
Pater zu Menschenhandel: Prostitution ist Männerproblem
Wirtschaftliche Not, patriarchale Gesellschaftsstrukturen und emotionale Manipulation: "Früher legte man den Menschen Metallketten um. Heute sind es emotionale Ketten, die den Frauen angelegt werden, um sie in der Abhängigkeit zu halten", erklärt der Marianisten-Pater Hans Eidenberger von der Initiative "Aktiv gegen Menschenhandel - Aktiv für Menschenwürde". Im aktuellen Podcast "Orden on air" spricht er über die Mechanismen von Ausbeutung sowie organisierte Kriminalität. Anlass ist der Internationalen Tag gegen Menschenhandel am 30. Juli. Menschenhandel sei kein Problem ferner Länder, auch in Österreich seien Frauen Opfer eines modernen Sklavensystems, das u.a. mittels Versprechen, Angst und Abhängigkeit funktioniere.
"Prostitution ist keine Frauenfrage", stellte der Ordensmann in dem Interview klar, "es ist ein Männerproblem." Folglich sollte nicht die Frau bestraft werden, "sondern der Mann, der kauft". Als Lösung schlug der Pater das sogenannte "Nordische Modell" vor, das auf Entkriminalisierung der Opfer, staatliche Ausstiegshilfen, Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung sowie Sexkaufverbot beruht.
Das Muster von Zwangsprostitution wiederhole sich: "Mit falschen Versprechen werden Menschen in ein Zielland gelockt und sind dann dort den Profiteuren und Kriminellen ausgeliefert", so Eidenberger, der als Mitglied der oberösterreichischen Initiative gegen Menschenhandel seit Jahren Opfer, die in Europa - auch in Österreich - in Zwangsprostitution geraten, begleitet.
In Österreich, das sowohl Durchgangsstation als auch Zielort für Menschenhandel ist, seien die Betroffenen meist Frauen und Mädchen aus Osteuropa, oft aus sozial schwachen Verhältnissen. "Es sind Menschen aus vulnerablen Gruppen - mit geringem Selbstwertgefühl, wenig Bildung und ohne Möglichkeit, sich gegen kriminelle Organisationen zu wehren." Diese gerieten in vollständige Abhängigkeit und folglich eine moderne Form der Sklaverei, erklärte der Pater.
Neben der Abhängigkeit würden die Frauen zudem ein Doppelleben führen. Die Familien zu Hause wüssten oft nicht, dass ihre Tochter oder Ehefrau zur Prostitution gezwungen wird. "Sie telefoniert nur noch mit ihren Kindern, die von der Großmutter betreut werden. Zu Ostern und Weihnachten sollen Geschenke die unmenschliche Realität überdecken", sagte Eidenberger.
Dass Ordensgemeinschaften hier engagiert sind, hat Tradition: Schon der Ordensgründer der Marianisten, der selige Wilhelm Josef Chaminade, arbeitete um 1800 in einem Frauenhaus. Auch heute schaffen Schutzräume wie das Haus in Wien Übergänge: "Es braucht einen Ort, wo Menschen diesen Übergang schaffen können. Die ersten Monate dienen nur der Stabilisierung."
Die Ordensgemeinschaften engagieren sich in Österreich konkret mit der Initiative "Aktiv gegen Menschenhandel - Aktiv für Menschenwürde", gegründet 2014 von Sr. Maria Schlackl SDS, gegen verschiedene Formen des Menschenhandels. Die Initiative arbeitet unter dem Dach des Vereines SOLWODI Österreich (Solidarity with Women in Distress), gegründet von österreichischen Ordensfrauen, zusammen. Bereits der Ordensgründer der Marianisten, der selige Wilhelm Josef Chaminade, arbeitete um 1800 in einem Frauenhaus.
Auch in Wien unterstützen die Orden zehn Frauen und ihre Kinder mit einem Schutzhaus - einen Ort des Übergangs und Stabilisierung, wie der Pater erklärte. "Diese Frauen lebten in einer anderen Welt, in der oft auch Drogen und Alkohol im Spiel waren. Der erste Schritt ist der allerschwierigste - heraus aus diesem Netzwerk der Überwachung und Einschüchterung", zeichnete der Marianisten-Pater die Situation der Betroffenen nach. Das Schutzhaus finanziert sich ausschließlich durch Spenden. "Wir bekommen vom Staat nichts", sagt Eidenberger.
Der Podcast "Orden on Air" der Ordensgemeinschaften Österreich ist auf allen größeren Audioplattformen zu finden. (Infos: www.ordensgemeinschaften.at)
Quelle: kathpress