
Tück zu Kickl: "Festung Österreich" steht quer zum biblischen Glauben
In den Chor der Kritiker an der Rede von FPÖ-Chef Herbert Kickl hat nun auch der Wiener Theologe Prof. Jan-Heiner Tück eingestimmt: Er sehe in der Art, wie Kickl den Apostel Paulus aufgreife, nicht nur eine "politische Instrumentalisierung" christlicher Kerngehalte, sondern auch eine Verkehrung der biblischen Botschaft, wenn sie zur Unterfütterung freiheitlicher Projekte diene: "Man muss es klar sagen: Das Projekt einer "Festung Österreich" steht quer zum Universalismus des Evangeliums", schrieb Tück in einem Kommentar auf "communio.de". Auch habe die Engführung des Begriffs "Volk" auf eine ethnisch homogene Größe mit der biblischen Rede vom "Volk Gottes" laut Tück "nichts zu tun", da dieser eine Gemeinschaft der Gläubigen bezeichnet, "die Grenzen von Völkern und Nationen überschreitet".
Die Differenz zwischen Religion und Politik müsse unbedingt beachtet werden, mahnte Tück: "Paulus war kein Politiker, sondern Wandermissionar, der allein auf die Überzeugungskraft des Wortes gesetzt hat". Zudem habe Paulus den Glauben stets an eine "Kultur des Mitleids mit den Schwachen" rückgekoppelt "und nicht für Strategien der Ausgrenzung und Inszenierungen politischer Stärke" benutzt. Das gelte etwa auch für den Islam: Wo dessen Akteure ein Kalifat in Österreich errichten wollen, seien sie "mit allen rechtsstaatlichen Mitteln in die Schranken zu weisen" - aber den Islam "pauschal unter Generalverdacht zu stellen und unverfroren eine 'Remigration' zu fordern, verschärft die Polarisierung anstatt sie zu lindern", so Tück.
Tück weiter: "Die Unterscheidung zwischen Politik und Religion sollte nicht verwischt werden. Sie hält für alle Politiker - nicht nur für Herbert Kickl - die Lektion der Demut bereit." Kein politischer Akteur - "mag er sich auch 'Volkskanzler' oder gar 'Führer' nennen", sei "ein Heilsbringer", erinnerte der Theologe. "Statt die Politik der 'Festung Österreich' religiös zu überhöhen oder sich als unmittelbarer Sachwalter der Theologie des Apostels Paulus zu inszenieren, gilt es, diese Differenz in Erinnerung zu halten. Gerade heute."
Der FPÖ-Chef hatte in seiner Parteitagsrede am Samstag Anleihen beim Apostel Paulus genommen und versprochen, der Bevölkerung "Glaube, Hoffnung und Liebe" zurückzugeben. Kritik an der Rede und an der politischen Instrumentalisierung von Religion übten u.a. der Bischofskonferenz-Vorsitzende Erzbischof Franz Lackner und die Katholische Aktion Österreich (KAÖ). Bereits im Wahlkampf vor der Nationalratswahl im Vorjahr hatten Kirchenvertreter biblische Anleihen im FPÖ-Wahlkampf kritisiert.
(Beitrag von Jan-Heiner Tück im Wortlaut: https://www.herder.de/communio/gesellschaft/moechtegern-volkskanzler-kickl-instrumentalisiert-den-voelkerapostel-paulus-glaube-liebe-hoffnung-und-die-fpoe/)
Quelle: kathpress