Wirtschaftsfaktor Kirche: Fragen & Antworten
Die römisch-katholische Kirche ist in Österreich ein wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor. Eine am Donnerstag präsentierte aktuelle Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) und von Joanneum Research belegt dies mit Zahlen: 6,65 Milliarden Euro an direkter, indirekter und induzierter Wertschöpfung werden jährlich von den 158.000 Beschäftigten (das sind 123.000 Arbeitsplätze in Vollzeitäquivalenten) in der Kirche und deren Umfeld erwirtschaftet. Das pro Jahr geleistete ehrenamtliche Engagement der Katholikinnen und Katholiken entspricht 14.000 Fulltimejobs. In Bezug auf eine in der Studie erstellten Kosten-Nutzen-Analyse kommen die Autoren zum Ergebnis: Die Allgemeinheit und der Steuerzahler profitieren deutlich von den kirchlich erbrachten Leistungen.
Katholisch.at hat im Folgenden einige Fragen & Antworten zu der Studie zusammengestellt:
Welches Ziel verfolgt die Studie insgesamt?Das Ziel der Studie ist die Erhebung der öffentlichen Leistungen der katholischen Kirche für das Gemeinwesen in Österreich und die Quantifizierung ihrer ökonomischen Effekte nach wissenschaftlich anerkannten Methoden um eine objektive und transparente Betrachtung zu ermöglichen. Daher bildet diese Studie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Ausgabenströme, welche im Zuge der öffentlichen Leistungen der römisch-katholischen Kirche entstehen, in all ihren Facetten und Dimensionen ab. Darüber hinaus wurde erstmals versucht, die Vielzahl an öffentlichen Leistungen und Tätigkeiten der Kirche, die schwierig quantifizierbar bzw. monetär bewertbar sind, zu erfassen. Dies betrifft vor allem öffentliche Leistungen im Sozial- aber auch Kulturbereich. Ein Großteil der Aktivitäten in diesen Bereichen fußt auf dem ehrenamtlichen Engagement von Mitgliedern der Kirche.
Welche Methode wurde gewählt?
Im Rahmen dieser Studie wurden zwei Erhebungen mittels Fragebogen durchgeführt. Erstens wurden 520 repräsentative Pfarrgemeinden – das entspricht 20 % der österreichischen Pfarrgemeinden – mittels einer Online-Erhebung zu Art, Anzahl und Ausmaß des ehrenamtlichen Engagements der Mitglieder der römischen-katholischen Kirche auf Pfarrebene befragt. Die Rücklaufquote des Online-Fragebogens mit 51 % (265 Pfarrgemeinden) ist als sehr hoch einzustufen. Neben dem ehrenamtlichen Engagement wurden im weiteren Teil des Fragebogens die durch kirchliche Feste und Feiern im Zuge der heiligen Sakramente induzierten Konsumausgaben erhoben. Zweitens wurden die Orden in Österreich hinsichtlich ihrer karitativen, sozialen Tätigkeiten befragt. Zusätzliche Informationen konnten durch persönliche Gespräche sowie Telefongespräche mit verschiedenen Vertretern kirchlicher Organisationen gesammelt werden.
Mittels einer multiregionalen Input-Output-Analyse, welche die sektoralen und regionalen Verflechtungen einer Volkswirtschaft sowie deren Beiträge zur Wertschöpfung darstellt, wurden direkte, indirekte und induzierte (konsum- und investitionsinduzierte) Effekte auf Bruttowertschöpfung, Beschäftigte, Steuereinnahmen und Sozialabgaben abgeschätzt. Diese Abschätzung der wirtschaftlichen Effekte in Österreich und den neun Bundesländern durch die Tätigkeiten der römisch-katholischen Kirche wurde getrennt nach Tätigkeitsbereich und Institution durchgeführt. Die Ergebnisse beziehen sich auf das Jahr 2012.
Wie und in welcher Form engagieren sich Katholiken ehrenamtlich?
