Servitenkloster: Schönborn-Appell an Behörden und Politik
Kardinal Christoph Schönborn hat an das Innenministerium appelliert, die verhafteten zehn Pakistani aus der Gruppe jener Flüchtlinge, die einst in der Votivkirche protestierte und nunmehr im ehemaligen Servitenkloster untergebracht ist, nicht abzuschieben und sie wieder auf freien Fuß zu setzen. "Ich mache mir große Sorge um ihr Leben", so der Kardinal laut einer Aussendung der Erzdiözese Wien am Sonntag.
Die Fremdenpolizei hatte zuvor Sonntagfrüh zehn der insgesamt 47 Flüchtlinge, die derzeit im ehemaligen Servitenkloster wohnen, festgenommen. Wie der Sprecher der Wiener Polizei, Roman Hahslinger, gegenüber "Kathpress" bestätigte, wurden zehn der insgesamt 20 Asylwerber, die einer täglichen Meldungspflicht unterliegen, im Zuge ihres täglichen Kontrollbesuchs bei der Polizeidienststelle verhaftet und ins Polizeianhaltezentrum gebracht. "Wie üblich, wird nun nach einer Befragung eine Abschiebung und eine Überstellung ins Heimatland vorbereitet", sagte Hahslinger.
Schönborn derzeit beim Weltjugendtag in Rio de Janeiro
Er stelle sei "bestürzt" über die Festnahme, so der Wiener Erzbischof, der derzeit in Rio de Janeiro am Weltjugendtag teilnimmt. An die Politik stelle er die Frage, "was es für diese Aktion für eine Rolle gespielt hat, dass Wahlkampfzeit ist, und warum sie ausgerechnet zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem ich, der ich mich entschieden für eine menschliche Behandlung der Flüchtlinge im Servitenkloster eingesetzt habe, 10.000 Kilometer weit weg in Rio de Janeiro bin"
Kardinal: "Rechtsstaat und Menschlichkeit dürfen kein Widerspruch sein"
Schönborn erinnerte daran, dass er schon in den vergangenen Monaten immer wieder darauf hingewiesen habe, dass es nicht den Tatsachen entspreche, wenn Pakistan, wohin die Flüchtlinge nun zwangsweise abgeschoben werden sollen, in menschenrechtlichen Beurteilungen als sicheres Abschiebeland eingestuft werde. Er appelliere daher dafür, die Verhaftung rückgängig zu machen, denn: "Rechtsstaat und Menschlichkeit dürfen kein Widerspruch sein."
Bestürzt äußerte sich der Kardinal über die Umstände der Aktion: Als Zeitpunkt habe man einen Sonntag gewählt, "den Heiligen Tag der Christen und während des Ramadan, des heiligen Monats der Muslime, in der sie auch durch ihr Fasten besonders geschwächt sind." Es sei ein "enttäuschender, trauriger Tag", so Schönborn, vor allem angesichts der Appelle von Papst Franziskus in den vergangenen Wochen: So habe er an die Pflicht gegenüber allen Menschen in Not erinnert, was er diese Tage auch vor der Jugend der Welt bekräftigt habe, und vor allem bei seinem Solidaritätsbesuch in Lampedusa deutliche Zeichen gesetzt. (siehe: "Papst fordert mehr Solidarität mit Flüchtlingen")
Caritas: "Behörden schätzen Gefahrenlage in Pakistan falsch ein"
Die Wiener Caritas kritisierte die Festnahmen und die geplanten Abschiebungen als "äußerst bedenklich und menschlich fragwürdig". "Wir sind zu tiefst besorgt, was die Zukunft dieser Menschen angeht", sagte Caritas Wien-Generalsekretär Klaus Schwertner. Insbesondere teile man die Sorge der Flüchtlinge, "wonach die österreichischen Behörden die Gefahrenlage in Pakistan völlig falsch einschätzen".
Auffallend sei, dass das österreichische Außenministerium "ausdrücklich und detailliertest" vor Reisen in das Land warne und eine partielle Reisewarnung ausspreche. Laut der Ministeriums-Webseite kommen "terroristische Anschläge, ausgeführt von fundamentalistischen Gruppen, wie den Taliban oder dem Terrornetzwerk Al-Qaida", im ganzen Land vor.
Im Innenministerium finde man hingegen "offenbar nichts daran, Flüchtlinge in das höchst instabile Land abzuschieben, noch dazu während des für gläubige Muslime so wichtigen Fastenmonats Ramadan". Pakistani würden in Österreich kaum Asyl erhalten, belegt die Caritas durch einen Vergleich mit Deutschland: Während hier die Schutzquote bei Pakistanis im Vorjahr 18,1 Prozent betrug und 2,4 Prozent davon zur Asylanerkennung führte, lag in Österreich im gleichen Zeitraum die Schutzquote nur bei einem Prozent bzw. 0,7 Prozent Asylanerkennungen. "Es ist nicht zu akzeptieren, dass die Schutzbedürftigkeit eines Menschen von zwei EU-Staaten unterschiedlich eingeschätzt wird", so Schwertner.
Wie die Caritas hervorhebt, wäre es im Falle der Abschiebung der Pakistani zum ersten Mal, dass Flüchtlinge der Votivkirchen-Protestbewegung des Landes verwiesen werden.
Quelle: Kathpress/red