
Taizé eröffnet im September Niederlassung auf Kuba
Die ökumenische Gemeinschaft von Taizé eröffnet im September eine kleine Fraternität mit zwei Brüdern auf Kuba. Das sagte Taizé-Prior Frère Alois (Löser) am Samstag der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA. Ein katholischer Bischof und ein evangelisches Seminar hätten sie eingeladen. Ein konkretes Programm gebe es noch nicht. Die Brüder wollten erst mal zuhören und nicht schon beurteilen, so Frère Alois, der aus Bayern stammt und in Stuttgart aufwuchs. Viele Jugendliche hätten ihm im vergangenen Jahr berichtet, sie fühlten sich isoliert und sähen in der Heimat keine Perspektiven. Mit ihnen wolle man in Verbindung sein.
Rund 100 katholische und evangelische Brüder gehören zur Gemeinschaft von Taizé in Ostfrankreich. Davon lebt etwa ein Viertel in bislang fünf kleinen Fraternitäten in Asien, Afrika und Südamerika. Diese Brüder teilen ihr Leben mit Straßenkindern, Gefangenen, Sterbenden und Vereinsamten.
Papst Franziskus besucht Mitte September Kuba. Die kubanische Kirche und der Vatikan unter dem lateinamerikanischen Papst hatten in den vergangenen Jahren maßgeblich zum derzeitigen diplomatischen Tauwetter zwischen dem kommunistisch regierten Karibikstaat und den USA beigetragen.
Als weiteren wichtigen Ort für die Gemeinschaft bezeichnete Frère Alois China. "Wir müssen dieses Land viel besser verstehen lernen", mahnte er. Es brauche mehr als wirtschaftliche Expansion. Wenn man nicht zugleich den Menschen nahe sei, entstünden "große kulturelle und historische Missverständnisse".
Für 2016 bereitet die Gemeinschaft von Taizé ein großes Treffen mit Tausenden Jugendlichen in Cotonou im westafrikanischen Benin vor. "Afrika ist eine junge Kirche mit enormer Vitalität", so Frère Alois. Angesichts von Arbeitslosigkeit und vielen anderen Nöten müsse man helfen, dass diese Vitalität auch zum Ausdruck komme.
Die ökumenische Brüdergemeinschaft von Taizé gedenkt am Sonntag ihres vor zehn Jahren ermordeten Gründers Frère Roger Schutz (1915-2005). Zu einer Gebetsversammlung unter freiem Himmel werden geschätzt 6.000 bis 7.000 Christen sowie rund 100 Vertreter zahlreicher christlicher Konfessionen und anderer Religionen erwartet.
Dazu gehören als Gesandter von Papst Franziskus der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurienkardinal Kurt Koch, und der Generalsekretär des Weltkirchenrates (ÖRK), Olaf Fykse-Tveit. Die Konferenz der Europäischen Kirchen (KEK) entsendet ihre Vizepräsidenten Metropolit Emmanuel und Karin Burstrand. Als Repräsentant der anglikanischen Weltgemeinschaft hat sich Erzbischof John Sentamu von York angesagt. Die serbisch-orthodoxe Kirche wiederum ist in Person des Wiener Bischofs Andrej Cilerdzic vertreten.
Frère Alois ist als Prior der Nachfolger von Taizé-Gründer Frère Roger, der vor 100 Jahren geboren und am 16. August 2005 von einer geistesgestörten Frau erstochen wurde.
Roger Schutz, ein Schweizer, war mit seiner charismatischen Ausstrahlung eine der großen religiösen Persönlichkeiten der Gegenwart. Immer wieder rief er zur Versöhnung der getrennten Kirchen auf. Wie wenige andere hat Frère Roger sein Leben der Ökumene verschrieben. Dabei setzte er besonders auf die jungen Christen.
Seit Beginn der 1940er Jahre entwickelte der reformierte Theologe in Taizé, einem kleinen südburgundischen Dorf in der Nähe von Cluny, ein neues Modell des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Konfessionen. Seit Jahrzehnten pilgern jährlich Hunderttausende junge Leute aus ganz Europa dorthin. Jeweils zum Jahreswechsel kommen zudem Zehntausende zu "Europäischen Taizé-Treffen" in einer jeweils anderen Stadt zusammen.
Nach vierjährigem Theologiestudium in Lausanne und Straßburg hatte sich Roger Louis Schutz-Marsauche, so sein voller Name, 1940 in Taizé niedergelassen; 1949 legten die ersten sieben Brüder Gelübde ab. Heute gehören gut 100 Brüder der Gemeinschaft an; mehr als ein Drittel von ihnen ist katholisch.
Für sein "Werk der Versöhnung" erhielt Frère Roger zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Templeton-Preis, der als eine Art "Nobelpreis der Religionen" gilt, sowie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, den Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen (1989) und den Unesco-Preis für Friedenserziehung.
Fast jedes Jahr wurde Frere Roger von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) in Privataudienz empfangen. Der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger, den das Konklave kurz darauf zum Papst Benedikt XVI. wählte, reichte dem Protestanten Frère Roger im April bei der Beisetzungsfeier für Johannes Paul II. die Kommunion; das erregte weltweit Aufsehen.