
Mostviertler Missionar in Macao: Bildung, Begleitung und Brücken bauen
Seltene Einblicke in eine der vielen Realitäten Chinas bietet der aus Sonntagberg (Bezirk Amstetten) stammende Theologe P. Franz Gassner, der seit über 13 Jahren in Macao lebt und als Universitätsprozessor arbeitet. Als seine Aufgabe sehe er, "Brücken zu bauen über Kulturen und Sprachen hinweg", erklärte der Steyler Missionar, der auch dem Komitee für Mission und Evangelisierung des Weltkirchenrates angehört, in einem Interview mit der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt" (aktuelle Ausgabe) aus Anlass des am Sonntag gefeierten Weltmissionssonntags.
Macao, bis 1999 portugiesische Kolonie, ist neben Hongkong die zweite Sonderverwaltungszone Chinas und zählt mit knapp 700.000 Einwohnern auf 30 Quadratkilometern zu den dichtest besiedelten Regionen weltweit. In der Stadt gebe es "praktisch europäische Verhältnisse", erklärte Gassner, mit eigenem Parlament, Verfassung, Polizei und Währung. Trotz dieser Autonomie hängt Macao auch vom politischen Kurs Chinas ab, das auf die Studentenproteste in Hongkong 2019/2020 mit neuen Sicherheitsgesetzen reagierte. Macao ist zudem stark vom Tourismus geprägt, mit 34 Millionen Besuchern jährlich, überwiegend aus China, und wirtschaftlich abhängig vom Glücksspiel, stammen doch 80 Prozent der Einnahmen aus den Casinos.
Lebendige Kirche
In religiöser Hinsicht bekennen sich 90 Prozent der Einwohner Macaos zum Buddhismus bzw. Taoismus, etwa 5 Prozent sind Katholiken, der Rest entfällt auf Hinduismus, Sikhismus oder den Islam. Die katholische Glaubenspraxis ist laut Gasser trotzdem sehr lebendig: Es gibt viele Erwachsenentaufen und an Festtagen Prozessionen mit Tausenden Gläubigen und unter Begleitung der Polizei und des einst von einem portugiesischen Priester gegründeten Macao-Orchesters. Rosenkränze und auch Gottesdienste finden mehrsprachig statt, mit Lesungen auf Portugiesisch, Englisch und Kantonesisch. Trotz der Minderheitensituation besuchen 40 Prozent aller Kinder Macaos katholische Schulen, was eine "Riesenherausforderung" für die Religionspädagogik sei.
Im derzeit laufenden Heiligen Jahr 2025 verzeichne die katholische Kirche in Macao zudem einen verstärkten Zustrom an Pilgern, vor allem aus China, Korea, Japan und Vietnam. Gasser führte dies darauf zurück, dass Macao mit der Gründung im Jahr 1576 eine Mutterdiözese für die Kirche Südostasiens ist. Die Vielfalt religiöser Feste spiegelt sich auch in der Gesetzgebung wider: "Allerseelen ist hier genauso Feiertag wie das Ahnenfest oder das chinesische Gräberreinigungsfest." Gassner vermutete, dass Macao "weltweit die höchste Anzahl gesetzlicher Feiertage" aufweist.
Die derzeit 25 in Macao und Hongkong stationierten Steyler Missionare leben in kleinen Gemeinschaften. Sie wirken in Spitälern, Gefängnissen, am Flughafen und an den Schulen, zudem natürlich in den Pfarren, wo sie verschiedene Sprachgemeinden - auf Kantonesisch, Englisch, Vietnamesisch, Tagalog oder Deutsch etwa - betreuen. P. Gassner selbst unterrichtet zudem als Professor an der St. Joseph's University in Macao die Fächer Theologie, Philosophie, Ethik und Umweltwissenschaften. Die 1.200 Studierenden der bis vor kurzem einzigen katholischen Universität Chinas stammen aus Vietnam, Myanmar, Korea, Portugal, Brasilien und vielen anderen Ländern.
Belastung aus Kolonialzeit
Mit Blick auf die Geschichte der Mission betonte Gassner, dass kirchlicherseits auch Fehler gemacht worden seien, insbesondere im 19. Jahrhundert. Damals seien auf Kirchen französische Fahnen gehisst worden, was als koloniales Symbol das Misstrauen Chinas gegenüber westlichen Kirchen verstärkt und indirekt sogar zur Gründung der kommunistischen Partei Chinas in Shanghai 1921 beigetragen habe. Erst kurz davor, mit dem Missionsschreiben "Maximum Illud" von 1919, habe der Vatikan die Notwendigkeit einer "Entkolonialisierung der Mission" betont. "Diese Vergangenheit wirkt bis heute nach und fordert uns zur Demut auf", erklärte Gassner.
Heute habe sich das kirchliche Verständnis von Mission deutlich gewandelt, betonte der aus dem Mostviertel stammende Geistliche. "Mission bedeutet heute vor allem, Zeugnis zu geben - durch das eigene Leben, verankert im Glauben in der Nachfolge Jesu." Niemals dürfe dabei Druck ausgeübt werden, sei doch Bekehrung eine "freie und persönliche Gewissensentscheidung, ein heiliger Raum". Wichtig sei dabei auch die Begleitung von Menschen auf ihrer Sinnsuche. Insbesondere junge Menschen erlebe er als sehr offen für existenzielle Fragen.
Quelle: kathpress