
"Solwodi"- Jahresbericht 2024: Hilfe für Opfer von Menschenhandel
Mit einem eindringlichen Appell, vor dem Elend hinter der Prostitution nicht länger die Augen zu verschließen, hat "Solwodi Österreich" in seinem aktuellen Jahresbericht Bilanz über die Aktivitäten des Jahres 2024 gezogen. Der von Ordensgemeinschaften getragene Verein, der sich für von Menschenhandel, Gewalt und Ausbeutung betroffene Frauen einsetzt, betreute im vergangenen Jahr 38 Frauen, viele von ihnen aus Ungarn, Bulgarien und Rumänien. Die "Solwodi"-Schutzwohnung in Wien war im Jahresdurchschnitt mit knapp sieben Frauen belegt, insgesamt wurden 16 Bewohnerinnen und sechs Kinder unterstützt. Ausgezogene Frauen - 2024 waren dies zehn - wurden begleitet und beraten, es gab auch Deutschkurse, Arbeitstrainings und psychotherapeutische Hilfe.
Neben der Hilfe für Einzelfälle verstärkte die Initiative auch ihre Öffentlichkeitsarbeit, etwa mit der vom Land Oberösterreich geförderten Veranstaltung "Sexkauf fördert Frauenhandel" und der Ausstellung "Sklav:innen" an der Katholischen Privatuniversität (KU) Linz. Besonderen Zuspruch fand laut der Aussendung auch ein Gebets- und Reflexionstag gegen Menschenhandel in der Christlichen Internationalen Gemeinde Wien.
"Solwodi" ist international engagiert
"Solwodi Österreich" wurde von sechs Ordensgemeinschaften gegründet: von den Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul Wien-Gumpendorf, der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, der Congregatio Jesu, den Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens, der Missionskongregation der Dienerinnen des Heiligen Geistes und den Salvatorianerinnen. Er geht auf den Verein "Solwodi" (= Solidarity with women in distress - Solidarität mit Frauen in Not) zurück, der von Sr. Lea Ackermann 1985 in Kenia ins Leben gerufen wurde. Mittlerweile ist der internationale Verein in mehreren europäischen Ländern tätig und setzt sich für eine verbesserte Stellung von Frauen ein.
Ein Jahr nach "Solwodi Österreich", 2014, gründete Maria Schlackl SDS die "Initiative gegen Menschenhandel - für Menschenwürde in Oberösterreich", deren Zehn-Jahres-Jubiläum im Jahresbericht besonders im Fokus steht. "Menschenhandel, insbesondere zum Zweck sexueller Ausbeutung, ist eine der tiefsten Wunden unserer Zeit", erklärte Schlackl. Ihre Initiative macht immer wieder durch Veranstaltungen, Vorträge, Diskussionsrunden und persönliche Gespräche den Zusammenhang von Sexkauf und Menschenhandel deutlich. "Prostitution und Zwangsprostitution haben nicht nur Auswirkungen auf die Betroffenen und die Sexkäufer, sondern generell auf die Würde der Frauen und die Beziehungen zwischen den Geschlechtern", heißt es in dem Bericht.
Betroffene wurde Aktivistin
Zentrale Rednerin der genannten Veranstaltung "Sexkauf fördert Frauenhandel" an der KU Linz war die Juristin und Menschenrechtsaktivistin Sandra Norak, die selbst Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution war. In ihrem Vortrag schilderte sie eindrucksvoll ihren langen Weg in die Freiheit und sprach sich für das sogenannte nordische Modell aus. Dieses stellt den Kauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe und bietet Ausstiegshilfen für Betroffene. Laut Norak ist gesellschaftliches Umdenken die Voraussetzung für wirksame staatliche Maßnahmen gegen Frauenhandel.
Zentrale Anlaufstelle von "Solwodi Österreich" ist die Schutzwohnung in Wien. Laut dem Jahresbericht suchten 2024 vor allem Frauen Hilfe, die wohnungslos waren, unter Gewalt litten oder aus der Prostitution fliehen wollten. Zwölf der 38 Klientinnen waren schwanger oder hatten bereits Kinder. "Besonders schwierig ist die Lage, wenn die Frauen wegen der Schwangerschaft nicht mehr der Prostitution nachgehen können, aber keine Wohnung, kein Einkommen und keine Krankenversicherung haben", heißt es im Bericht. Die Arbeit in der Beratungsstelle vor Ort konzentrierte sich vor allem auf die Nachsorge und Begleitung ehemaliger Bewohnerinnen. Dabei stellte sich die Zusammenarbeit mit Behörden teils als schwierig dar, wie es hieß: So verzögerten lange Bearbeitungszeiten für Sozialleistungen wie Kinderbetreuungsgeld und Mindestsicherung den Auszug der Frauen, obwohl sie eigenständig leben könnten. Zudem äußerte "Solwodi" Kritik an unzureichender Unterstützung durch Jugendämter in Fällen möglicher Kindeswohlgefährdung.
Starker Rückhalt durch kirchliche Träger und Ehrenamt
Trotz der Herausforderungen sieht sich "Solwodi Österreich" personell wie finanziell gut getragen. Die Organisation finanziert sich primär über Spenden. Die Einnahmen beliefen sich 2024 auf rund 322.000 Euro, denen Ausgaben von gut 304.000 Euro gegenüberstanden. Den größten Beitrag leisteten Ordensgemeinschaften und die Ordenskonferenz Österreich, die vor allem Personalkosten abdecken. Zahlreiche Einzelpersonen, Pfarren und Gruppen unterstützten zudem mit Geld- und Sachspenden - darunter Möbel, Kleidung und Hygieneartikel.
"Die direkte Arbeit mit den Frauen verlangt Professionalität, Empathie, Kreativität, Geduld und Durchhaltevermögen", betont Sr. Patricia Erber SDS, Vorsitzende von "Solwodi Österreich". Das Engagement sei nur durch das Zusammenspiel von haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeit möglich.
Der Vereinsvorstand wurde im Juni 2024 neu zusammengesetzt: Die Salvatorianerin Sr. Erber bleibt Vorsitzende, Stellvertreterin ist Sr. Susanne Krendelsberger von der Caritas Socialis. Weitere Mitglieder sind die Steyler Missionsschwester Sr. Magdalena Eichinger, Sr. Anna Mayrhofer von den Franziskaner-Missionsschwestern Mariens, die Vinzentinerin Sr. Maria Michaela Roth und die Maria-Ward-Schwester Bianca-Mioara Petre. (Info: www.solwodi.at)
Quelle: kathpress