
Kirchenfachstelle warnt vor Illusionen privater Klimafinanzierung
Eine kritische Bilanz zur Zwischenkonferenz SB62 der UN-Klimaverhandlungen in Bonn zieht die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO). In einer Analyse gegenüber Kathpress warnte KOO-Klimaexperte Martin Krenn am Freitag vor "gefährlichen Illusionen", die durch den übermäßigen Fokus auf private Klimafinanzierung entstehen. Insbesondere die sogenannte "Baku to Belém Roadmap" habe sich als "Vorlesung über die Vorzüge von privatwirtschaftlichen Instrumenten und privater Finanzierung" entpuppt und sei damit in "haarsträubendem Gegensatz" zu den Erwartungen vieler Staaten und zivilgesellschaftlicher Akteure gestanden, so Krenn.
Die am Donnerstag beendete, knapp zweiwöchige Konferenz diente der Vorbereitung auf die UN-Klimakonferenz COP30, die im November im brasilianischen Belém stattfinden wird. Erstmals waren die USA nicht aktiv in die Verhandlungen eingebunden. In manchen Bereichen wurden laut Krenn Fortschritte erzielt - etwa beim Just Transition Work Programme, dem Gender Action Plan oder der Entwicklung von Indikatoren für das Global Goal on Adaptation. Bei anderen Themen wie den Nationalen Anpassungsplänen oder dem Mitigation Work Programme blieb eine Einigung weitgehend aus.
Aus Sicht der KOO besonders problematisch: Der fünfte Dialog zur Umsetzung von Artikel 2.1c des Pariser Klimaabkommens - der die Ausrichtung aller Finanzflüsse auf eine klimaverträgliche Entwicklung fordert - konzentrierte sich einseitig auf "Risikominimierung" für Investoren. Anstelle dringend benötigter Maßnahmen wie dem Stopp öffentlicher und privater Finanzierung fossiler Energien oder der Schaffung neuer öffentlicher Einnahmequellen auf Basis des "polluter pays"-Prinzips, seien in Bonn Investitionsanreize und Geschäftsmodelle diskutiert worden, kritisierte Krenn. Solche einseitigen Fokussierungen vernachlässigten vor allem "den riesigen Bereich der Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel".
Systemwandel und Schuldenerlass
Als wirksame Alternativen nannte Krenn die Stärkung öffentlicher Finanzierung, strukturelle Reformen des internationalen Finanzsystems sowie den Erlass ungerechter Schuldenlasten. Er verwies auf das vom Vatikan angestoßene Projekt "Jubilee 2025: Remission of the Ecological Debt", das den Zusammenhang zwischen ökologischer Schuld und ökonomischer Schuldenlast herausarbeitet. Auch Steuermaßnahmen - wie sie etwa das Tax Justice Network oder Oxfam vorschlagen - könnten aus Sicht der kirchlichen Fachstelle erhebliche Mittel mobilisieren, etwa durch Übergewinnsteuern, Vielfliegerabgaben oder globale Vermögenssteuern.
Mit Blick auf die bevorstehende COP30 unterstrich Krenn: "Die Welt hat genug Geld - aber es muss gerecht mobilisiert und verteilt werden." Die "Baku to Belém Roadmap" müsse dringend konkretisiert werden, insbesondere im Hinblick auf Anpassungsmaßnahmen sowie Schäden und Verluste. Nur so könne das internationale Klimafinanzierungsziel von 1,3 Billionen USD für Entwicklungsländer glaubwürdig erreicht werden.
Kirche mahnte Menschenrechte ein
Kirchliche Fachstellen waren bei der UN-Klimazwischenkonferenz in Bonn prominent vertreten. Eine Delegation des kirchlichen Dachverbands CIDSE nahm aktiv an den Verhandlungen und Veranstaltungen teil. Vertreterinnen und Vertreter aus mehreren Ländern, darunter CAFOD (England & Wales), Fastenaktion (Schweiz), Misereor (Deutschland), SCIAF (Schottland), Trócaire (Irland), Maryknoll Office for Global Concerns (USA) sowie eben die KOO aus Österreich setzten sich dabei für eine gerechte und transformative Klimapolitik ein.
Im Fokus der CIDSE-Delegation standen dabei Themen wie Klimafinanzierung und Schuldenfrage, ambitionierte Klimaziele (NDCs), eine gerechte Transformation sowie der Fonds für Schäden und Verluste. Besonders hervorgehoben wurde die Bedeutung von öffentlicher Finanzierung, Schuldenerlass und gerechter Beteiligung marginalisierter Gruppen. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums von "Laudato si'" und des Pariser Abkommens betonten die CIDSE-Mitglieder die Notwendigkeit tiefgreifender struktureller Veränderungen hin zu einer sozial gerechten Klimapolitik. Mehrere von ihnen organisierte Side Events verdeutlichten, dass Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der internationalen Klimapolitik nur unter konsequenter Einbeziehung von Gerechtigkeits- und Menschenrechtsfragen gesichert werden können.
Quelle: kathpress