
Bischof Freistetter: Vielfältige Aufgaben für Militärseelsorge
Die verschiedenen Aufgaben der Militärseelsorge bzw. Militärdiözese und die rechtlichen Hintergründe dafür hat Bischof Werner Freistetter im ausführlichen Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" erläutert. Zudem ging er auch auf den jüngsten Konflikt rund um Reformen im Bereich der Militärdiözese ein, den er bereits als gelöst betrachtete.
Die seelsorglichen Bemühungen und Angebote würden vor allem den Grundwehrdienern gelten, aber auch den Kaderangehörigen, so Freistetter: "Rechtlich festgesetzt ist, dass wir bei den Grundwehrdienern im Monat eine Stunde haben für jede Kompanie, also für 100 bis 120 Soldaten." Für die Kaderangehörigen werde dieser Lebenskundliche Unterricht meistens zusammengefasst in Einkehrtagen oder Seminaren. Der Lebenskundliche Unterricht sei konfessionell organisiert, die jeweiligen Soldaten seien verpflichtet, an diesem Lebenskundlichen Unterricht teilzunehmen, erläuterte der Bischof: "Das ist so ähnlich wie in der Schule. Die erste Stunde ist verpflichtend und dann kann man sich abmelden. Meistens wird ein Ersatzdienst angeordnet, was dann in der Praxis bedeutet, dass die meisten doch lieber dem Militärseelsorger zuhören."
Die Themenpalette des Unterrichts sei abhängig vom Seelsorger, es würden Lebensfragen behandelt, auch Gewissensfragen, und es werde den Grundwehrdienern die kirchliche Lehre nähergebracht. Im Lebenskundlichen Unterricht würden auch militärethische Fragen angesprochen. Schon sehr lange sei man zudem in der berufsethischen Ausbildung der Akademie der Unteroffiziere engagiert und auch auf der Militärakademie bei der Ausbildung der Offiziere.
In den Kirchen, die man in manchen Garnisonen haben, biete man auch einen Sonntagsgottesdienst an, "und auch Taufen, Hochzeiten, Begräbnisse. Sehr gerne angenommen werden die Möglichkeiten für die Firmung." Generell sei ein Militärseelsorger bemüht, "dass er die ihm Anvertrauten gut kennt, ihre Sorgen, die Situation in beruflicher Hinsicht, und als Gesprächspartner und Begleiter in schwierigen Situationen bereitsteht".
Seelsorge und Friedensarbeit
Ein wichtiges Aufgabenfeld seien auch die Auslandseinsätze, so Freistetter: "Ich selber war am Golan, in Bosnien, im Kosovo und im Libanon als Militärseelsorger tätig. Das ist eine besondere Situation, denn da ist man in einem Konfliktgebiet, sehr oft können die Soldaten aus dem Camp nicht raus, da lebt der Seelsorger mit den Soldaten mit." Ein Militärseelsorger müsse mit den Soldaten mitleben, "da ergeben sich dann oft auch Anknüpfungspunkte für die Seelsorge".
Als besonders wichtiges wie traditionelles Angebot der Militärseelsorge wies Freistetter auch auf die jährliche Soldatenwallfahrt nach Lourdes hin: "Diese Soldatenwallfahrt ist eines unserer wichtigsten pastoralen Projekte." Das sei auch ein Stück Friedensarbeit in der Militärdiözese: "So erleben es die Soldatinnen und Soldaten immer wieder unter dem Aspekt internationale Verständigung, internationales Zusammensein im Wirken für den Frieden."
Johannes Paul II. ordnete Militärseelsorge neu
Dass es kirchenrechtlich überhaupt eine eigene Militärdiözese bzw. ein Militärordinariat mit rund 20 Pfarren in ganz Österreich gibt, gehe auf Papst Johannes Paul II., der die Militärseelsorge in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre mit der Konstitution "Spirituali militum curae" neu geordnet hat. Der Normalfall zuvor war, "dass ein Diözesanbischof das Militär mitbetreut hat". So sei der erste entsprechende Militärvikar in Österreich Kardinal Franz König gewesen. Papst Johannes Paul II. habe daraus eigene diözesanähnliche Organisationen gemacht, die im Normalfall einen eigenen Bischof haben sollten. "Deshalb gibt es kirchenrechtlich das Militärordinariat, wir haben es in unseren Statuten Militärdiözese genannt." Er sei nach Alfred Kostelecky und Christian Werner der dritte Militärbischof in Österreich in dieser Rechtsform, so Freistetter.
