gebürtige Bad Ischler hatte nach der Matura an der Handelsakademie am Mozarteum in Salzburg studiert, promovierte in Theologie und ist seit 1997 Chorherr des Stiftes St. Florian. Als Seelsorger war er unter anderem in den Pfarren Attnang, Vöcklabruck, Ebelsberg, St. Gotthard, Walding oder Herzogsdorf im Einsatz.
Bedeutendes Barockkloster
Das südöstlich von Linz gelegene Augustiner-Chorherrenstift Sankt Florian zählt zu den größten und bekanntesten Barockklöstern Oberösterreichs. Der Überlieferung nach wurde der erste bekannte Christ auf dem heutigen Gebiet Österreichs, der heilige Märtyrer Florian, nach seinem Tod im Jahr 304 auf dem heutigen Stiftsgelände bestattet. Die heute bestehende prachtvolle Klosteranlage - zu ihr gehört die Stiftsbasilika - entstand zwischen 1686 und 1750 unter den Baumeistern Carlo Antonio Carlone, Jakob Prandtauer und Johann Gotthard Hayberger.
Während der Ursprung des Stiftes nicht durch Quellen belegt ist, gehen erste schriftliche Zeugnisse einer Klosteranlage auf die Karolinger-Zeit um 800 zurück. 1071 belegte schließlich der Passauer Bischof Altmann die Priestergemeinschaft des Ortes mit der Chorherrenregel. Im 13. Jahrhundert wurde eine neue Kirche erbaut, 1289 starb die im Ruf der Heiligkeit stehende Inklusin Wilbirg. Ein weiteres markantes Ereignis war die Errichtung einer Klosterschule im 14. Jahrhundert, die bis 1807 bestand, als dem Stift bis 1848 die Leitung des Linzer Gymnasiums übertragen wurde.
Eine Unterbrechung im Klosterbetrieb gab es 1941, als die Gestapo das Stift beschlagnahmte und ab 1942 zum Sitz der NS-Reichsrundfunkgesellschaft ausbaute. Die ausgewiesenen Chorherren, die im Kloster Pulgarn bei Steyregg ihr Gemeinschaftsleben aufrechterhalten konnten, kehrten nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder ins Stift zurück. 33 Pfarren gehören heute zum Stift.
Bruckners Wirkstätte
Musik hat in St. Florian hohen Stellenwert, verbunden vor allem mit dem Namen des Komponisten Anton Bruckner (1824-1896): Der "Musikant Gottes" war 1848 bis 1855 Stiftsorganist und wurde nach seinem Tod unter der "Brucknerorgel" in der Kirche bestattet. An ihn erinnern seit 1997 die internationalen "Brucknertage St. Florian". Deutlich länger - bereits seit 1071 - verfügt das Stift über einen Knabenchor, die "Florianer Sängerknaben", die ähnlich professionell geführt sind wie die Wiener Sängerknaben und rund 50 Sänger umfasst. St. Florian ist auch Austragungsort der OÖ-Stiftskonzerte und zahlreicher Orgelfestivals. (Infos: www.stift-st-florian.at)
Quelle: kathrpess