"Das Werk" wehrt sich gegen Begriff "Missbrauch"
Im Fall der Vorwürfe gegen einen Priester der katholischen Gemeinschaft "Das Werk" hat der Sprecher des Ordens den "juristischen Begriff des Missbrauchs" zurückgewiesen. Die von einem ehemaligen Mitglied der Gemeinschaft zur Anzeige gebrachten Vorfälle seien von der Staatsanwaltschaft sowohl in Deutschland als auch in Österreich als einvernehmliche Handlung bezeichnet und das Verfahren eingestellt worden, betonte der Regionalobere der Gemeinschaft, Pater Georg Gantioler, am Montag gegenüber "Kathpress". Gegenüber der Leitung der Gemeinschaft habe der beschuldigte Priester seine Untreue zum Keuschheitsversprechen eingestanden.
Gantioler reagierte in seiner Stellungnahme auf Medienberichte vom Wochenende, bei deren Darstellungen es zu "Missverständnissen" gekommen sei. So seien etwa in einem Interview für das ORF-Magazins "Orientierung", das durchaus um faire Darstellung der Vorwürfe und der Sicht der Gemeinschaft bemüht gewesen sei und dessen Inhalte in Folge von verschiedenen Medien aufgegriffen wurden, mehrere seiner Aussagen aus dem Kontext genommen worden. Dies lasse falsche Rückschlüsse zu, so der Regionalobere.
So habe er etwa nicht behauptet, Verletzung des Briefgeheimnisses oder gar Missbrauch seien "Entwicklungsschritte" für die Gemeinschaft gewesen, betonte Gantioler. Vielmehr habe sich dieser Begriff auf die Frage bezogen, ob ständige Trennung von äußerer Leitung und innerer Begleitung stets gewährleistet gewesen sei. Von "abgefangenen" Briefen sei im Interview nicht die Rede gewesen.
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Vorwürfe gegen "Das Werk": Gemeinschaft räumt Fehler ein |
Vorarlberg, 09.11.2014 (KAP) Nach Bekanntwerden weiterer Vorwürfe ehemaliger Mitglieder der geistlichen Familie "Das Werk" hat der Sprecher der Gemeinschaft, Pater Georg Gantioler, gegenüber dem ORF-Magazin "Orientierung" Fehler eingeräumt, zugleich jedoch im Raum stehende Vorwürfe sexuellen Missbrauchs zurückgewiesen. Es seien u.a. Briefe von Mitgliedern der Gemeinschaft abgefangen und gelesen worden und vertrauliche Gespräche mit geistlichen Begleitern an die Leitung weitererzählt worden. "Man kann das jetzt Fehler nennen. Ich würde sagen, dass waren Entwicklungsschritte", so der Kommentar Gantiolers. Diese Entwicklung habe aus der "pubertären" Gemeinschaft eine "reife" Gemeinschaft gemacht, "auch durch schmerzliche Erfahrungen hindurch." Heute gebe es diese Praktiken nicht mehr.
Der ORF-Beitrag zitierte u.a. den heute 35-jährigen Briten Darren Canning, der ab seinem 18. Lebensjahr sechs Jahre lang in der Gemeinschaft gelebt hatte, sowie einen ehemaligen "Werk"-Priester, der anonym bleiben wollte. Canning zufolge habe es sich um ein "System aus religiösem Wahn, Unterdrückung und Überwachung" gehandelt. 2003 war Canning aus der Gemeinschaft ausgetreten, nachdem ihm verweigert worden sei, zur Beerdigung seines Großvaters zu gehen. "Es war die Hölle, einfach die Hölle", so Canning gegenüber dem ORF. Gantioler wies die Vorwürfe der totalen Kontrolle zurück: Die persönliche Freiheit werde seitens der Gemeinschaft nicht eingeschränkt. "Hätte Canning damals darauf bestanden, zur Beerdigung zu gehen, wäre das sicherlich möglich gewesen", so Gantioler.
Den schweren Vorwurf des sexuellen Missbrauchs erhebt in dem Beitrag ein ehemaliger "Werk"-Priester, der anonym bleiben möchte. Nachdem es zu sexuellen Annäherungen sogar während der Beichte gekommen sei und den Berichten einer ehemaligen Ordensschwester über Missbrauch innerhalb der Gemeinschaft nicht geglaubt worden sei und sie zur Einnahme von Psychopharmaka gezwungen worden sei, habe er nicht länger Schweigen können. Ein Priester des Ordens sei auch bei der Staatsanwaltschaft angezeigt worden. Dieser habe den Behörden gegenüber von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gesprochen - später jedoch laut dem anonymen Priester im ORF-Beitrag innerhalb der Gemeinschaft den sexuellen Übergriff zugegeben.
