
Theologe Palaver verteidigt Seminar mit Peter Thiel an Uni Innsbruck
Der Innsbrucker Theologe und Sozialethiker Prof. Wolfgang Palaver hat die Einladung des US-Tech-Milliardärs Peter Thiel zu einem Seminar an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck verteidigt. Das Seminar, bei dem Thiel über Apokalypse und Antichrist sprach, fand am 19. August in einem geschlossenen Kreis von rund 20 Teilnehmern statt. Thiel sei auf ihn zugekommen, erklärte Palaver. Außerdem gebe es "Gesprächsbedarf", nachdem u.a. durch Thiel der französische Sozialanthropologe René Girard, zu dem in Innsbruck seit Jahrzehnten geforscht werde, plötzlich zum Vordenker von MAGA erklärt werde, so Palaver im Theologie-Podcast "Diesseits von Eden" (https://diesseits.theopodcast.at/peter-thiel-apokalypse-antichrist-theologie-palaver)
Kritik daran, dass dies an der Fakultät stattfand, wehrte Palaver mit dem Hinweis ab, dass Peter Thiel Anreise und Verpflegung vor Ort selber bezahlt habe, der Universität also keine Kosten entstanden seien - zudem fühle er sich gerade im Fall Thiels, den er schon seit über 30 Jahren kennt, zum Dialog verpflichtet: "Wenn man die Chance hat, mit so jemandem zu diskutieren und zu verstehen, wie er denkt, schadet das nicht. Was ich problematisch finde, ist Dialogverweigerung aus akademischer Engstirnigkeit. Thiel besetzt mit seiner Ausstrahlung ein Feld, das in der theologischen Tradition lange schwach entwickelt war - die Apokalyptik. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie aus guten Gründen gemieden. Aber ich glaube, es ist höchste Zeit, sie seriös zu bearbeiten, bevor andere sie in gefährlicher Weise besetzen."
Zudem bestehe gerade aus Sicht des Innsbrucker Forschungsschwerpunkts zur "Dramatischen Theologie" und zu Girard "dringender Gesprächsbedarf", wo dieser als "Vordenker des rechtskonservativen Projekts in den USA, verbunden mit Trump und MAGA" verstanden werde. Palaver: "Für uns in Innsbruck, die sich seit Jahrzehnten mit Girard beschäftigen, ist das ein enormes Problem - auch weil ich politisch in einer völlig anderen Welt stehe. Wenn der Denker, der meine Arbeit geprägt hat, als geistiger Vater von MAGA dargestellt wird, dann besteht Gesprächsbedarf." - Ein Gesprächsbedarf, dem Palaver damit Nachdruck verschaffte, dass mit Martin Girard sogar ein Sohn von René Girard anwesend war. "Thiel hat mir danach gesagt, dass er künftig vorsichtiger mit der Girard-Bezugnahme umgehen will. Das war ein kleiner Erfolg".
Der Dekan der Innsbrucker Fakultät, Prof. Wilhelm Guggenberger, hatte in einem Newsletter der Fakultät vom 22. Oktober die Genese des Seminars und seiner Geheimhaltung mit dem Hinweis erklärt, man wollte Thiel keine Bühne bieten und nicht mit seinem Weltbild in Verbindung gebracht werden. Das Gespräch habe die Möglichkeit geboten, mithilfe Thiels die US-Politik besser zu verstehen, und zugleich dem "gesellschaftspolitisch durchaus explosiven Konglomerat" seiner durch religiöse Begriffe aufgeladenen Ideologie mit "kritischer, akademisch arbeitender Theologie Paroli zu bieten", so Guggenberger.
In der aktuellen Folge des Podcasts "Diesseits von Eden" gehen Wolfgang Palaver und der Wiener Medien- und Sozialethiker Prof. Alexander Filipovic der Frage nach, warum Peter Thiel von Apokalypse und dem Antichrist spricht - und welche politischen Schlussfolgerungen sich daraus ergeben. (Nachzuhören und nachzulesen ist die Folge unter: https://diesseits.theopodcast.at/peter-thiel-apokalypse-antichrist-theologie-palaver)
Quelle: kathpress