
Katholische Frauenbewegung: Kopftuchverbot beschneidet Selbstbestimmung
"Selbstbestimmung kann man nicht verordnen und schon gar nicht durch ein Verbot, das Mädchen wegen ihrer Religion trifft": Für Angelika Ritter-Grepl, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö) stellt das geplante Kopftuchverbot an Schulen bis zur achten Schulstufe weniger eine Stärkung der Selbstbestimmung, sondern mehr eine Einschränkung dar. "Ein solches Gesetz stärkt keine Mädchen, es schwächt sie. Es nimmt ihnen das Recht, selbst über ihren Körper, ihre Kleidung und ihre Identität zu entscheiden", so Ritter-Grepl in einer Aussendung am Mittwoch.
Statt über Kleidung zu diskutieren, sollte die Politik Wege suchen, wie Mädchen in ihrer Bildung, ihrer Selbstbestimmung und ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden könnten. Dazu gehören laut kfbö gezielte Förderprogramme, Empowerment und die Sichtbarkeit von Musliminnen im öffentlichen Leben. "Wir müssen jungen Frauen vermitteln: Du gehörst dazu, so wie du bist", so Ritter-Grepl. "Echte Freiheit entsteht nicht durch Verbote, sondern durch Vertrauen, Bildung und Begegnung."
Hintergrund ist der Gesetzesentwurf "Stärkung der Selbstbestimmung von unmündigen Mädchen an Schulen mittels Einführung eines Kopftuchverbots". Was als Maßnahme zur Förderung von Mädchen angekündigt werde, bedeute eine Einschränkung ihrer Freiheit und treffe jene, die bereits mit Vorurteilen leben müssten, lautete die Kritik der kfbö, die auch auf die Haltung des Österreichischen Frauenrings hinwies. Dieser strich ökonomische Unabhängigkeit, Selbstbestimmung und Gewaltfreiheit als "unverhandelbare Werte für alle Frauen, egal woher sie kommen oder woran sie glauben" heraus.
"Integration gelingt nicht durch Ausgrenzung", meinte Ritter-Grepl. Ernstgemeinte Integration fördere Zugehörigkeit, verstärke aber nicht das Gefühl, "dass bestimmte Mädchen in unserer Gesellschaft weniger willkommen sind". Das Kopftuchverbot, das ausschließlich muslimische Mädchen betrifft, verstärke eher Diskriminierung, statt sie abzubauen. Die kfbö verwies zudem auf Studien, die zeigten, dass Kleidungsverbote für muslimische Mädchen in anderen Ländern zu höherem Schulabbruch, mehr Stress und weniger Chancen führten.
Die Katholische Frauenbewegung rief dazu auf, mit betroffenen Frauen ins Gespräch zu kommen, bevor Gesetze über ihre Lebensrealität hinweg beschlossen werden. "Mit den Betroffenen sprechen, nicht über sie, das ist für uns eine Frage des Respekts und der Gerechtigkeit", betonte Ritter-Grepl.
Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf für das geplante Kopftuchverbot können noch bis Donnerstag eingebracht werden. Die Evangelische Kirche, Freikirchen, die Altkatholische Kirche sowie die Islamische Föderation in Wien haben ebenfalls Kritik an dem geplanten Kopftuchverbot geübt: Sie sehen in dem Entwurf eine einseitige Benachteiligung religiöser Minderheiten, warnen vor gesellschaftlichen Spannungen und pochen auf die Religionsfreiheit.
Quelle: kathpress