Sprecher Gantioler wies gegenüber dem ORF den Missbrauchsvorwurf unter Verweis auf einvernehmlichen Verkehr ebenfalls zurück. Der betroffene Priester sei später an eine vatikanische Kongregation versetzt worden. Die Schwester, die die Vorwürfe erhoben hatte, habe damals sogar darum gebeten, ihm seine Aufgaben im Orden zu lassen, so Gantioler. Auch eine Apostolische Visitation zur Klärung der Vorwürfe habe es gegeben, so Gantioler. Der abschließende Bericht der Kongregation sei jedoch noch ausständig.
Den Aussagen im ORF-Magazin "Orientierung" war am Freitag die Präsentation eines Enthüllungsbuches der heute 30-jährigen ehemaligen "Werk"-Schwester Doris Wagner vorausgegangen. Auch wenn diese in ihrem Buch "Nicht mehr ich: Die wahre Geschichte einer jungen Ordensfrau", in dem sie von Kontrolle, Manipulation und sexuellem Missbruch berichtet, "Das Werk" nicht explizit nennt, so hatten Medien aus dem Kontext geschlossen, dass es sich dabei um die katholische Gemeinschaft handeln müsse. In einer Stellungnahme hatte Gantioler am Samstagabend mitgeteilt, dass man es sehr bedauere, dass die Autorin "in einer derartig negativen Weise auf die Jahre in unserer Gemeinschaft zurückblickt und viele positive Dinge, die sie erlebt hat, ausblendet." |
"Das Werk" nimmt zu Vorwürfen von Ex-Schwester Stellung |
Feldkirch, 08.11.2014 (KAP) Die geistliche Familie "Das Werk" hat auf Vorwürfe reagiert, die eine ehemalige Schwester des Ordens in einer am Samstag erschienenen Biografie geäußert hat. Das Erscheinen des Buches nehme der Orden "mit Betroffenheit" zur Kenntnis, heißt es in einer Stellungnahme des Regionalverantwortlichen der Gemeinschaft, Pater Georg Gantioler, vom Samstag. Er bedauere es sehr, dass die ehemalige Mitschwester "in einer derartig negativen Weise auf die Jahre in unserer Gemeinschaft zurückblickt und viele positive Dinge, die sie erlebt hat, ausblendet". Gleichzeitig bestätigt der Orden, dass die Vorwürfe im Rahmen einer bereits abgeschlossen Apostolischen Visitation geprüft wurden, deren Ergebnis noch nicht bekannt ist.
Die Autorin, die heute 30-jährige Doris Wagner, berichtet in ihrem Buch "Nicht mehr ich: Die wahre Geschichte einer jungen Ordensfrau", in ihrer achtjährigen Mitgliedschaft mit dem Orden kontrolliert, manipuliert, sexuell missbraucht und unter Druck gesetzt worden zu sein. Zwar wird der Name der Ordensgemeinschaft in dem Buch nicht explizit genannt und auch Namen der handelnden Personen wurden verändert, Gantioler zufolge sei jedoch "aus dem Kontext leicht zu entnehmen, dass es sich um die geistliche Familie 'Das Werk' handelt".
Wie der Regionalverantwortliche ausführte, bedauere der Orden sehr, "dass ein Priester unserer Gemeinschaft eine kurze intime Beziehung zu der damals 24-jährigen Schwester unterhalten hat". Der sich 2008 zugetragene Vorfall sei vier bzw. fünf Jahre später angezeigt worden, wobei der Vorwurf der Vergewaltigung "sowohl von der Staatsanwaltschaft in Deutschland als auch von der Staatsanwalt in Österreich als nicht zutreffend zurückgewiesen worden sei. Gantioler: "Der Priester war stets zu rechtlicher, kirchlicher und persönlicher Klärung des Vorfalls und zu persönlicher Buße bereit."
2011 habe die Mitschwester "aus eigenem Willen und im gegenseitigen Einvernehmen" die Gemeinschaft verlassen, so der Ordensobere weiter. Aufgrund der im Buch geschilderten Vorwürfe habe die vatikanische Ordenskongregation 2013 eine "Apostolische Visitation" angeordnet. Die Gespräche mit allen Mitgliedern und einigen Ex-Mitgliedern seien laut Gantioler abgeschlossen, der Abschlussbericht sei jedoch noch nicht veröffentlicht.
