
"Adoptiere einen Kardinal": Initiativen rufen zum Gebet auf
Wenn sich ab dem 7. Mai die Kardinäle zur Wahl eines neuen Papstes versammeln, wird dieser Prozess nicht nur von journalistischen Spekulationen und Wettangeboten begleitet, sondern auch von weltweiten Gebeten. Nach katholischem Verständnis ist das Konklave ein geistlicher Vorgang - die Wahl des Papstes gilt als vom Heiligen Geist geleitet. Gläubige weltweit werden in diesen Tagen dazu aufgerufen, die Wähler im Gebet zu begleiten, sei es in Gottesdiensten im Rahmen der Fürbitten oder auch privat, organisiert von Pfarren, Orden oder über soziale Medien.
Zu den weitverbreiteten Gebetsformen zählen sogenannte Novenen - Gebete, die an neun aufeinanderfolgenden Tagen verrichtet werden. In der Pfarre Villach-St. Nikolai etwa betet man: "Wir beten heute für die Kardinäle, die zur Papstwahl zusammenkommen werden - dass sie offen sind für die Führung des Heiligen Geistes und sich nicht von menschlichen Überlegungen leiten lassen." Ähnlich formuliert es die Pfarre Zell am Ziller, die um einen "neuen Papst bittet, der die Heilige Kirche als treuer Hirte durch die Herausforderungen der Zeit führt".
Auch über WhatsApp verbreiten sich täglich Gebetsimpulse - in Gruppen wie "Novene für das Konklave", bei der sich bis Dienstag laut Angaben des deutschen Priesters Marco Leonhart 11.000 deutschsprachige Nutzer des Kurznachrichtendienstes angemeldet hatten. Die Initiative versendet täglich frühmorgens einen Gebetsimpuls sowie um 15.15 Uhr die Einladung, gleichzeitig für die Kardinäle zu beten. "Die Auswahl eines Papstes ist eine sehr große Aufgabe, die unsere Fähigkeiten übersteigt. Deshalb brauchen wir eure Gebete", bedankte sich Kardinal Jean-Claude Hollerich für die Teilnahme. In Österreich kündigten die Päpstlichen Missionswerke (missio) eine eigene Konklave-Gebetsaktion an, die am Donnerstag, 1. Mai, starten soll.
Teppiche und Stürme
Besonders hohe Beteiligung verzeichnet die englischsprachige Initiative "Adopt a Cardinal" ("Adoptiere einen Kardinal"). Dabei können sich Gläubige über die Webseite https://praycardinal.com einen zufällig ausgewählten Kardinal zuteilen lassen, für den sie täglich beten. Laut Angaben der Plattform haben sich bereits über 200.000 Nutzer angemeldet. Ziel ist es, jedem der zurzeit 135 wahlberechtigten Kardinäle - in Folge einiger Absagen sind es 133 - persönliche geistliche Unterstützung zukommen zu lassen. Die Initiatoren sprechen von einem "Gebetsteppich des Glaubens über Kontinente und Kulturen hinweg" und betonen den spirituellen Wert dieser persönlichen Verbindung. Andere Aktionen wiederum rufen zum Gebet für das gesamte Kardinalskollegium auf, ohne Zuteilung eines Einzelnen.
Im spanischsprachigen Raum, der Heimat von etwa der Hälfte der weltweit 1,4 Milliarden Katholiken, ist ein regelrechter "Gebetssturm" entbrannt. So lädt die Initiative "Tu Fecha, Su Fuego" ("Dein Geburtsdatum, sein Feuer") dazu ein, sich über https://tufecha-sufuego.behakuna.com einen Kardinal zur geistlichen Begleitung zuweisen zu lassen - anhand des eigenen Geburtstags. Die Initiatoren formulieren ihr Anliegen klar: Der Heilige Geist möge die Kardinäle bei ihrer Wahlentscheidung erleuchten und ihnen "Reinheit des Herzens und göttliche Weisheit" schenken. Der Aufruf schließt mit dem Hinweis: "Es ist nicht egal, ob man für sie betet oder nicht."
Die Teilnehmer der Aktion werden zu einem schlichten, aber tiefgehenden Gebet ermutigt - beginnend mit einem Dank an Gott für das Wirken von Papst Franziskus, dessen Einsatz für Ausgegrenzte und seine Haltung der Barmherzigkeit hervorgehoben werden. Danach wird um einen neuen Papst gebeten, der furchtlos das Evangelium verkündet und Christus in jenen Aspekten sichtbar macht, die die Welt heute besonders braucht. Abschließend wird für den zugeteilten Kardinal um dessen innere Freiheit und göttliche Führung in der Wahl gebetet.
Auch Kardinäle beten
Sogar einige Kardinäle selbst - sie sind Papst-Wähler und potenzielle Kandidaten zugleich - rufen zur geistlichen Begleitung des Konklaves auf. Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki erklärte in einem Videoimpuls, nach dem gegenseitigen Kennenlernen im Vorkonklave gehe es darum, "den zu wählen, von dem wir überzeugt sind, dass Gott ihn berufen hat, seine Kirche zu leiten". Der US-amerikanische Kardinal Raymond Leo Burke veröffentlichte eine Novene zur Jungfrau von Guadalupe mit der Bitte um "Fürsprache in einer Zeit großer Herausforderungen für die Kirche". In dem Gebet wird Gott angefleht, die Kardinäle mögen "in Demut und geistlicher Unterscheidung den geeignetsten Nachfolger Petri wählen".
Weitere Gebetsaufrufe kommen von Ordensgemeinschaften sowie von Bischofskonferenzen. So etwa von derjenigen in Honduras: "Papst Franziskus hat uns stets um Gebete für sich gebeten. Nun müssen wir für seinen Nachfolger beten", erklärte Pater Juan Ángel López, Sprecher der Bischöfe des Karibikstaates, in einer Pressemitteilung. Um "Erleuchtung" der Kardinäle in Rom bittet die US-Diözese Wheeling-Charleston in einem am Montag veröffentlichten Litanei-Gebet. Unter dem Stichwort "Unsere Aufgabe" heißt es in einem Begleittext dazu: "Während das Konklave tagt, betet die gesamte Kirche für die Wähler und für den künftigen Papst."
Erzdiözese Wien veröffentlicht Gebetsheft
Zum "Beten um den Heiligen Geist für die Kirche in neun Tagen" lädt die Erzdiözese Wien ein. In einem vom Pastoralamt herausgegebenen Gebetsheft werden die Tage von Sedisvakanz und Konklaves als "Zeit der großen Anliegen" beschrieben. Das in der alten Kirchentradition verwurzelte Neun-Tages-Gebet ("Novene") sei genau für solche Zeiten gedacht, wird Kardinal Christoph Schönborn zitiert, "wenn wir Großes erhoffen und erwarten". Die Gratis-Broschüre enthält Gebete, Bibellesungen, Impulse und Texte aus dem Abschlussdokument der Bischofssynode 2024 sowie aus einem der Konzilstexte, sowie auch ein Lied. "Das Gebet eignet sich für das Beten des Einzelnen genauso wie für den gemeinschaftlichen Vollzug", so das Pastoralamt.
Quelle: kathpress