Die pastorale Wende fortsetzen
Der Vatikan hat die Weichen für die Fortsetzung seines synodalen Prozesses über Familie und Ehe gestellt. Am Dienstag veröffentlichte er das Vorbereitungsdokument für die nächste Ordentliche Bischofssynode, die vom 4. bis 25. Oktober im Vatikan zum Thema "Berufung und Mission der Familie in der Kirche und der heutigen Welt" zusammentritt. Diese "Lineamenta" bestehen aus dem 62 Punkte umfassenden Abschlusstext der ersten Familiensynode, die im vergangenen Oktober im Vatikan getagt hatte, der jetzt um einen Katalog von 46 Fragen ergänzt wird.
Der Vatikan setzt damit demonstrativ auf Kontinuität in seinem von dieser Synode eingeschlagenen Weg der Pastoral für Ehe von Familie. Damit ist auch die Unsicherheit in manchen Ortskirchen beendet, wie und ob der eingeschlagene Weg weiterverfolgt werde. Die Synode vom vergangenen Oktober verlief auch dank neuer Regularien so lebhaft und mitunter kontrovers wie keine ihrer Vorgängertreffen.
Das nächste Bischofstreffen soll auf diesen Beratungen aufbauen, man dürfe nicht erneut bei Null anfangen, heißt es ausdrücklich in den "Lineamenta". Die Außerordentliche Synode vom Herbst 2014 müsse Ausgangpunkt für die künftigen Arbeiten sein. Die von ihr begonnene "pastorale Wende" müsse fortgesetzt werden. Eine Wende, die "im Zweiten Vatikanischen Konzil und dem Lehramt von Papst Franziskus" wurzelt.
Aber vor dieser römischen Synode haben nochmals die Bischofskonferenzen in aller Welt das Wort. An sie ist der Fragebogen gerichtet, der nochmals zur Reflexion und zur Vertiefung einlädt. Dabei stellt das Synodensekretariat es den Ortskirchen frei, wie sie bei dieser Erhebung vorgehen, und welche Bereiche oder Gruppen ihrer Diözesen sie befragen. Ein Hinweis, der die Unsicherheiten vor der letzten Synode beseitigt, als einzelnen Bischofskonferenzen den Fragebogen online stellten und damit auch die Kirchenbasis einbezogen - was mancherorts zunächst Irritationen auslöste.
Die Antworten auf die jetzige neue Umfrage müssen bis zum 15. April dem Vatikan zugeleitet werden. Das Synodensekretariat erstellt daraus dann das endgültige "Arbeitspapier", das noch vor der Sommerpause herauskommen soll. Dieser Text bildet dann die inhaltliche Grundlage für die dreiwöchigen Synodenberatungen.
Der Fragenkatalog legt den Diskussionsstand der letzten Bischofssynode zugrunde. Der offizielle Halbzeitbericht nach einwöchigen Beratungen der Synode mit einer überraschenden Öffnung in Sachen Familie, Ehe, Sexualität und Lebensgemeinschaften hatte heftigen Widerspruch von Synodalen ausgelöst, die auf Festhalten an der kirchlichen Lehre drängten. Der Text wurde neu gefasst, die Aussagen zur Unauflöslichkeit und zur Sakramentalität der Ehe deutlicher formuliert. Die Aussagen etwa zu einem möglichen Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene oder zur Haltung gegenüber Homosexuellen erhielten in einer Schlussabstimmung nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Synodalen.
Der neue Fragenkatalog drängt auf eine weitere Präzisierung und auf eine sprachlich-verständlichere Vermittlung der katholischen Lehre zu Familie und Ehe. Aber er lenkt auch den Blick auf schwierige Lebenssituationen, auf Trennung, Scheidung, Ehen ohne Trauschein, auf die Lage von Alleinerziehenden. Zudem verweist er ausdrücklich auf die Praxis einiger orthodoxer Kirchen, die unter bestimmten Voraussetzungen auch die Segnung einer zweiten Ehe kennen. Diese Frage müsse weiter untersucht werden, heißt es in den "Lineamenta".
Beim Thema Homosexualität werden anders als in früheren Texten nicht mehr ausdrücklich gleichgeschlechtliche Partnerschaften thematisiert. Vielmehr geht es um die Pastoral für Familien, zu denen Personen mit homosexuellen Neigungen gehören. Weiter müssten Verfahren von Eheannullierungen besser bekanntgemacht und vereinfacht werden.
Nachdem die Bischofssynode 2014 nur vorbereitenden Charakter hatte, soll der Kirchengipfel im kommenden Herbst mehr Klarheit zur Familienpastoral schaffen. Die "Lineamenta" sind ein bedeutsamer Schritt in dieser Richtung.