
Männer-Friedenstagung: "Den Menschen geben, was sie zum Leben brauchen"
Friede braucht die Deckung von Grundbedürfnissen wie Nahrung und Zugehörigkeit sowie Bildung. Das unterstrich der Prämonstratenser-Pater Milos Ambros bei einem Podiumsgespräch am Freitag im Rahmen der Sommerakademie der Katholischen Männerbewegung Österreich (KMBÖ) zum Thema "Friede und Versöhnung". Er verwies dabei auf den Jakobus-Brief im Neuen Testament, wo es heißt: "Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung sind und ohne das tägliche Brot und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen - was nützt das?" (Jak 2,15-16).
Ambros wirkte von 1994 bis 2009 in Brasilien, in einem Armenviertel in der 4-Millionen-Stadt Salvador da Bahia. In die Favelas, wo die Kriminalität besonders hoch war, "traute sich die Polizei nicht hinein", berichtete Ambros. Als - unbewaffnete - Priester hätten sie dort jedoch gut arbeiten können. Unterstützt von Spenden aus der Heimat schuf Ambros - zusammen mit seinem Ordensbruder Bernhard Schelpe - die Infrastruktur für etwa 30 "comunidades", was etwa 30 österreichischen Pfarren entspricht. Soziale Hilfe leisteten sie u.a. mit einem "Lebensmittelgrundkorb", mit dem die ärmsten Familien monatlich die notwendigsten Grundnahrungsmittel erhielten. Im Gegenzug kamen die Familien einmal im Monat zu Vorträgen etwa über Hygiene, Essenszubereitung oder auch Glaubensinhalte.
Neben Alphabetisierungskursen für Erwachsene entstand auch eine Kindergarteneinrichtung für alleinerziehende Mütter, um diesen Erwerbsarbeit zu ermöglichen. Den tristen Verhältnissen und einer "allgemeinen Unordnung" entgegenzuwirken, Gemeinden zu bilden, in denen man füreinander da ist, "können erste kleine Steine für den Aufbau des Friedens sein", unterstrich der Prämonstratenser-Pater. 2021 wurde P. Ambros für sein Wirken mit dem Oscar-Romero-Preis der Aktion "Sei so frei" der KMBÖ ausgezeichnet.
Schmolly: Empathie ist eine politische Kategorie
Der Vorarlberger Caritas-Direktor Walter Schmolly betonte, Friede brauche Empathie, die Fähigkeit, sich von der Not, vom Leid anderer berühren zu lassen. Empathie sei dabei nicht nur eine persönliche, sondern auch eine politische Kategorie. Als Beispiel verwies er auf eine Replik des jetzigen Papstes Leo XIV. noch als Kurienkardinal auf eine Aussage des US-Vizepräsidenten James David Vance. Der Katholik Vance hatte behauptet, als Christ liebe man "zuerst seine Familie, dann seine Nächsten, dann seine Gemeinschaft, dann seine Mitbürger - und dann erst den Rest der Welt." Prevost antwortete auf "X": "JD Vance irrt sich: Jesus fordert uns nicht dazu auf, unsere Liebe zu anderen zu gewichten."
Es brauche - so Schmolly - eine Empathie-Kultur, im Kleinen wie im Politischen, die notwendige Hilfe ohne Ansehen von Person, Religion, Nation oder Schuld leistet. Für den Frieden sei es zudem nötig, die Verantwortung für die Schöpfung wahrzunehmen. Die UNO habe 2015 die 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs) verabschiedet. Darin gehe es nicht nur um ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch um die Vision einer "friedlichen und inklusiven Gesellschaft", hob der Caritas-Direktor hervor.
Keine biblische Rechtfertigung von Vernichtung
Der Innsbrucker Theologe Klaus Heidegger übte Kritik an der Rechtfertigung von Gewalt durch Rückgriff auf Verse aus dem Alten Testament. Das Attentat des militärischen Armes der Hamas gegen Israel sei ein schreckliches Vergehen. Wenn Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und US-Präsident Donald Trump das Vorgehen Israels im Gaza-Streifen aber mit Bibelversen rechtfertigten, die die Vernichtung des gegnerischen Volkes insinuieren, sei das zu hinterfragen.
Es gelte, Wege zu finden und zuzulassen, die die "Logik des Schlachtfeldes" überwinden, so Heidegger, bis vor kurzem Vorsitzender der Katholischen Aktion der Diözese Innsbruck. Er schloss sich dabei der Kritik von Cesare Zucconi, dem Hauptreferenten des Vortages, an der Rede vom "gerechten" Frieden an: Friede sei zunächst ein Kompromiss, der für alle Beteiligten schmerzlich sein kann, aber das Blutvergießen beendet.
"Eine Politik, die Hände reicht"
Die Moderatorin des Gesprächs, Birgit Prochazka, Leiterin des Forum Katholische Erwachsenenbildung der Diözese Eisenstadt und zuständig für Weltanschauungsfragen, stellte fest, dass in Vorträgen und Debatten über Frieden das Wort Krieg und Konflikt meist viel öfter vorkomme als das Wort Friede. Sie zitierte abschließend den Wiener Psychiater Viktor E. Frankl, der als Jude von den Nazis ins KZ Theresienstadt verschleppt wurde und überlebte.
1946 schrieb Frankl unter dem Titel "Friede unter uns": "Wir brauchen Verständnis füreinander und wir brauchen Verständigung miteinander. Wen darf es da wundern, wenn wir erklären: Für uns kann es nur eine Politik geben, und das ist jene Politik, die Hände reicht."
Quelle: kathpress