Wiederverheiratete: Uneinigkeit unter Synodalen
In der Debatte über den kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen zeichnet sich auf der derzeit im Vatikan tagenden Bischofssynode über Ehe und Familie offenbar noch keine klare Mehrheit ab. Das geht aus den Berichten der zehn Sprachgruppen der Bischofssynode hervor, die der Vatikan am Mittwoch veröffentlichte. Synodenteilnehmer äußerten in Interviews jedoch Optimismus, dass sich eine neue Linie durchsetzen wird.
Laut Gruppenberichten sprechen sich zwei Gruppen ausdrücklich gegen eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen aus, ebenfalls zwei Gruppen befürworten eine solche unter "genau festgelegten Bedingungen". Eine weitere Gruppe ist in dieser Frage geteilter Meinung. Eine andere Gruppe spricht sich für eine eingehendere Prüfung aus. In einem Fall bleibt die Haltung in der Schwebe. Zwei weitere Gruppen gehen nicht ausdrücklich auf das Thema ein.
In dem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht der Synode war mit Blick auf die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener von Bischöfen, Seelsorgern und Betroffenen ein "geistlicher Unterscheidungsprozess" gefordert worden. Nach der offiziellen kirchlichen Praxis sind wiederverheiratete Geschiedene derzeit vom Kommunionempfang ausgeschlossen.
Die zehn Gruppen - drei englischsprachige, zwei französischsprachige, zwei spanischsprachige und drei italienischsprachige - hatten in den vergangenen Tagen über Änderungswünsche am Zwischenbericht der Synode beraten, der am Montag veröffentlicht wurde. Ihre Vorschläge bilden die Grundlage für das Abschlussdokument der Sondersynode.
"Nicht mehr zurückzudrehen"
Laut der Berliner Familienseelsorgerin Ute Eberl lässt sich trotz auftretender Bremsmanöver die neue Linie zu Wiederverheirateten nicht mehr zurückdrehen. Eberl vertrat zusammen mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, die deutschen Katholiken bei der Synode. Sie äußerte sich im Interview des Berliner "Tagesspiegel" (Freitag) positiv zum Verlauf der Versammlung,.
"Es ist zu spüren, dass sich da etwas entwickelt", so Eberl mit Blick auf den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. "Das lässt sich auch nicht mehr zurückdrehen", betonte die 52-Jährige: Denn nicht nur in Europa scheitern Ehen. Die Leiterin der Familienseelsorge in der Erzdiözese Berlin berichte, dass bei der Synode die Globalität des Problems deutlich geworden sei. "Auch in Südamerika fallen ganze Familienverbände auseinander."
Kardinal Marx habe sich in seinem Referat auf der Synode "sehr differenziert dafür stark gemacht, dass man wiederverheiratete Geschiedene nach Prüfung im Einzelfall zu den Sakramenten zulässt". Dies ist nach katholischer Lehre bislang nicht gestattet.
Viele Bischöfe hätten auch das Thema Homosexualität aus verschiedenen kulturellen Blickwinkeln angesprochen, erklärte Eberl. "Was Homosexuelle angeht, werden die Gemeinden aufgefordert, hinzuschauen und hinzuhören, welche Gaben diese Menschen mitbringen." Die Vielfalt in der Kirche sei sehr groß. "Manche fragen sich, ob es überhaupt noch Antworten geben kann, die für alle gültig sind." Bischöfe fragten völlig irritiert: "Ja gibt's denn gar keine Sünde mehr?" Das sei eine gute Frage, "aber der Blick ins Schlafzimmer hilft nicht weiter", so Eberl.
Insgesamt verliefen die Debatten "sehr kontrovers", bilanzierte sie. "Da wird hart gerungen um die Frage, ob alles beim Alten bleiben soll oder ob neue Entwicklungen denkbar sind." Auch sei für sie noch nicht absehbar, wohin Papst Franziskus tendiere. "Er hört zu, manchmal macht er sich Notizen." In den Pausen verteile der Papst Kekse und spreche mit den Teilnehmern. "Er hat am Anfang erklärt, dass er eine ernsthafte Debatte haben möchte. Die würde er abwürgen, wenn er frühzeitig zu erkennen geben würde, in welche Richtung er neigt", so die Berliner Delegierte. Insgesamt begrüßte Eberl einen neuen Ton und einen "Perspektivwechsel, den ich mir wünsche".
Quelle: kathpress