
Theologen Körtner und Tück plädieren für mehr "öffentliche Theologie"
Für ein Mehr an "öffentlicher Theologie" haben sich die beiden Wiener Theologen Ulrich Körtner und Jan-Heiner Tück ausgesprochen. "Wir müssen neu wagen, von Gott zu reden - nicht nur über Gottesbilder oder Gottesgedanken, sondern wirklich von Gott sprechen. Und dazu braucht es eine neu durchdachte, offenbarungstheologisch fundierte Gottesrede - auch im ökumenischen Gespräch", sagte Körtner in einer neuen Folge des Theologie-Podcasts "Diesseits von Eden". In dem Podcast debattieren Tück und Körtner über die Frage "Wie heute von Gott reden?" Es bestehe die Gefahr, das Christentum auf ethische Fragen zu reduzieren und damit überflüssig zu machen. Dabei müsse öffentliche Theologie deutlich machen, dass es mehr als ein "Durchlauferhitzer" ethischer Fragen sei.
Öffentliche Theologie könnte etwa bei Fragen des Kreuzes ansetzen, in dem die "Erlösungsbedürftigkeit der Welt" auf besondere Weise sichtbar werde. Diese Sicht könne Theologie in Debatten einbringen - ebenso wie die Perspektive von Erlösung, die sich nicht weltlich erschöpfe, sondern über die bloße menschliche Machbarkeit hinausreiche, so Körtner.
In dem Zusammenhang erläuterten die beiden auch noch einmal ihre These von der "Kirchlichkeit der Theologie", mit der sie vor knapp zwei Jahren eine Debatte ausgelöst hatten. Man habe damit sagen wollen, dass Theologie eine "Teilnehmerperspektive" brauche, führte Körtner aus. "Wenn es Kirche nicht mehr gäbe, dann würde auch die Theologie, wie wir sie kennen, keinen Bestand mehr haben", sondern in Religionsforschung aufgehen, sagte der evangelische Theologe, der im Juni nach über 30 Jahren an der Universität Wien verabschiedet wurde.
Der katholische Theologe Tück ergänzte dazu, die Kirche sei schließlich nicht nur Überlieferungs- und Bekenntnisgemeinschaft, sondern auch "Lese- und Auslegungsgmeinschaft" - d.h.: "Die Inhalte, die Theologie bearbeitet, empfängt sie auch durch die Kirche". Dem mit dem Vorwurf zu begegnen, man wolle "hinter das Zweite Vatikanum zurück", sei "wirklich böswillig", so Tück: "Denn wir stehen beide, wenn auch auf unterschiedliche Weise, für Theologien ein, die dialogisch sind. Wir wollten keine Bastion bauen. Ganz im Gegenteil."
Wo es tatsächlich aktuell Gefahren einer Bastion-Bildung gebe, sei die Debatte um den Neo-Integralismus auch in Österreich, führte Tück aus. Dieser stelle eine "krude Vereinnahmung des Christentums" dar, die "aus theologischer Sicht hoch problematisch" sei. "Da geht man implizit hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurück - in Richtung katholischer Staatskonzepte, wie sie etwa die Piusbruderschaft immer noch vertritt. Und genau hier muss man klar dagegenhalten: Die Kirche hat sich auf dem Konzil ausdrücklich zu den modernen Standards der Religions- und Gewissensfreiheit bekannt - und das auch offenbarungstheologisch begründet. Es kann also heute nicht mehr darum gehen, neue katholische Staatlichkeit zu entwerfen, die der Kirche selbst dient. Das wäre nicht nur theologisch bedenklich, sondern würde auch ökumenisch neue Probleme schaffen."
Der Podcast "Diesseits von Eden" ist ein 2021 gestartetes Projekt der Theologischen staatlichen Fakultäten in Österreich und Südtirol sowie der Katholisch-Theologischen Universität Linz. Inzwischen sind über 80 Folgen erschienen. (Aktuelle Folge zum Nachhören und Nachlesen: https://diesseits.theopodcast.at/gott-theologie-oeffentlichkeit-koertner-tueck)
Quelle: kathpress