
Bischof Glettler: "Heute dem Frieden dienen"
Zu einem klaren Bekenntnis für Frieden und Versöhnung hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler aufgerufen. "Wir alle sind verpflichtet, heute dem Frieden zu dienen", so der Bischof im Rahmen der Feier zum 100-Jahr-Jubiläum der Kriegergedächtniskapelle in Lienz am Montagabend. Die Kapelle wurde am 8. September 1925 geweiht und vom österreichischen Maler Albin Egger-Lienz gestaltet. Dessen Fresken und das Altarbild mit dem schwächlichen, verletzlichen Auferstandenen hätten bewusst auf heroische Verklärung verzichtet, sondern Krieg und Leid schonungslos dargestellt, verwies Glettler auf den damaligen Skandal.
Die Bildwerke des Künstlers hatten 1925 zu scharfen Kontroversen und sogar zu einem römischen Interdikt geführt. "Diese Unbehaglichkeit empfinden auch viele heute noch", sagte Glettler, der dazu aufrief, die Gemälde und Fresken "als Gnade - als Inspiration, um noch leidenschaftlicher an die Gegenwart des Auferstandenen zu glauben, der uns an jedem Tag mit seinem Frieden überrascht und mit seinem Geist befähigt, selbst Friedensstifter zu werden" zu betrachten.
Bis heute würden die "aufrüttelnden Fresken im Bewusstsein der Abgründe von Leid und Sinnlosigkeit" Krieg nicht romantisieren: "Die schonungslose Ehrlichkeit des Bildes war wohl die Provokation - zeigt es doch nicht den glorreichen 'Herrgott', sondern ein Opfer, das durch unendliches Leid hindurch gegangen ist. Der Auferstandene von Egger-Lienz ist ein Affront für alle, die das Bild eines Helden sehen möchten".
Glettler, in der Österreichischen Bischofskonferenz u.a. für die Agenden Kunst und Kultur zuständig, nannte die von Albin Egger-Lienz gestaltete Kriegergedächtniskapelle "ein Meisterwerk österreichischer Sakralkunst und ein kulturelles Wahrzeichen Osttirols!". Und weiter: "Gerade in einer Zeit multipler Krisen und existenzieller Verunsicherungen steht uns die Lienzer Gedächtniskapelle als ein universales Zeichen für Frieden und Versöhnung vor Augen." Die Kapelle sei 1925 in einer Zeit eingeweiht worden, in der die Erste Republik "noch jung und politisch fragil" gewesen sei. Zwar sei die Demokratie formal etabliert gewesen, aber noch ideologisch umkämpft; auch die wirtschaftliche Lage sei angespannt gewesen. In diesen Zeiten habe es einen sinnstiftenden Ort "der religiösen und kulturellen Selbstvergewisserung" gebraucht.
Gegen "Logik der Aufrüstung"
Der Innsbrucker Bischof ging auch auf die aktuelle weltpolitische Lage ein, in der "die Logik der Aufrüstung nahezu kritiklos akzeptiert wird, nicht zuletzt bestärkt durch die weltweiten Aktienerfolge". Es gäbe aber auch widersprüchliche Situationen, wie den "berechtigten Verteidigungskrieg" der Ukraine. "Und dennoch: Dringender als Waffen braucht es eine Investition in die 'Friedenstüchtigkeit' von uns allen", so Glettler. Anknüpfend an die biblischen Seligpreisungen rief Glettler dazu auf, dem Geist der Versöhnung Raum zu geben und der Sehnsucht nach einer Welt ohne Krieg zu folgen: "Schwerter werden zu Pflugscharen und sie erlernen nicht mehr den Krieg."
Quelle: kathpress