
Aktion Leben: Eizellen einfrieren sichert keine Schwangerschaft
Zu einem realistischen Blick auf die vom Verfassungsgerichtshof für die Zukunft ermöglichte Praxis des sogenannten "Social Egg Freezings" hat die Aktion Leben aufgerufen. Man solle jungen Frauen nicht vorgaukeln, das Einfrieren von Eizellen auch ohne medizinische Gründe könne eine Schwangerschaft im höheren Alter garantieren, erklärte Generalsekretärin Martina Kronthaler in einem Interview mit der Linzer Kirchenzeitung (29. Oktober). Es handle sich dabei um eine "unsichere Versicherung", so die Expertin.
Grundsätzlich sehe sie die Entscheidung der Höchstrichter entspannt, sei es doch "schön, wenn Frauen grundsätzlich bereit sind, Kinder zu bekommen", sagte Kronthaler. Sie verwies dabei auf das Allzeit-Tief der Kinderzahl von 1,31 Kindern pro Frau im Jahr 2024, das im laufenden Jahr schon absehbar nochmals unterboten werde. Die Erlaubnis des Einfrierens von Eizellen, um den Kinderwunsch in späteren Lebensjahrzehnten verwirklichen zu können, dürfe aber nicht als hinreichende Lösung gesehen werden - weder für die Gesellschaft noch für die individuelle Frau.
Basierend auf den deutschen Vorerfahrungen sei davon auszugehen, dass in Österreich künftig an die 200 Frauen jährlich ihre Eizellen einfrieren lassen werden - wodurch Social Egg Freezing im Grunde ein "Mini-Thema" sei, wenngleich mit hoher Symbolkraft. Wichtig sei jedoch auch, angesichts der geringen Erfolgschancen die Erwartungen jüngerer Frauen an diese Möglichkeit nicht unrealistisch hochzuschrauben.
Gesellschaftlicher Wandel nötig
Die in künstliche Befruchtung mit aufgetauten Eizellen gesetzten Hoffnungen seien Symptom für gesellschaftspolitische Versäumnisse, so Kronthalers Standpunkt. "Unser Plädoyer ist, alles dafür zu tun, dass Frauen und Männer, die Kinder bekommen wollen, auch Kinder bekommen können - ohne große Nachteile für ihr soziales und berufliches Leben." Auch ein neues Männerbild sei wichtig, sei doch der fehlende Partner der Hauptgrund dafür, dass junge Frauen in fruchtbaren Jahren ihren Kinderwunsch lieber aufschieben. "Die traditionelle Rollenverteilung, in die viele Paare durch die Geburt eines Kindes rutschen, schreckt junge Menschen von der Entscheidung zum Kind ab."
Schließlich spiele auch das existenzielle und berufliche Fortkommen nach langen Ausbildungsjahren eine Rolle. Als dringende Aufgabe der Politik bezeichnete es Kronthaler, dafür zu sorgen, dass sich Familiengründung und berufliche Sicherheit im dritten Jahrtausend nicht mehr gegenseitig im Weg stünden. Auch für die Frauengesundheit sei es sinnvoll, Familiengründung nicht allzu lang aufzuschieben, steige doch in höherem Alter auch die Gefahr für Schwangerschaftskomplikationen erheblich an. "So würden Frauen nicht nur die enormen Kosten für das Einfrieren eigener Eizellen tragen, sondern auch das höhere Risiko einer späteren Schwangerschaft", so die Aktion-Leben-Generalsekretärin.
Neuregelung binnen 18 Monaten
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in der Vorwoche das generelle Verbot des Einfrierens von Eizellen ohne medizinischen Grund aufgehoben und es als unverhältnismäßig und verfassungswidrig eingestuft. Das Gericht verwies auf das Grundrecht auf Privat- und Familienleben und stellte fest, dass weder ausreichende ethische Bedenken noch zwingende gesundheitliche Gründe für ein Verbot bestünden. Ein möglicher gesellschaftlicher Druck auf Frauen sei kein legitimer Grund, die Methode zu untersagen. Damit wird Social Egg Freezing künftig auch ohne medizinische Indikation erlaubt, wobei die Bundesregierung bis April 2027 eine neue Regelung schaffen muss.
Durchaus war die Entscheidung im kirchlichen Umfeld auch auf scharfe Kritik gestoßen. Die Bioethikerin Susanne Kummer, Direktorin des Instituts IMABE, warnte ebenfalls vor überhöhten Erwartungen und gesellschaftlichem Druck, würden Frauen damit doch noch stärker auf Selbstoptimierung und Planbarkeit reduziert. Das Verfahren sei "eine Hochrisikowette mit oft enttäuschendem Ausgang", da nur ein Bruchteil der Frauen die eingefrorenen Eizellen tatsächlich nutze und die Erfolgsraten niedrig seien. Zudem berge die für die Eizellen-Entnahme notwendige Hormonstimulation erhebliche Gesundheitsrisiken. Auch Kummer forderte statt technischer Lösungen strukturelle Verbesserungen wie familienfreundlichere Arbeitsbedingungen, Beratungspflichten und mehr Transparenz über die tatsächlichen Erfolgsaussichten.
Quelle: kathpress