Die Befragung zeigte, dass sich insgesamt 6,4 % der KatholikInnen auf Pfarrgemeindeebene in den abgefragten Kategorien und Tätigkeitsbereichen ehrenamtlich engagieren (dies entspricht über 354.000 Personen). Im Durchschnitt, über alle Kategorien und Tätigkeitsbereiche, engagieren sich diese Personen im Ausmaß von 65 Stunden im Jahr auf Pfarrebene ehrenamtlich. Weiters sind rund 64 % der ehrenamtlich tätigen Personen weiblich. Die Häufigkeit und die Dauer des ehrenamtlichen Engagements variieren jedoch stark nach Art der Tätigkeit, Größe und Urbanisierungsgrad der Pfarrgemeinde. Abbildung 1 stellt die Verteilung der aufgewendeten Zeit (Stunden pro Jahr) der ehrenamtlich engagierten Personen in den Pfarrgemeinden nach Tätigkeitsbereich dar. Ein Großteil der aufgewendeten Zeit (42 %) betrifft Religiöse und Pastorale Tätigkeiten. Weitere wesentliche Tätigkeitsfelder sind Soziales & Bildung (20 %) sowie Kultur & Brauchtumspflege (18 %).
Die Befragung zeigt, dass sich im Durchschnitt ein Katholik und eine Katholikin 5,1 Stunden im Jahr auf Pfarrgemeindeebene in den verschiedensten Tätigkeitsfeldern ehrenamtlich engagieren. Hochgerechnet auf ganz Österreich impliziert dies ein wöchentliches Arbeitsvolumen von über 570.000 Stunden. Anders ausgedrückt, wären zur Deckung der Jahresleistung der ehrenamtlich engagierten Personen über 14.000 ganztätig Beschäftigte notwendig. Wenn man das mittlere Bruttojahreseinkommen einer unselbständig erwerbstätigen Person annimmt, so würde diese Gesamtleistung einem Wert von ungefähr 540 Mio. € entsprechen. Dies ist aber eher als obere Schranke einzustufen, da man von einer ehrenamtlich tätigen Person nicht in allen Fällen von derselben durchschnittlichen Produktivitätsrate ausgehen kann. Geht man vom unteren Einkommensquartil aus (25 % Quartil), so würden dieser jährlichen Leistung aber noch immer einer Leistung von 400 Mio. € entsprechen.
Wie stellt sich die makroökonomische Leistung der Kirche dar?
Insgesamt zeigen die Ergebnisse dieser Studie, dass alle monetär bewertbaren Aktivitäten und Leistungen der römisch-katholischen Kirche in Österreich im Jahr 2012 einen Bruttoproduktionswert von 12,7 Mrd. € sowie eine Bruttowertschöpfung von 6,6 Mrd. € generiert haben. Dabei nimmt erwartungsgemäß der direkte Effekt mit knapp 44 %, respektive 49 % den größten Anteil ein. Die Beschäftigungseffekte, die durch die Aktivitäten der römisch-katholischen Kirche ausgelöst werden, betragen in Summe 158.000 gesicherte Arbeitsplätze in Personenjahren; dies entspricht umgerechnet 123.000 Arbeitsplätzen in Vollzeitäquivalenten. Die durch die Kirche hervorgerufenen fiskalischen Effekte belaufen sich auf 3,35 Mrd. €. Von diesen 3,35 Mrd. € Gesamtsteuereinnahmen gehen rund 1,4 Mrd. € (43 %) an die Sozialversicherung, weitere 1,1 Mrd. € (32 %) an den Bund, zusätzliche 357,3 Mio. € (11 %) an die Länder sowie 260 Mio. € (8 %) an die Gemeinden.
Wie stellen sich die Leistungen im Dateil dar?
Die sakrale Kirche umfasst die Kirche im engeren Sinne, das bedeutet vor allem das Feiern der Sakramente sowie die Verwaltung und Koordination der einzelnen römisch-katholischen Diözesen bzw. Pfarren. Die sakrale Kirche generiert in Österreich eine Bruttowertschöpfung von insgesamt 678 Mio. €, 14,1 Tsd. Arbeitsplätze in Vollzeitäquivalenten und 403 Mio. € an Steuern und Abgaben.
Soziales Engagement ist ein wesentlicher Kernbereich der römisch-katholischen Kirche. Neben den sozialen Leistungen im pfarrlich-organisierten Rahmen, (Pfarrcaritas und Vinzenzgemeinschaften), sind die Ordensgemeinschaften und die Caritas wichtige institutionelle Stützen. Die Tätigkeiten im Bereich Soziale Kirche generieren Bruttowertschöpfung in der Höhe von insgesamt 1,80 Mrd. € sowie Arbeitsplätze für 37,5 Tsd. Vollzeitäquivalente und 876 Mio. € an Steuern und Abgaben.
