
Wien: Neuer Audio-Guide bietet interreligiöse Stadtführung
Eine besondere Art der Stadtführung durch Wien bietet ein neuer Audio-Guide: Unter dem Titel "Exploring Vienna's Religious Tapestry" (etwa: "Den religiösen bunten Fleckerlteppich Wiens erkunden") führt der Audio-Guide zu 20 Stationen in der Wiener Innenstadt, anhand derer die historisch gewachsene religiöse Vielfalt der Stadt gezeigt und erzählt wird. Der Guide, der kostenlos heruntergeladen werden kann, aktuell allerdings nur auf Englisch verfügbar ist, wurde von Theologinnen und Theologen sowie Religionswissenschaftlern der "Vienna Doctoral School of Theology and Research on Religion" (VDTR) erstellt.
"Wien war immer schon ein Ort, an dem unterschiedliche Kulturen und Religionen zusammenkamen. An der Schnittstelle von Ost- und Westeuropa und als frühere Hauptstadt des multi-ethnischen Habsburger Reiches, hat Wien eine lange und reiche religiöse Geschichte", die geprägt sei von interreligiösem Austausch, Migrationserfahrungen und Säkularisierung, heißt es dazu auf der Website der VDTR. Die im Rahmen der Tour präsentierten Orte und ihre Geschichten seien zugleich Gegenstand theologischer und religionswissenschaftlicher Forschungen der Mitglieder der VDTR.
Der Guide umfasst 20 Stationen und richte sich "an ein interessiertes Publikum", erklärte die Religionswissenschaftlerin und Koordinatorin der VDTR, Katharina Limacher, gegenüber ORF Topos. Religionswissenschaftliche Vorkenntnisse seien jedenfalls nicht erforderlich. Die Tour beginnt mit der Votivkirche gleich neben dem Hauptgebäude der Universität Wien und führt dann über die "Zum Hayden Schuss" benannte Figur bzw. einem "Heidenschuß" benannten Straßenstück, das den Platz Am Hof mit der Freyung verbindet, über den Judenplatz, das Cafe Korb, den jüdischen Stadttempel, den Stephansdom, die Lutherische Stadtkirche bis hin zum Cafe Central. Auch markante Orte, die mit buddhistischen, orthodoxen und islamischen Aspekten oder dem Mithraskult zusammenhängen, werden vorgestellt.
Die Stationen werden dabei nicht nur in ihrer historischen Bedeutung vorgestellt, sondern auch mit einem Blick auf die jüngere Geschichte - so etwa, wenn im Beitrag zur Votivkirche auch erwähnt wird, dass sich dort 2012 eine Gruppe von Asylwerbenden einrichtete, um gegen die Bedingungen im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen zu protestieren.
Bei fast jeder Station würden auch "ungewöhnliche Informationen" geboten, heißt es im Topos-Beitrag. Die gelte auch für den Judenplatz, wo bereits im 13. Jahrhundert die erste jüdische Gemeinschaft in Wien angesiedelt war. Angesichts des den Platz heute dominierenden Mahnmals für die jüdischen Opfer der Schoah werde ein antisemitisches Relief aus dem 15. Jahrhundert leicht übersehen, das hoch oben auf dem Haus Nummer zwei angebracht ist: Unter der Abbildung der Taufe Christi ist eine antijüdische lateinische Inschrift zu lesen. Das Relief verweist auf die "Wiener Gesera", die planmäßige Vernichtung jüdischer Gemeinden auf Befehl Herzog Albrechts V. durch Zwangstaufe, Vertreibung oder Hinrichtung. "Bei dem Relief fehlt bis heute eine erklärende Tafel, erst der Audio-Guide ergänzt diese Information", würdigt der ORF-Topos-Beitrag die Leistung des Guides.
(Kostenloser Download des Audio-Guides unter https://izi.travel/de/browse/ece3e72b-d92f-48fb-8ae2-2a01c45e5607)
Quelle: kathpress