
Caritas Kärnten macht auf Frauenarmut aufmerksam
Rund 89.000 Menschen in Kärnten sind laut Statistik Austria armutsgefährdet. Insbesondere alleinerziehende Frauen und Frauen in Pension sind betroffen, wies Caritasdirektor Ernst Sandriesser bei einer Pressekonferenz am Montag hin. Diese Ungleichheit habe sich in den Krisenjahren weiter verfestigt. Sandriesser rief zu Solidarität, Zusammenhalt und Spenden für Betroffene auf: "Damit Frauen nicht die Rechnung fürs jahrelange Sorgen, Kümmern und Pflegen von Nachwuchs und Älteren beziehungsweise kranken Angehörigen zahlen müssen, helfen wir Frauen in Not und setzen uns langfristig für eine gerechte Gesellschaft ohne Armut ein." Von der Politik forderte Sandriesser eine Sozialhilfe, die auch in Zukunft existenzsichernd bleibt und Kinder und Jugendliche absichern muss.
Angedachte Kürzungen etwa bei der Familienbeihilfe für Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher seien alarmierend: "Sie sind nichts anderes als ein direkter Angriff auf das Existenzminimum von Kindern in armutsbetroffenen Familien und widersprechen dem Ziel der Bundesregierung, Kinderarmut zu halbieren", kritisierte der Caritasdirektor. Zwar sei eine bundesweit einheitliche Gestaltung der Sozialhilfe zu begrüßen, doch die Sozialhilfe-Reform dürfe nur gemeinsam mit der Umsetzung einer Kindergrundsicherung geschehen "und keinesfalls das bestehende soziale Netz schwächen".
Das Geschlecht dürfe nicht das Armutsrisiko bestimmen, doch auch in Kärnten habe die Armut ein weibliches Gesicht: Von Jänner bis Ende September 2025 verzeichnete die Caritas 16.200 Kontakte. 58 Prozent der Menschen, die Hilfe suchen, sind Frauen. Unter den unterstützten Menschen waren auch 2.097 Kinder und Jugendliche. Die Caritas Kärnten präsentierte diese Zahlen anlässlich ihrer Inlandskampagne am Montag bei einem Pressegespräch auf einem Spielplatz in Klagenfurt.
Unvereinbarkeit von Job und Care-Arbeit
Insbesondere die Unvereinbarkeit von Job und Care-Arbeit bringe Frauen in Not, hieß es seitens der Caritas. "Viele Frauen, die verzweifelt zu uns kommen, haben Kinder zu betreuen oder Angehörige zu pflegen. Ein Vollzeitjob ist definitiv nicht drin", berichtete Nina Pokorny, Sozialpädagogin und Mitarbeiterin in der Caritas-Sozialberatung. Aufgrund der Sorgearbeit könnten sie nur wenig bezahlte Erwerbsarbeit leisten und müssten jeden Cent zweimal umdrehen. "Die stetig steigenden Lebensmittelkosten machen jeden simplen Lebensmitteleinkauf zu einem Spießrutenlauf. Viele Frauen quält die Angst, wie sie die nächsten Rechnungen bezahlen oder das Essen auf den Tisch bekommen sollen. Armut ist auch weiblich, weil unbezahlte Care-Arbeit weiblich ist", so ihr Fazit.
Rund ein Drittel aller Alleinerziehenden lebt unter der Armutsgefährdungsschwelle. Und: Für alleinlebende Frauen in der Pension ist das Risiko, in Armut abzurutschen, im Vorjahr von 28 Prozent auf 32 Prozent gestiegen. Frauen sind auch gefährdeter, wenn sie nicht allein leben: Eine von der Caritas in Auftrag gegebene Studie von Katrin Gasior hat gezeigt, dass jede dritte nicht alleinlebende Frau in Österreich ohne ein weiteres Einkommen im Haushalt einem hohen Armutsgefährdungsrisiko ausgesetzt ist. (Info: www.caritas.at/studie-versteckte-armut)
Seit der hohen Inflation bleibe die Nachfrage nach Hilfe und Unterstützung hoch. "Die hohen Kosten für Energie, Wohnen und Lebensmittel bringen die Menschen weiterhin an den Rand ihres finanziell Möglichen und leider auch oft darüber hinaus", schilderte Mario Slamanig, Teamleiter der Sozialberatung bei der Caritas Kärnten. Bereits am Monatsanfang kämpften Menschen mit massiven finanziellen Problemen. Nach Zahlung der Fixkosten bleibe oft kein Euro übrig. Ein Schulausflug, die Autoreparatur oder die Reparatur der kaputten Waschmaschine sei dann oft ohne Kredit nicht zu stemmen. "Damit beginnt ein Teufelskreis. Mit dem finanziellen kommt dann oft auch das seelische Leid", so Slamanig.
Hilfsangebote
In der Sozialberatung und Sozialrechtsberatung der Caritas Kärnten gab es laut Angaben der Hilfsorganisation von 1. Jänner bis 30. September des heurigen Jahres 2.888 Hilfsansuchen. 6.325 Menschen wurden in diesem Zeitraum unterstützt. Mit 2.157 Klientinnen und Klienten gab es heuer erstmals Kontakt. Insgesamt 270.000 Euro Unterstützungszahlungen wurden dank Spenden fürs Wohnen, für Lebensmittel und Energie geleistet. Allein Frauen erhielten 44.200 Euro in Form von Lebensmittelgutscheinen. Zudem können Familien in Not in den Second-Hand-Shops carlas günstig oder kostenlos einkaufen, in der Lebensmittelausgabe LEA werden Grundnahrungsmittel bereitgestellt. Kinder und Jugendliche erhalten in den Lerncafés Bildungsförderung, um Armut langfristig zu verhindern. Der Caritas-Wegweiser bietet Hilfesuchenden Orientierung und erleichtert den Zugang zu passenden Angeboten oder zur Online-Beratung unter www.caritas-wegweiser.at.
Caritasdirektor Sandriesser bat vor dem Hintergrund steigender Armut um Spenden: "Helfen Sie Familien in Not mitten unter uns, damit Mütter nicht überlegen müssen, ob sie das Kinderzimmer heizen können!" (Info: www.caritas-kaernten.at/inlandshilfe)
Quelle: kathpress