
Bischof Kapellari zum 90er: "Sehe viel Positives und bin gelassen"
Der emeritierte Grazer Bischof Egon Kapellari wird am 12. Jänner 90 Jahre alt. Im Interview mit dem steirischen Sonntagsblatt (Ausgabe vom 4. Jänner) hat er Bilanz über seine Lebensstationen gezogen und dabei seine positive Grundhaltung betont: "Ich sehe weltweit viel Positives, bin daher im Ganzen gelassen." Er sei besonders Gott gegenüber dankbar "und seinen Fügungen, die ich als solche immer mehr erkannt habe und erkenne". Aus vielen Tätigkeiten und Begegnungen sei "eine reiche Lebensernte erwachsen, die auch in Zukunft weiterwachsen wird, wenn Gott es will", so der frühere Bischof.
Kapellari, am 12. Jänner 1936 in Leoben geboren, war von 2001 bis 2015 Bischof der Diözese Graz-Seckau, stellvertretender Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz und auch Medienbischof. Bereits zuvor leitete er fast 20 Jahre lang die Diözese Gurk, zu deren Bischof der langjährige Grazer Hochschulseelsorger 1981 von Papst Johannes Paul II. ernannt worden war. Heute lebt er bei den Grazer Elisabethinen in einem Haus für Betreutes Wohnen.
Gegenüber seiner früheren Kirchenzeitung - im einzigen, von ihm gegebenen Interview, das er seit seinem 85. Geburtstag gab - verwies Kapellari auf seine Kärntner, italienischen und slowenischen Wurzeln, auf die Promotion 1957 in Rechtswissenschaften in Graz und das Studium der Theologie in Salzburg und Graz als frühe wichtige Eckdaten seiner Biografie. 1961 folgte die Priesterweihe in Graz, wo er anschließend als Kaplan wirkte, ehe 18 Jahre in der Hochschulseelsorge folgten.
Hochschulseelsorger mit Leib und Seele
Unter Kapellaris Leitung war eine Reihe profilierter Priester in der Grazer Hochschulseelsorge tätig, darunter auch Martin Gutl, Peter Schleicher, Jordan Gebhard und Christoph Schönborn, von auswärts zudem auch Karl Strobl, Otto Mauer, Ferdinand Klostermann und Wilhelm Nyssen, erinnerte sich der emeritierte Bischof zurück. Fünf Studierendenheimen von hoher architektonischer Qualität wurden unter seiner Federführung errichtet, auch gab es Begegnungen mit hochrangigen Referenten wie Karl Rahner, Joseph Ratzinger und Hans Urs von Balthasar.
Besonders hob Kapellari jedoch die Kontakte zu den damals Studierenden aus vielen Bundesländern zurück, die teils bis heute fortdauerten. "Darunter waren auch viele Künstler, ausgezeichnet durch ihre Fähigkeit bezogen auf Wort, Bild oder Klang, manche sogar bezogen auf Mehreres." Er selbst sei eher im Bereich von Wort und Bild begabt gewesen und habe besonders dem Wort gedient durch die Autorenschaft vieler Bücher - ein Dienst, der andauere, "weil sie nicht überholt sind".
Bischof und Papst-Gastgeber
Ebenfalls bis heute dauere seine starke Bindung an Kärnten, seiner nächsten Lebensstation mittlerweile als Bischof, fort, so Kapellari weiter, "es beruht auch auf Gegenseitigkeit". Er habe in den fast zwei Jahrzehnten an der Spitze der Diözese Gurk alle Pfarren mindestens einmal in fünf Jahren visitiert und die meisten Firmungen selbst gespendet. Als Höhepunkt dieser Zeit nannte der Bischof den Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1988 in Gurk, dessen Rahmen damals eine Dreiländer-Wallfahrt mit Pilgern aus Kärnten, Slowenien und Friaul bildete.
Erst mit 79 Jahren, vier Jahre später als üblich, wurde Kapellaris Rücktrittsgesuch 2015 vom damaligen Papst Franziskus - einer der sieben Päpste, denen er direkt begegnet und einer, der ihm ebenso wie zuvor Johannes Paul II. und Benedikt XVI. besonders nahe gewesen sei - angenommen. Er selbst sei nun ein "elder churchman", der sich "mit der Kirche in Europa und weltweit freut und auch mit ihr leidet", nirgends dreinrede und dennoch gut informiert sei und seine Erfahrungen an Interessierte weitergebe. Papst Leo XIV. erscheine ihm dabei als "wahres und besonderes Geschenk Gottes".
Erneut zum Student geworden
Vor allem widme er seine Zeit heute für das Gebet, "für das Heil der ganzen Welt", sagte Kapellari, wobei er trotz allem Negativen nicht "das so viele Positive in Kirchen und Gesellschaft" übersehe. Er habe seit der Emeritierung viel Kirchen-, Religions- und Weltgeschichte studiert "und mein Saldo ist ziemlich positiv", so die Schlussfolgerung des Bischofs. Er halte es hier mit dem katholischen Literaten Paul Claudel, der im Vorwort zu seinem Hauptwerk den Spruch "Gott schreibt gerade (auch) auf krummen Zeilen" hinterlassen hatte.
Quelle: kathpress