
Wien: Kardinal Turkson eröffnet Klima-Gipfel mit Aufruf zu Solidarität
Mit einem Appell, im Kampf gegen die Klimakrise solidarisch zusammenzustehen und gemeinsam "neue Visionen" für einen nachhaltigen Umgang mit der Schöpfung zu entwickeln, hat Kardinal Peter Turkson am Donnerstagvormittag in Wien einen internationalen Klima-Gipfel eröffnet. Der zweitägige Gipfel unter dem Titel "From Climate Crisis to Climate Resilience in Europe at Local and Regional Levels" wird gemeinsam von den Päpstlichen Akademien der Wissenschaften (PAS) und der Sozialwissenschaften (PASS) mit europäischen Partnern in die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) durchgeführt. Ziel ist es, Strategien für Klimaanpassung und Resilienz auf lokaler und regionaler Ebene zu entwickeln.
Eine Bekämpfung der Klimakrise sei ein komplexes Unterfangen, das nicht allein in der Reduktion von Emissionen besteht, sondern auf gesellschaftliche Transformation insgesamt zielt, betonte Turkson, der der PASS und der PAS als Kanzler vorsteht. Insofern sei der Kampf gegen die Klimakrise stets auch eine Frage von sozialer Gerechtigkeit und Solidarität mit den besonders unter dem rasanten Wandel leidenden Menschen. Es brauche einen Austausch darüber, wie eine nachhaltige Gesellschaft aussehen und wie man gemeinsam die "Heilung" der Schöpfung voranbringen könne. Diesem Austausch würde die Serie an Gipfeln dienen, die die Päpstlichen Akademien aktuell in aller Welt durchführen - und wo auch Wien mit seiner "wichtigen Brückenfunktion zwischen Ost und West" eine zentrale Rolle spiele.
Grußworte sprachen außerdem ÖAW-Präsident Heinz Faßmann, der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, der Präsident der PAS, Joachim von Braun, sowie der Leiter der Sektion Klimaschutz im zuständigen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft, Jürgen Schneider. Seitens der Katholischen Kirche in Österreich nahmen an der Tagung u.a. Kardinal Christoph Schönborn, Militärbischof Werner Freistetter, der Wiener Weihbischof Franz Scharl, der Umweltbeauftragte der Erzdiözese Wien, Markus Gerhartinger, sowie die Leiterin der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO), Anja Appel, teil.
Faßmann und Ludwig unterstrichen beide die Leistungen, die in Österreich auf verschiedenen Ebenen im Blick auf den Klimaschutz erbracht werden: auf Seiten der ÖAW werde in vielen Projekten an neuen Konzepten in Wirtschaft, Verkehr, Energieproduktion, Städtebau und Wärmegewinnung gearbeitet, so Faßmann. Wichtig sei dabei, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Bevölkerung zu tragen und so eine transformative Dynamik zu entfalten. Bürgermeister Ludwig verwies auf die "Vorreiterrolle", die Wien in den Bereichen "Stadtresilienz und Nachhaltigkeit" unter den europäischen Großstädten einnehme. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 werde konsequent verfolgt. Dem diene ein eigener "Klimafahrplan", der vom Ausstieg aus Gas über thermische Sanierungen bis zu Projekten zur Verbesserung des Stadtklimas reiche. Vorreiter sei Wien auch im Bereich des öffentlichen Verkehrs.
Von allen wurde gleichermaßen betont, dass das Konzept "MAST - Mitigation, Adaptation, Societal Transformation" zentral für das zu erreichende Ziel sei: Emissionen reduzieren, Anpassungen umsetzen und gesellschaftliche Transformation fördern. Dabei komme gerade der jungen Generation eine bedeutende Rolle zu, betonte auch PAS-Vorsitzender Joachim von Braun in seinen Grußworten. "Wir müssen viel mehr noch über das Thema der gesellschaftlichen Transformation kommunizieren und Kooperationen suchen. Es geht nicht nur um Einsparungen von CO2, sondern darum, Gesellschaft resilient umzubauen - und zwar begleitet von Wissenschaft, in Solidarität und mit moralischem Mut", so von Braun.
Seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft, unterstrich Sektionsleiter Jürgen Schneider die besondere Dringlichkeit, die es in Österreich im Blick auf den Klimawandel gebe. Schließlich sei die Erwärmung hier mit zuletzt 3,1 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit rund doppelt so hoch wie das gesteckte 1,5-Grad-Ziel. Dies könne nur "mit evidenzbasierter Politik" bekämpft werden. Dazu zähle auch, dass man österreichweit am Ziel der Klimaneutralität bis 2040 festhalte. Er sei zuversichtlich, so Schneider, dass dieser zuletzt im Zuge eines geleakten Gesetzesentwurfs heiß diskutierte Punkt im künftigen Gesetz aufgenommen werde.
Konkrete Optionen erarbeiten
In den Panels und Workshops der Konferenz sollen regionale Herausforderungen diskutiert werden. Diese reichen vom Abschmelzen der Gletscher und der Veränderung alpiner Ökosysteme über Risiken für Küstenzonen an Nordsee, Ostsee und Mittelmeer, die Folgen für Landwirtschaft, Ernährungssysteme und Bioökonomie bis hin zu Gesundheitsaspekten wie Hitzeschäden, Atemwegserkrankungen oder psychischen Belastungen durch "Klimaangst".
Am Ende des Wiener Gipfels sollen konkrete Optionen für regionale Anpassungsstrategien, Impulse für städtische und regionale Aktionspläne sowie Beiträge für die internationalen Klimakonferenzen (COPs) erarbeitet werden. Die Ergebnisse fließen in die Vorbereitungen eines globalen Vatikan-Abschlussgipfels 2026 ein, bei dem ein "Universal Protocol for Climate Resilience" verabschiedet werden soll. Bisher fanden die Gipfel im Vatikan (Mai 2024), Kalifornien (Februar 2025), Massachusetts (März 2025) und in Kenia (Juni 2025) statt. Nach Wien ist noch ein Gipfel im Oktober in Brasilia geplant.
Die Organisatoren - neben den Vatikan-Akademien auch die Bertelsmann Stiftung, die ÖAW und der europäische Akademienverbund EASAC - betonen, dass Resilienz nicht nur technologische oder politische Maßnahmen erfordere, sondern auch gesellschaftliche Veränderungen. "Es geht nicht allein um das Überleben, sondern darum, zu gedeihen und in einer nachhaltigen Lebensweise zu wachsen", heißt es im Einladungstext. (Allgemeine Informationen zu den "Climate Resilience Summits": https://www.pas.va/en/events/2025/climate_resilience_summits.html / Detailprogramm Tagung in Wien: https://www.pas.va/content/dam/casinapioiv/pas/pdf-vari/2025-Vienna-Summit-final.pdf)
Quelle: kathpress