
Hilfswerke fordern Behandlung von Gaza im Ministerrat
Den dringenden Einsatz für einen "sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand" in Gaza haben vier dort tätige österreichische Hilfswerke von der Bundesregierung gefordert. Der Ministerrat müsse das Thema auf die Agenda setzen, um von österreichischer Seite alle denkbaren Maßnahmen - politisch, diplomatisch und wirtschaftlich - zu einer Beendigung des Krieges in die Wege zu leiten, forderten Caritas, Diakonie, Ärzte ohne Grenzen und SOS Kinderdorf am Mittwochmorgen in einer gemeinsamen Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt in Wien. "Schweigen ist keine Option - die Politik muss jetzt handeln", sagte Caritas-Vizepräsident Alexander Bodmann, der für konkrete Schritte ausreichend Rückhalt in der Gesellschaft sieht.
Die geforderten Punkte der Agenda, die die Organisationen in Form eines überdimensionalen Klemmbretts an die Bundesregierung übermittelten, umfassen unter anderem Maßnahmen gegen Hunger und einen sofortigen Stopp des "tödlichen Verteilsystems der Gaza Humanitarian Foundation": Letzteres habe bereits über 2.000 Menschen bei der Suche nach Lebensmittelhilfe den Tod gekostet, unterstrich Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. Auch die Blockade von Hilfslieferungen in den Gazastreifen müsse beendet werden.
Auch den Schutz der Zivilisten, von medizinischen oder humanitären Helfern, von Journalisten, Patienten und Gesundheitseinrichtungen fordern die Hilfswerke ein. Laura Leyser von Ärzte ohne Grenzen verwies darauf, dass derzeit nur noch 18 von 36 Krankenhäusern in Gaza überhaupt noch Patienten versorgen könnten, und auch dies nur mit erheblichen Einschränkungen, da es an Medikamenten, medizinischer Ausstattung und Energie für lebensrettende Geräte fehle. 15.600 Menschen würden derzeit laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO auf eine medizinische Evakuierung aus Gaza für eine meist lebensrettende Behandlung warten, darunter 4.500 Kinder.
"Österreich kann Leben retten, doch das braucht mehr als Worte. Die Bundesregierung muss endlich ins Handeln kommen", so der besonders an Bundeskanzler Christian Stocker, Vizekanzler Andreas Babler und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger gerichtete Appell. Auch im bilateralen Bereich sowie in den Vereinten Nationen müsse Österreichs Stimme klar vernehmbar sein, auch damit das humanitäre Völkerrecht wieder gewahrt werde. Auch auf eine sofortige Freilassung der Geiseln und willkürlich Inhaftierten drängen die Organisationen in ihrem Aufruf.
Helferin schildert katastrophale Zustände
Erst am Dienstag hatte eine vor Ort in Gaza tätige Expertin einer Caritas-Partnerorganisation in einem Pressegespräch unter anderem gegenüber Kathpress auf die verheerende Situation der Bevölkerung und der Helfer im nun schon seit fast zwei Jahren umkämpften Gebiet hingewiesen. Die Bodenoffensive zerstöre Infrastruktur und erschwere die Versorgung mit Nahrung, Wasser und Medikamenten massiv. Die Luftbrücke sei eingestellt, Abwürfe hätten ohnehin kaum geholfen. Eine Grenzöffnung für Hilfstransporte sei dringend nötig.
Auch bei erteilten Genehmigungen gebe es laut der Expertin massive Hürden: komplizierte Zollabwicklungen und ständig wechselnde Vorschriften blockierten Lieferungen. Viele Hilfsgüter blieben wochenlang in Ägypten oder Jordanien hängen. Besonders im Süden sei kaum noch Zugang möglich, im Norden gelten weite Teile als Evakuierungszonen. Die Lage sei vielerorts völlig unhaltbar.
Die Helfer selbst seien ebenfalls betroffen. Viele hätten stark an Gewicht verloren und seien auf Hilfe angewiesen. Menschen müssten oft mehrfach fliehen und lebten in Notunterkünften. Die medizinische Versorgung sei zusammengebrochen, sauberes Wasser Mangelware. Besonders Kinder, Alte und Kranke litten extrem unter den Bedingungen.
Quelle: kathpress