Zeit des "päpstlichen Hofstaats" ist vorbei
Nach Ansicht des Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, ist die Zeit des "päpstlichen Hofstaats" endgültig vorbei. Mit Benedikt XVI. sei die Barockzeit abgeschlossen worden, außerdem habe dieser mit seinem Rücktritt auch die Überhöhung des Papstamtes auf die "normale menschliche Ebene" gebracht, sagte Wolf der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag-Ausgabe). Franziskus setze diesen Weg nun unbeirrt fort.
Zugleich zeigte sich der Ordensmann überzeugt, dass die Spiritualität der Heiligen Benedikt und Franziskus, die sich die Päpste als Namenspatrone aussuchten, über diese einen Einfluss auf die Gestaltung der Kirche genommen habe. Bei Benedikt XVI. sei dies geschehen im Sinne einer würdigen Liturgie, des Prinzips, "Christus solle nichts vorgezogen werden". Franziskus dagegen betone die Armut Christi. Der jetzige Papst mache zudem mit dem synodalen Prinzip ernst, alle Ortskirchen in die Gesamtlenkung der Kirche einzubeziehen. Er verstehe darunter nicht nur die Bischöfe, sondern eben auch die Gläubigen. "Aus einer rein lehrenden Kirche wird eine hörende", betonte der Abtprimas.
Die katholische Kirche in Mitteleuropa sieht Wolf derzeit in einer Glaubenskrise, "ohne dass es hinreichend bemerkt wird". Nach der Papstwahl sei aus Deutschland sofort der Ruf nach einer Strukturreform gekommen. Seiner Auffassung nach braucht es aber zuerst eine Erneuerung des Glaubens sowie des Umgangs mit den Gläubigen und der Gläubigen untereinander. Danach könnten Strukturreformen erfolgen. Strukturen aber hätten noch nie Leben und Glauben erzeugt.
Besuch in Kremsmünster
Am kommenden Wochenende wird der Abtprimas das oberösterreichische Benediktiner-Stift Kremsmünster besuchen. Er nimmt dort am großen katholischen Jugendfestival "Christkönig 14" teil. Samstagabend ist Wolf zudem erster Gast einer neuen Gesprächsreihe, die das Stift aus Anlass des beginnenden "Jahr der Orden" startet. Unter dem Motto "Mehrwert Glaube" erzählen dabei herausragende Persönlichkeiten des Benediktinerordens, was das Ordensjahr für sie bedeutet. Fortgesetzt wird die Reihe am 5. Dezember bei einer Diskussion mit Br. David Steindl-Rast und dem Gründer des Europaklosters Gut Aich, P. Johannes Pausch.