Die römisch-katholische Kirche betreibt eine Vielzahl an verschiedenen Bildungseinrichtungen, beginnend bei vorschulischen Institutionen wie Kindertagesheimen bis hin zu Hochschulen. Insgesamt generiert der Bereich Bildung eine gesamte Bruttowertschöpfung in der Höhe von insgesamt 1,74 Mrd. € sowie 26,7 Tsd. Arbeitsplätze in Vollzeitäquivalenten und 882 Mio. € an Steuern und Abgaben. Berücksichtigt wurden unter anderem auch zusätzliche Effekte, ausgelöst durch staatlich finanzierte Lehrer an katholischen Schulen, Religionslehrer, Fachinspektoren und Lehrerpensionen.
In Österreich übernimmt die römisch-katholische Kirche neben Spitals- und Pflegediensten eine besondere Funktion bei der Versorgung und Begleitung Schwerstkranker und Sterbender. Hospize und Ordensspitäler nehmen hier eine Vorreiterrolle ein. Der Bereich Gesundheit und Pflege generiert eine Bruttowertschöpfung in der Höhe von insgesamt 2,28 Mrd. € sowie 41,3 Tsd. Arbeitsplätze in Vollzeitäquivalente und 1,19 Mrd. € an Steuern und Abgaben.
Die römisch-katholische Kirche ist sehr stark mit Österreichs historischem Kulturerbe verbunden. Ein großer Teil der Kulturstätten sowie Kulturgüter ist im Besitz der römisch-katholischen Kirche, wird von dieser gepflegt, instand gehalten und für die Öffentlichkeit bereitgestellt. Insgesamt generiert der Bereich Kultur, Kunst und Denkmalpflege eine gesamte Bruttowertschöpfung in der Höhe von insgesamt 878 Mio. € sowie 13,2 Tsd. Arbeitsplätze in Vollzeitäquivalenten und 398 Mio. € an Steuern und Abgaben. Durch den Tourismus fallen 460 Mio. € an Ausgaben an (390 Mio. € netto).
Die römisch-katholische Kirche nimmt eine wichtige Rolle in der Entwicklungszusammenarbeit in Österreich ein. Dieser Bereich generiert eine Bruttowertschöpfung in der Höhe von insgesamt 5,8 Mio. €, sichert 111 Arbeitsplätze in Vollzeitäquivalenten und induziert 3 Mio. € an Steuern und Abgaben in Österreich. Die Effekte im Ausland sind deutlich höher, aber aus methodischen Gründen nicht detailliert quantifizierbar.
Sonstige Tätigkeiten (unter anderem Besitz von Land- und Forstwirtschaft, Immobilien, deren Verpachtung, Restaurants und Gaststätten sowie Sägewerken) bewirken in Österreich eine Bruttowertschöpfung von 214 Mio. €, sichern 4,1 Tsd. Arbeitsplätze in Vollzeitäquivalenten und bewirken fiskalische Effekte von 56 Mio. €.
Wie fällt abschließend die Kosten-Nutzen-Analyse aus?
Insgesamt zeigt sich, dass die römisch-katholische Kirche zur Erbringungen ihrer Leistungen 1,56 Mrd. € aus ihren betrieblichen Einnahmen (bspw. Tagesheimbeiträge, Erlöse durch Schulgelder, Miet- und Pachterlöse) sowie sonstigen nicht-betrieblichen Einnahmen (wie Zinserlöse etc.) aufwendet. Der Finanzierungsbeitrag der privaten Haushalte, welcher sich aus zahlreichen Spenden, wie beispielsweise im Rahmen der Kollekte und Pfarrsammlungen oder Spenden an karitative Einrichtungen, Konsumausgaben im Rahmen der Feier der Sakramente, Tourismusausgaben und dem Kirchenbeitrag1 zusammensetzt, liegt bei 873 Mio. €.
Insgesamt ergibt sich ein monetär bewerteter Nutzen für Wirtschaft und Gesellschaft von 8,49 Mrd. €. Im Vergleich zu den dafür aufgewendeten Kosten von 5,91 Mrd. € übersteigt der monetäre Nutzen die Kosten der Leistungen der römisch-katholischen Kirche deutlich. Insgesamt zeigt die Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen, dass die im Rahmen dieser Studie betrachteten Aktivitäten und Tätigkeiten der römisch-katholischen Kirche von wesentlicher Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft in Österreich sind. Die öffentliche Hand erhält die umfangreichen öffentlichen Leistungen der katholischen Kirche in allen Bereichen (von welchen 8,49 Mrd. € an gesellschaftlichem Nutzen nachweisbar sind) zu Nettokosten von 130 Mio. €.