
Caritas: Menschen in der Ukraine brauchen weiter Solidarität
"Die Menschen in der Ukraine brauchen unsere Solidarität mehr denn je." - Mit diesem Appell ist Alexander Bodmann, Vizepräsident der Caritas Österreich, von einem Lokalaugenschein aus der Ukraine zurückgekehrt. Die ukrainische Bevölkerung befinde sich nach wie vor in einer "äußerst schwierigen Situation", so Bodmann am Freitag im Interview mit der Austria Presse Agentur (APA). Stark betroffen seien vor allem Kinder und ältere Menschen, die vom Osten in den Westen des Landes geflüchtet sind. Wichtig sei es auch, psychosoziale Hilfe mitzudenken.
Bodmann berichtete zugleich von einem "unglaublichen Durchhaltevermögen" der Menschen. Laut der UNO-Flüchtlingshilfe sind nach aktuellem Stand circa 12,7 Millionen Menschen in der Ukraine auf humanitäre Hilfe angewiesen und 3,8 Millionen innerhalb der Ukraine auf der Flucht.
"Die Solidarität in der Zivilgesellschaft ist ungebrochen groß. Das sieht man zum Beispiel daran, dass sehr viele Menschen im Westen des Landes aufgenommen worden sind", so der Vizepräsident der Caritas Österreich. Es sei aber nach wie vor wesentlich, dass die internationale Hilfe nicht nachlasse. Mit Blick auf den bevorstehenden Winter sei die Gesamtsituation zwar besser als in den vergangenen Wintern, aber Unterstützung werde dennoch dringend benötigt. "Heizmaterialien kosten natürlich Geld und insbesondere jene Menschen, die von Armut betroffen sind, können sich das nicht leisten. Das heißt, die Hilfe muss einfach weitergehen", so Bodmann.
Kinder und ältere Menschen stark betroffen
Besonders betroffen sind nach Bodmanns Einschätzung ältere Menschen, die vom Osten in den Westen geflüchtet sind und versorgt werden müssen. Eine noch größere Gruppe, die stark unter dem Krieg in der Ukraine leidet, sind laut dem Caritas-Vizepräsidenten Kinder. Die Traumatisierung durch beispielsweise tägliche Luftangriffe sei hoch. "Es gibt Kinder, die dann nicht schlafen können, die zu reden aufhören, zu Bettnässern werden und psychische Auffälligkeiten oder auch psychische Erkrankungen entwickeln", berichtet er. Nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe sind circa 1,5 Millionen Kinder von langfristigen psychischen Folgen bedroht. Wichtig sei daher die schrittweise Versorgung und Betreuung von Kindern und Familien, wie es etwa die Caritas in Form von unterschiedlichsten Projekten macht.
Ein wichtiger Aspekt ist laut Bodmann weiters die Förderung einer Arbeitsmarktintegration von jenen Menschen, die in den Westen der Ukraine geflüchtet sind. "Menschen, die arbeitsfähig sind, müssen die Chance erhalten, wieder einen Beruf ergreifen zu können. Bewährt habe sich insofern bereits die Förderung von Start-Ups, "damit die Menschen mit ein wenig Unterstützung wieder auf die eigenen Beine kommen", so Bodmann.
Psychische Belastung werde oft übersehen
Wesentlich ist für den Vizepräsidenten der Caritas Österreich weiters, dass sich Europa auf die Hinterfüße stelle. Man müsse in der derzeitigen Situation, in der die USA ihre Auslandshilfen massiv gekürzt und zum Teil gestrichen haben, die Mittel kurz- und mittelfristig wieder erhöhen.
Es sei in diesem Zusammenhang von Bedeutung, dass bei einer europäischen Sicherheitsstrategie auch die humanitäre Unterstützung eine Rolle spielt. Dieser Aspekt werde in den Diskussionen völlig übersehen und sei nachhaltig schlecht für Europa.
Aufbruchstimmung in Moldau
Im Zuge seiner Reise besucht Bodmann auch die Republik Moldau, die seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges viele Flüchtlinge aufgenommen hat. "In Moldau herrscht derzeit eine Aufbruchstimmung. Die meisten Menschen, mit denen ich spreche, hoffen, dass der Beitrittsprozess in die Europäische Union bis 2028 gelingt." Grund dafür ist nicht zuletzt, dass die pro-europäische "Partei der Aktion und Solidarität" (PAS) erst am Sonntag die Parlamentswahlen für sich entscheiden konnte.
Bodmann: "Es ist ganz wichtig, hier diese Chancen zu nutzen, diese europäische Integration voranzutreiben und die Sozialsysteme auch zu entwickeln und auszubauen." Bei einem möglichen europäischen Integrationsprojekt müsse besonders darauf geachtet werden, dass unter anderem Integrationshilfen für ukrainische Vertriebene stattfinden können und hier Rahmen geschaffen werden, damit die Kooperation sowohl inhaltlich als auch finanziell auf die Beine gestellt werden kann.
Quelle: kathpress