
Armutskonferenz und Caritas warnen vor Mängeln in Sozialhilfe
Auf gravierende Probleme in der Sozialhilfe haben am Freitag Armutskonferenz und Caritas hingewiesen. Die Armutskonferenz kritisierte in einer Stellungnahme "vergessene und verschwiegene Probleme" wie das Fehlen einer funktionierenden Soforthilfe, untragbare Wohnkosten, fehlende Definitionen für Alleinerziehende, Schikanen für Menschen mit Behinderungen sowie zu lange Entscheidungsfristen in den Ämtern. Caritaspräsidentin Nora Tödtling-Musenbichler äußerte sich in ihrer Funktion als Direktorin der steirischen Caritas besorgt über ein neues steirisches Sozialhilfegesetz und warnte vor Kürzungen, "denn die vorgesehenen Kürzungen sind ein Angriff auf das Existenzminimum vor allem von Familien, Frauen und Kindern".
Der Vorschlag des Bundeslands Steiermark sei in Anbetracht, "dass die Bundesregierung ein einheitliches Sozialhilfegesetz mit bundesweit einheitlichen Regelungen und einer Kindergrundsicherung plant", vorschnell, kritisierte Tödtling-Musenbichler in einer Stellungnahme. Der Entwurf ging am Freitag in Begutachtung und soll spätestens mit 1. März 2026 in Kraft treten. Vorgesehen sind u.a. die Kürzung der Sozialhilfe um bis zu 100 Prozent, wenn Pflichten mehrfach nicht erfüllt werden; weiters sind Geld- und Freiheitsstrafen geplant.
58 Prozent der Bezieher seien Kinder, gesundheitlich beeinträchtigte oder betreuungspflichtige Menschen. Diese Gruppen könnten keiner Arbeit nachgehen, daher brauche es "konkrete, verbesserte Angebote - eine echte Brücke von der Sozialhilfe ins Arbeitsleben", betonte die Direktorin der Caritas Steiermark. "Die Sozialhilfe darf nicht zur Armutsfalle werden", mahnte Tödtling-Musenbichler.
Kürzungen seien zudem kaum budgetwirksam, für Betroffene jedoch existenzgefährdend. "Daher ist es notwendig, sicherzustellen, dass die Sozialhilfe weiterhin ein Netz bleibt, das Menschen in Not wirklich zuverlässig auffängt und auch unterstützt", so Tödtling-Musenbichler.
Armutskonferenz: Lücken und Mängel bei Sofort- und Sozialhilfe
Das österreichweite Netzwerk "Armutskonferenz" bezeichnete die Soforthilfe als "weitgehend totes Recht". Behörden müssten bei Notlagen von Amts wegen handeln, auch Überbrückungshilfe bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung sei notwendig. Fehlende einheitliche Definitionen führten dazu, dass Alleinerziehenden-Zuschläge in manchen Bundesländern entfielen, obwohl weiter Unterhaltspflichten bestünden.
Kritik übte die Armutskonferenz auch daran, dass Wohnbeihilfen von der Sozialhilfe abgezogen würden und so Mittel für den Lebensunterhalt fehlten. Für Menschen mit Behinderungen sei es problematisch, dass volljährige Betroffene ihre Eltern auf Unterhalt klagen müssten, wenn sie in eine eigene Wohnung ziehen. Verbesserungen forderte das Netzwerk zudem beim Vollzug: eine einmonatige Entscheidungsfrist statt der derzeitigen drei, verpflichtende Begründungen bei Kann-Leistungen sowie niederschwellige Verfahren mit digitalen und analogen Antragswegen und verständlichen Bescheiden.
"Wer von einer Reform der Sozialhilfe spricht, darf zu diesen Missständen und Problemen in den Bundesländern nicht schweigen", so die Armutskonferenz wörtlich über "das einseitige und unausgewogene Reden über das untere soziale Netz der letzten Monate".
Die Armutskonferenz besteht seit 1995 als Netzwerk von über 40 sozialen Organisationen sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen.
Quelle: kathpress