Was macht eine Galeere auf einer Weinviertler Burgruine?
In der Weinviertler Burgruine Falkenstein erwartet die erstaunten Besucher eine originalgetreue Nachbildung einer Galeere, wie sie im 16. Jahrhundert bei Seeschlachten im Mittelmeer Verwendung fand. Was es mit dem seltsamen Unikat hoch oben auf einem Felsen und weit weg von jeglichem Gewässer auf sich hat, erzählt der Historiker Reinhold Eichinger vom Bund Evangelikaler Gemeinden in einer neuen Folge des Religionspodcasts "Wer glaubt, wird selig", in der es um die christliche Täuferbewegung geht. Die Täuferbewegung des 16. Jahrhunderts bildet die historische Wurzel für die heutigen Freikirchen.
2025 jährt sich zum 500. Mal die "Geburtsstunde" der Täuferbewegung, des dritten Flügels der Reformation. In Zürich vollzogen im Jänner 1525 u.a. Konrad Grebel, der einige Jahre zuvor in Wien studiert hatte, und Felix Mantz die erste Glaubenstaufe. Die Täufer vertraten die Auffassung, dass nur die von mündigen Christen begehrte und an ihnen vollzogene Taufe dem Neuen Testament entsprechen würde. Die Taufe unmündiger Kinder lehnten sie ab. Von ihren Gegnern wurden sie bald negativ als "Wiedertäufer" bezeichnet und von den staatlichen Obrigkeiten grausam verfolgt, in die Flucht getrieben und zu Tausenden hingerichtet.
Ausgehend von der Schweiz verbreitete sich die Bewegung trotzdem über ganz Europa, schon nach kurzer Zeit auch in Österreich und in Mähren. Die südmährische Grafschaft Nikolsburg war eines der wenigen Refugien für viele tausend Täufer, die aus ganz Österreich dorthin flohen und täuferische Gütergemeinschaften - die Hutterischen Bruderhöfe - gründeten. Die Region wurde bald auch - negativ konnotiert - "Ketzerwinkel" genannt.
Reinhold Eichinger hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Geschehnisse jener Zeit zu informieren. Zum Beispiel in der Burgruine Falkenstein, wo von Eichinger und Mitstreitern das "Täufergwölb" eingerichtet wurde: Ein kleines Museum, das von der Gefangennahme und Einkerkerung von rund 150 Täufern im Jahr 1539 berichtet. Im Burghof wurde der Rumpf einer maßstabsgetreuen Galeere ausgestellt. Das Schiff wurde 2010/2011 von der HTL-Mödling gebaut.
Bei einem Geheimtreffen im Jahr 1539 wurden zahlreiche Täufer von kaiserlichen Truppen festgenommen und im Kerker auf Burg Falkenstein inhaftiert. Trotz Folter blieben die Männer standhaft und ließen nicht von ihrem Glauben ab. 90 Täufer wurden schließlich 1540 zur Galeerenstrafe verurteilt, letztlich einer besonders grausamen Form der Todesstrafe, so Eichinger. Die kaiserliche Flotte brauchte im Kampf gegen die Osmanen Galeerensklaven, die auf den Schiffen der sichere Tod erwartete. Die Frage war nur: wann und wie? - Durch Krankheit und/oder Erschöpfung oder in der Schlacht. Im "Täufergewölb" sind zahlreiche Briefe der Verurteilten nachzulesen, die sich auf den Todesmarsch von Falkenstein nach Triest machten. Dort angekommen, gelang vielen von ihnen allerdings die Flucht.
Immer wieder kam es im Ketzerwinkel und auch anderswo zu Verfolgungen, trotzdem konnten sich die Täufer in der Region lange halten. In Mähren lebten schließlich rund 20.000 Täufer, Bruderhöfe der Hutter gab es aber auch im Weinviertel, das auch "Ketzerwinkel" genannt wurde. Die Täufer wurden im 16. Jahrhundert immer wieder unterschiedlich lang und intensiv verfolgt, unter Kaiser Ferdinand II. mussten sie schließlich 1625 entweder zur katholischen Kirche konvertieren oder auswandern. Viele wählten die zweite Option.
Die Hutterer zogen weiter bis nach Russland, viele emigrierten später in die USA, nach Kanada oder Paraguay. Die Täuferbewegung (Mennoniten, Hutterer, u.a.) ist der Vorläufer der heutigen Freikirchen. Diese umfassen nach eigenen Angaben weltweit rund 680 Millionen Christen. Heute leben beispielsweise noch etwa 50.000 Hutterer in den USA und in Kanada auf großen Höfen mit bis zu 100 Bewohnern.
Über die Geschichte der Täufer in Österreich informiert auch das Täufermuseum Niedersulz im Museumsdorf Niedersulz, an dessen Entstehung und Betrieb Reinhold Eichinger federführend beteiligt war und ist. Auch darüber kommt er im Podcast ausführlich zu sprechen. Eichinger ist u.a. auch Vorsitzender des Hutterischen Geschichtsvereins. Am Sonntag, 5. Oktober, gibt es im Museumsdorf einen Täuferthementag mit besonderem Programm. (Infos: ww.taeufer.net)
"Gegen den Strom"
Am Freitag, 24. Oktober, laden die heimischen Freikirchen zu einem internationalen Symposion (14 Uhr, Curhaus, Stephansplatz 3, 1010 Wien). Das Symposion steht unter dem Generalthema "Gegen den Strom: 500 Jahre reformatorische Täuferbewegungen". Veranstalter sind die Freikirchen in Österreich in Kooperation mit dem Forum "Geschichtsaufarbeitung" im "Weg der Versöhnung". Beim Symposion werden nationale und internationale Expertinnen und Experten verschiedene historische und aktuelle Aspekte der Täuferbewegung und der Freikirchen beleuchten. U.a. wird Reinhold Eichinger über die heimische Erinnerungskultur in den Freikirchen sprechen.
Die seit 2013 staatlich anerkannten "Freikirchen in Österreich" umfassen alle Kirchengemeinden, die dem Bund der Baptistengemeinden in Österreich, dem Bund Evangelikaler Gemeinden in Österreich, den Elaia Christengemeinden, der Freien Christengemeinde-Pfingstgemeinde in Österreich oder der Mennonitischen Freikirche Österreich angehören. Insgesamt wird die Zahl der Mitglieder der Freikirchen auf mehr als 40.000 geschätzt. Offizieller Ansprechpartner des Bündnisses ist der "Rat der Freikirchen in Österreich", in dem die fünf Leitungspersonen der Freikirchen vertreten sind. Laut Statut wechselt der Vorsitz alle zwei Jahre. Auch Reinhold Eichinger war bereits Ratsvorsitzender des Bündnisses. (Infos: www.freikirchen.at)
Der von der ökumenischen Radioagentur Studio Omega produzierte Religionspodcast ist auf der Website der katholischen Kirche in Österreich (www.katholisch.at), auf www.studio-omega.at, auf https://studio-omega-der-podcast.simplecast.com sowie auf iTunes, allen Smartphone-Apps für Podcasts und auf Spotify abrufbar.
Quelle: kathpress