Die im Buch erhobenen verallgemeinernden Beschuldigungen weise der Orden "entschieden zurück", betonte Gantioler. Die subjektiven Darstellungen und Empfindungen der Autorin würden von den "Werk"-Mitgliedern "in dieser Weise nicht geteilt" und "zum Teil als verletzend empfunden". Kritik übte der Priester auch daran, dass Elemente des Gemeinschaftslebens aus dem Kontext gerissen und negativ präsentiert würden, sowie an einer Suggerierung einer hohen kirchenpolitischen Einfluss der Gemeinschaft, "in dieser Weise nicht vorhanden" sei.
Zudem schmerze es, dass auch andere junge Gemeinschaften durch die Publikation diskreditiert würden, würde sie doch schon im Vorwort als Ziel deklarieren, Bischöfe, Priester, Eltern sowie auch junge gläubige Menschen sollten neuen geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen "kein vorbehaltloses Vertrauen" mehr entgegenbringen oder sich "nicht mehr von ihnen verführen lassen". Gantioler lud dazu ein, sich in den Ordensniederlassungen, die "keine geschlossenen Klöster" seien, selbst ein Bild vom Gemeinschaftsleben zu machen.
"Das Werk" ist eine 1938 gegründete katholische Gemeinschaft, die seit 2001 vom Vatikan approbiert und als "Familie gottgeweihten Lebens" anerkannt wurde. Die Gemeinschaft setzt sich aus einer Priestergemeinschaft, der auch Diakone, Seminaristen und männliche Laien angehören, sowie aus einer Schwesterngemeinschaft zusammen, daneben gibt es neben dem engeren Mitgliederkreis auch im geistlichen Sinn mit der Gemeinschaft verbundene Gläubige. Der Hauptsitz des in zwölf Ländern aktiven Ordens ist seit 1978 das Bregenzer Kloster Thalbach, zudem gibt es in Österreich auch in Schoppernau im Bregenzerwald, Feldkirch-Gisingen, Innsbruck und Wien Niederlassungen. |
Hintergrund sind Vorwürfe gegen das "Werk", die ein ehemaliges Mitglied, die heute 30-jährige Doris Wagner, in einem Buch veröffentlicht hat. Sie sei kontrolliert, manipuliert, unter Druck gesetzt und von einem Priester der Gemeinschaft sexuell missbraucht worden, so Wagner, die das "Werk" 2011 nach acht Jahren verließ. Auch wenn der Name der Gemeinschaft im Buch nicht explizit erwähnt wurde, könne man laut einer Stellungnahme Gantiolers vom Samstag aus dem Kontext leicht auf "Das Werk" rückschließen.
Der betroffene Priester habe laut dem Regionalverantwortlichen nach den Beschuldigungen "fachliche Hilfe" für seinen "Neubeginn" erhalten und sei nach einigen Monaten eines anderen Dienstes in eine andere Niederlassung der Gemeinschaft versetzt, wo er nun hauptsächlich "interne Aufgaben" erfülle.
Gantioler hatte am Samstag in einer schriftlichen Stellungnahme erklärt, dass die für Orden und geistliche Gemeinschaften zuständige Kongregation in Rom aufgrund der im Buch geschilderten Vorwürfe 2013 eine "Apostolischen Visitation" angeordnet habe. Die Durchführung der Visitation bestätigte am Montag Vatikan-Sprecher Federico Lombardi gegenüber der Austria Presseagentur (APA). Visitationen seien "eine normale Aktivität der Kongregation", so der Vatikan-Sprecher, der nicht ausschloss, dass bei der Visite beim "Werk" auch das Thema vorliegenden Vorwürfe angesprochen worden sei.
Keinen Kommentar wollte vorerst der Vorarlberger Bischof Benno Elbs, in dessen Diözese die Gemeinschaft "Das Werk" beheimatet ist, zu dem Fall abgeben. Man warte auf den Abschlussbericht der Apostolischen Visitation, erklärte die Pressestelle der Diözese Feldkirch am Montag gegenüber der APA.
"Das Werk" ist eine 1938 gegründete katholische Gemeinschaft mit einem Männer- und einem Frauenzweig, die seit 2001 vom Vatikan approbiert und als "Familie gottgeweihten Lebens" anerkannt wurde. Ihr Hauptsitz ist seit 1978 das Bregenzer Kloster Thalbach.