Rechtlich gesehen erfülle man einen staatlichen und einen kirchlichen Auftrag. "Der staatliche Auftrag besteht darin, den Angehörigen des Bundesheeres und den Beamten des Ministeriums für Landesverteidigung das Recht auf Religionsausübung im Rahmen des militärischen Dienstes zu gewährleisten", so der Bischof. Kirchlicherseits habe man zudem eine lange Tradition, "dass man Soldaten im Frieden und im Krieg so betreut, dass man als Militärseelsorger im Militär wirken kann". Deshalb gehörten die Militärseelsorger auch dem Bundesheer an.
Im Mittelalter oder in der frühen Neuzeit sei diese Betreuung oft durch Orden ausgeübt worden, die Kapuziner seien hier besonders tätig gewesen. Eine richtige Militärseelsorge wurde schließlich schon durch Kaiserin Maria Theresia eingeführt. In der Monarchie gab es fünf Organisationen für Militärseelsorge: katholisch, protestantisch, orthodox, muslimisch, jüdisch. Inzwischen sei mit der alevitischen Militärseelsorge eine weitere hinzugekommen.
Reform der kirchlichen Organisation
Jüngste medial kolportierte Berichte über interne Konflikte in der Militärdiözese begründete der Bischof mit einem derzeit laufenden Reformprozess in der kirchlichen Organisation und Verwaltung. "Es hat begonnen kurz nach der Corona-Zeit, wo sich viele Neuerungen im Arbeitsrecht ergeben haben, ich nenne da als Beispiel das Homeoffice", so Freistetter. Man habe auch eine Unternehmensberatung beigezogen, die die zivilrechtliche und arbeitsrechtliche Situation überprüfte. Im Anschluss habe man einiges erneuert.
Es habe sich dann aber herausgestellt, "dass diese Seite nicht genügt und wir haben uns dann auch unsere kirchenrechtliche Organisation vorgenommen". Dazu habe man auch einen Revisionsbericht der Kontrollstelle der Erzdiözese Wien angefordert. "Der ist im vergangenen Jahr gekommen und den setzen wir jetzt um." Dazu komme, dass letztes Jahr auch neue Statuten vom Heiligen Stuhl für die Militärdiözese approbiert wurden. Die alten stammten aus dem Jahr 1989. Hier seien einige Anpassungen erforderlich gewesen.
Die aktuelle Reform betreffe vor allem auch die Neuordnung der Finanzverwaltung der Militärdiözese, wie der Bischof sagte: "Wir haben zwei Rechtskörper in der Militärdiözese. Einerseits die Militärdiözese mit einem öffentlich-rechtlichen Status und andererseits den 'Bischöflichen Vermögensfonds', der auch öffentlich-rechtlichen Status hat, und noch von Bischof Kostelecky begründet wurde mit eigenen Statuten."
Man habe das jahrelang zusammen mit einem Vermögensverwaltungsrat geführt. Im Revisionsbericht der Kontrollstelle der Erzdiözese Wien sei dann aber die Empfehlung abgegeben worden, diese beiden Rechtskörper im Sinne einer klareren und transparenteren Organisation zu trennen. "Es war kein Muss, es war eine Empfehlung. Ansonsten hat der Revisionsbericht keine Unregelmäßigkeiten festgestellt", so der Bischof. Nun habe man diese Trennung organisatorisch durchgeführt, "also für beide Bereiche je einen eigenen Vermögensverwaltungsrat geschaffen".
Rekursverfahren in Rom
Im Blick auf diese Vorgänge sind derzeit zwei Rekursverfahren in Rom anhängig. Dazu sagte Freistetter: "Ein Rekursverfahren ist eine Eingabe beim Heiligen Stuhl gegen eine Entscheidung des Bischofs." Laut Kirchenrecht könne nur eine vorgesetzte Dienststelle, und beim Bischof sei das der Heilige Stuhl, ein vom Bischof erlassenes Dekret verändern, ergänzen, bestätigen oder aufheben. "Wenn Mitarbeiter oder auch ehemalige Mitarbeiter meinen, dass ich rechtlich nicht richtig gehandelt habe, dann müssen sie sich an den Heiligen Stuhl wenden und das wird dann dort entschieden", so der Bischof. Weil das Verfahren derzeit gerade im Laufen sei, könne er zum Inhalt nichts Genaueres sagen.
Quelle: kathpress