
Polak: "Pfarrnetzwerk Asyl" gibt Österreich Grund zur Hoffnung
Mit einem Plädoyer für Menschlichkeit und kirchlichen Einsatz für Geflüchtete hat am Samstag das "Pfarrnetzwerk Asyl" in der Kirche St. Florian in Wien-Margareten sein 15-jähriges Bestehen gefeiert. "Es werden Tage kommen, da wird man sich erinnern, was in diesen Jahren geschehen ist", würdigte dabei die Religionssoziologin Regina Polak den Einsatz der Beteiligten in dem ökumenischen Netzwerk von Pfarren, das 2010 mit einem konkreten Bleiberechtsfall in einer Wiener Pfarre begann und mittlerweile zu einem ökumenischen Netzwerk mit 17 Pfarren in Wien und Niederösterreich angewachsen ist.
In einer künftig migrantisch geprägten Gesellschaft werde das heutige Engagement in Pfarren, Kirchen und Zivilgesellschaft Teil der kollektiven Erinnerungskultur sein. Schon jetzt zeige es, "dass Österreich nicht nur Grund zur Scham, sondern auch zur Hoffnung haben kann", sagte Polak im Rahmen eines Podiumsgesprächs mit Lukas Gahleitner-Gertz von der NGO asylkoordination Österreich. Sie würdigte dabei das Pfarrnetzwerk als einen Ort, an dem sich das biblische Zeugnis konkret verwirkliche.
Polak betonte, dass christliches Engagement für Geflüchtete nicht als "linkspolitisch" abqualifiziert werden dürfe. "Das ist katholische Sozialethik pur, keine politische Mode", unterstrich die Theologin. Gerade angesichts der Polarisierung gelte es, auch konservative Stimmen zurück ins Boot zu holen, um der Vereinnahmung des Themas durch autoritäre Kräfte entgegenzuwirken. "Es geht um Menschen. Und es geht um eine Zukunft, in der wir hier friedlich miteinander leben wollen."
Gahleitner-Gertz stellte eine verzerrte öffentliche Debatte über Migration fest. "Es gibt wohl keinen Bereich, in dem die Diskrepanz zwischen Meinung und Wissen so groß ist", so der Sprecher von asylkoordination Österreich. Trotz historisch niedriger Zahlen in der Grundversorgung dominierten Übertreibungen im politischen Diskurs. Der Jurist forderte mehr Sachlichkeit: "Geflüchtete sind keine besseren, aber eben auch keine schlechteren Menschen. Sie sind einfach Menschen." Auch die politische Aushebelung geltenden Rechts wie etwa bei der Familienzusammenführung sei nicht hinnehmbar.
Herz für Flüchtlinge ist menschlich
Zum Auftakt des Jubiläums wurde ein ökumenischer Wortgottesdienst gefeiert, mit Weihbischof Franz Scharl und Seelsorgern der beteiligten Gemeinden. In einem symbolischen Bild wurde das Pfarrnetzwerk Asyl als "in unsere brüchige Wirklichkeit eingewebtes Netzwerk" beschrieben, vergleichbar mit einem tragfähigen Geflecht, das Geflüchteten Schutz und Halt bietet. Auf Farsi und Ukrainisch vorgetragene Bibeltexte erinnerten daran, dass Fremde im Alten Testament keine Bittsteller, sondern Träger gleichberechtigter Rechte waren. In den Fürbitten wurde unter anderem für Menschen auf der Flucht und ihre Helfer gebetet.
Präsentiert wurde bei der Feier auch eine Festschrift, in der Kardinal Christoph Schönborn das Pfarrnetzwerk Asyl als Ort "der Nächstenliebe, der Begegnung und des Glaubens" gewürdigt hatte. In seinem Grußwort verwies er auf seine eigene Fluchterfahrung als Kind und rief zur Menschlichkeit auf: "Ein Herz für Flüchtlinge zu haben, gehört zur Menschlichkeit. Es kann auch unser Schicksal werden." Auch der evangelische Bischof Michael Chalupka unterstrich die Bedeutung der Initiative, die "täglich das Evangelium verkündet" durch konkrete Unterstützung, gelungene Integration und spirituelle Begleitung.
Der Entsolidarisierung entgegenwirken
Die Initialidee für das Pfarrnetzwerk Asyl entstand aus dem Bedarf nach gegenseitiger Unterstützung in juristischen, sozialen und organisatorischen Fragen der Flüchtlingshilfe von Pfarren. "Wir haben schnell gemerkt, wie schwierig diese Prozesse sind - und dass wir uns gegenseitig unterstützen müssen", erinnerte sich Mitgründerin Roswitha Feige im Rückblick. Über die Jahre sei daraus ein lebendiger und vielfältiger Austausch entstanden. Als weiteres Mitglied des Leitungsteams hob Daniel Vychytil hervor, man wolle in Zeiten zunehmender Entsolidarisierung an einer "menschenfreundlichen Gesellschaft" mitarbeiten. Heinz Weinrad bezeichnete das Fest als Erinnerung, "dass das Eintreten für Geflüchtete weder links noch rechts, sondern einfach gut katholisch ist".
Neben der sozialen Arbeit hat das Netzwerk auch spirituelle Impulse gesetzt. Besonders sichtbar wird das etwa bei der jährlich stattfindenden "Romaria", einem Solidaritätsweg durch Wien, oder beim interreligiösen Totengedenken für auf der Flucht verstorbene Menschen. Auch Formate wie der Online-Adventkalender, der Asyl-Kreuzweg oder das monatliche "Gebet für Gerechtigkeit und Frieden" zeigen, wie christlicher Glaube mit gesellschaftlichem Engagement verbunden werden kann. (Infos: https://pfarrnetzwerkasyl.at/wp/)
Quelle: kathpress