
Wien: Fahnen am Campus der Religionen wieder komplett
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften haben am Sonntag am Campus der Religionen in der Seestadt Aspern die durch Vandalenakte bereits mehrfach zerstörte Fahne der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) erneut gehisst; damit waren alle Fahnen wieder vollständig. Ludwig betonte, die Gesellschaft brauche die einende Kraft der Religionen: "Auch in weltpolitisch turbulenten Zeiten steht Wien ganz klar für Zusammenhalt, Toleranz und Offenheit ein. Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren."
Wie der Bürgermeister hervorhob, gebe es in Wien seit vielen Jahren eine ausgezeichnete Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften, die einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Stabilität darstelle. Umgekehrt gelte: Wer eine Religion angreife, greife alle an. Nach der Zukunft des Campus gefragt, bedauerte der Bürgermeister, dass der ursprünglich geplante Gebäudekomplex mit einer gemeinsamen Ausbildungsstätte - der KPH Wien/Niederösterreich - an diesem Ort nicht realisierbar gewesen sei. Die Zukunft des Campus in der Seestadt sei derzeit offen, er werde aber in der einen oder anderen Form bestehen bleiben; Näheres werde sich voraussichtlich im Oktober klären.
Der katholische Wiener Bischofsvikar Dariusz Schutzki hob hervor, unabhängig davon, in welcher Form der Campus der Religionen letztlich realisiert werde, habe er nicht nur eine Zukunft - diese Zukunft bestehe bereits. Der Wiener Rat der Religionen sei ein Gremium, in dem sich die Religionsgemeinschaften in freundschaftlicher Atmosphäre begegneten und gemeinsam ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnähmen. Die Stärke der Gemeinschaft zeige sich in wechselseitiger Anteilnahme: daran, dass, wenn es einem von ihnen schlecht gehe, es allen schlecht gehe.
In Anwesenheit von Repräsentantinnen und Repräsentanten aller acht beteiligten Glaubensgemeinschaften - darunter neben Schutzki Oberrabbiner Jaron Engelmayer und Imam Ermin Sehic - wurden die zuvor beschädigten bzw. entwendeten Flaggen wieder aufgerichtet. Die Fahnen markierten den künftigen Standort des interreligiösen Bauprojekts auf dem Areal.
Anfang Juli waren die Fahnen der Israelitischen Kultusgemeinde und der Neuapostolischen Kirche Ziel von Angriffen gewesen; die IKG-Fahne wurde am 4. Juli entwendet. Bischofsvikar Schutzki verurteilte gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertreter der Religionen die neuerliche Zerstörung als "bewusst gegen den gemeinsamen Dialog und die Offenheit der Religionen und Kulturen von Wien" gerichtet. Polizei und Verfassungsschutz wurden informiert; die Ermittlungen liefen. Kurz zuvor hatten Bürgermeister Ludwig und Vertreter der acht Gemeinschaften die im Mai zerstörte IKG-Fahne bereits einmal erneut gehisst.
Am Campus der Religionen beteiligt waren die römisch-katholische, die evangelische, orthodoxe und neuapostolische Kirche sowie die Israelitische Kultusgemeinde, die Islamische Glaubensgemeinschaft, die Buddhistische Religionsgesellschaft und die Sikh-Gemeinde. In der Seestadt im 22. Bezirk Donaustadt sollten bis 2028 Wohn- und Arbeitsplätze für rund 20.000 Menschen entstehen; in der Mitte war ein Grundstück für den "Campus der Religionen" vorgesehen.
Quelle: kathpress