
Kardinal Turkson: "Kenne auch Bischöfe, die den Klimawandel leugnen"
Kurienkardinal Peter Turkson sieht in der Weltkirche Licht und Schatten beim Thema Ökologie. Er kenne auch Bischöfe und Priester, die den Klimawandel leugnen, sagte er im Interview der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (aktuelle Ausgabe; Mittwoch). Zugleich würden sich viele auch mit Leidenschaft für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Turkson zeigte sich überzeugt: "Ein Christ, der die Schöpfung nicht achtet oder gar ausbeutet, lebt nicht im Einklang mit seinem Glauben."
Turkson sprach Ende vergangener Woche als Kanzler der beiden Päpstlichen Akademien für Wissenschaften und für Sozialwissenschaften bei der vatikanischen Konferenz "Von der Klimakrise zur Klima-Resilienz" in Wien. Die Tagung fand in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften statt.
Im "Sonntag"-Interview erläuterte der Kardinal u.a. die Vorgeschichte der Tagung: Im Mai 2024 organisierte die Päpstliche Akademie der Wissenschaften in Rom eine erste Veranstaltung. "Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, Staatsoberhäupter einzuladen, sondern wir konzentrierten uns auf die Lokalebene: auf Bürgermeister, regionale Verantwortliche in der Verwaltung und Klimaaktivisten", so der Kardinal. Es sei darum gegangen, Menschen einzubeziehen, die für politische Maßnahmen und deren Umsetzung verantwortlich sind. "Das Ziel war, konkrete Maßnahmen, Aktivitäten zu zeigen und nicht nur akademische Diskussionen. (...) Wir wollten deutlich machen, dass Gespräche über Klima und insbesondere Klimaresilienz nicht nur für die Schublade gedacht sind, sondern zur Umsetzung führen müssen." Diese Initiative werde nun in Wien fortgesetzt.
Die Klimakrise betreffe die ganze Welt, so Turkson: "Die zentrale Botschaft, die wir verbreiten, lautet: Wenn Menschen über globale Erwärmung und Klimawandel sprechen, denken sie oft nur an lokale Anpassung oder Schadensbegrenzung. Aber die Enzyklika Laudato Si' spricht vor allem von Veränderung - von Umkehr, von einem Wandel des Herzens." Es gelte, die eigene Haltung gegenüber vielen Dingen zu ändern, um den Klimawandel wirklich zu bewältigen. "Deshalb setzen wir auf Anpassung, Schadensbegrenzung - aber auch auf gesellschaftlichen Wandel."
Die Enzyklika Laudato si' von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015 sei kein rein religiöser Text. Das Schreiben vereine wissenschaftliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Perspektiven. Turkson: "Die Glaubwürdigkeit des Dokuments ist unbestritten. Aber macht das auch jene glaubwürdig, die es vertreten? Teils ja, teils nein. Ich kenne Bischöfe und Priester, die den Klimawandel leugnen und das Thema für irrelevant halten. Aber ich kenne auch viele junge Menschen, die sich mit Leidenschaft für den Klimaschutz einsetzen. Es gibt also beides: Ignoranz und Engagement."
Ökologie von zentraler Bedeutung
Die Frage der Ökologie sei für gläubige Menschen von zentraler Bedeutung, so der Kardinal: "Wer an Gott glaubt, glaubt an den Schöpfer. Und wer Gott als Schöpfer verehrt, kann nicht gleichzeitig seine Schöpfung missachten oder zerstören." Zudem sei die Schöpfung selbst ein Lobpreis Gottes: "Wir Gläubige verwenden diese Sprache, um Gott zu verehren." Drittens sei die gesamte Liturgie durchdrungen von Elementen der Schöpfung: "Womit taufen wir? Mit Wasser - einem Geschenk der Natur. Woraus besteht die Eucharistie? Aus Brot und Wein - ebenfalls Früchte der Erde. Unsere Sakramente sind tief mit der Schöpfung verbunden. Wie könnten wir also diese Elemente nutzen, um Gott zu verehren, und gleichzeitig die Schöpfung gering schätzen?"
Es gelte, wirtschaftliche Interessen und ökologische Verantwortung in Balance zu bringen. "Es darf nicht sein, dass das Streben nach Profit die Lebensgrundlagen zerstört", so Kardinal Turkson: "Wir brauchen beides: eine funktionierende Wirtschaft und eine intakte Umwelt. Aber das eine darf nicht auf Kosten des anderen gehen."
Quelle: kathpress