
Grünwidl: Soziale Probleme im Miteinander lösen
Trotz aller Sparmaßnahmen in Österreich gelte es, die Schwächsten und Ärmsten in der Gesellschaft nicht abzuhängen: Das betonte der ernannte Wiener Erzbischof im ORF-ZiB2-Interview am Donnerstag. Der Wille zum Miteinander, die soziale Überzeugung, alle mitzunehmen, und das Wissen darum, dass es dabei auf jeden Einzelnen ankomme, sei das Erfolgsrezept in der Nachkriegszeit gewesen. Diese drei gesellschaftlichen Bausteine des Miteinanders würden derzeit "schwächeln", darum seien auch Kirchen und Religionsgemeinschaften gefordert, sich dafür einzusetzen.
Der Grundwasserspiegel an Solidarität, ehrenamtlichem Engagement, Nächstenliebe und Nachbarschaftshilfe sei in Österreich ungebrochen hoch. "Dafür beneiden uns auch Nachbarländer", sagte Grünwidl. Doch wenn nicht auf die Schwächsten Rücksicht genommen werde, "schaffen wir Probleme, die uns über den Kopf wachsen", so der designierte Wiener Erzbischof. Die Bürger Österreichs hätten nicht nur Rechte, sondern auch die Pflicht, sich für die Schwächsten einzubringen. Die Regierungspläne müssten darauf abzielen, Armut nicht zu vergrößern, sondern zu verkleinern.
In der Kirche gelte es, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und ihnen das Evangelium näherzubringen. Er selbst versuche, frischen Wind in die Kirche zu bringen, wenngleich dieser Wind "in den letzten Jahren nicht so flau war", wie oft dargestellt. Derzeit versuche die Erzdiözese Wien unter anderem mit dem in Planung befindlichen Projekt "Die Zwölf" verstärkt, den Kontakt mit Jugendlichen über Soziale Medien zu suchen, wie Grünwidl erklärte. In dem Projekt engagieren sich zwölf junge Menschen für die Vermittlung des Evangeliums, speziell für eine jüngere Zielgruppe.
Lebendige Pfarrgemeinden
"Ich versuche auch, meine Mitarbeitenden zu ermutigen, unseren Dienst mit Herzblut und Begeisterung auszuüben", so Grünwidl. Doch die Kirche müsse nicht neu erfunden werden. Es gebe so viele Bausteine, Elemente, Symbole, Rituale sowie Räume für Kunst, Kultur und Musik, mit denen Kirche Menschen "ein gutes Angebot" biete. In Hinblick auf die Zusammenlegung von Pfarren gelte es zu überlegen, "was die Menschen brauchen und was wir uns künftig leisten können". Dazu brauche es gemeinsame Gespräche für pastorale Lösungen, so Grünwidl.
Auch wenn die Zahl der Priester geringer werde, müsse gefragt werden, was Gemeinden brauchen, um lebendig und selbstständig zu bleiben - auch wenn nicht immer ein Priester vor Ort ist. Das gelinge auch mit Frauen und Männern, die bereit seien, das Pfarrleben zu tragen und zu organisieren.
Die Bischofsweihe von Grünwidl ist für den 24. Jänner 2026 angesetzt. Als Erzbischof wolle er seine Kontakte nach Rom ausbauen und - nach Tradition der Wiener Erzbischöfe - Kontakte zu den Kirchen in den östlichen Nachbarländern und zur Orthodoxie pflegen, betonte Grünwidl.
Quelle: kathpress