
Benediktiner öffnen Klöster für Flüchtlinge
Österreichische und ungarische Benediktiner haben für Flüchtlinge einen Wanderweg von der serbisch-ungarischen bis zur österreichisch-deutschen Grenze entwickelt. Unterwegs dienten Abteien, Klöster und Kirchen als Herbergen für die Flüchtlinge. Die Benediktiner der ungarischen Erzabtei Pannonhalma haben den Angaben zufolge die Schirmherrschaft für die Aktion übernommen, sagte der Wiener Journalist Klaus Kufner laut dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag..
Entstanden sei die Initiative aus einem "eher flapsigen Posting" auf Facebook, berichtete Kufner. Darin rief er unter dem Eindruck der Bilder des Flüchtlingsmarschs entlang der ungarischen Autobahn dazu auf, gemeinsam mit Asylsuchenden über die österreichisch-ungarische Grenze zu wandern. "Binnen Stunden haben sich Hunderte dieser Idee angeschlossen", sagte Kufner.
Dann hätten die Mönche von Pannonhalma ihn angerufen und erklärt, mitwandern zu wollen und ihre Abtei als Herberge und Basislager für die Flüchtlinge bereitzustellen, berichtete der Initiator. Später hätten sich weitere Abteien und Klöster angeschlossen und den Wanderweg ausgebaut.
Der Pannonhalmaer Erzabt Asztrik Varszegi hatte sich bereits zu Beginn der Eskalation des Flüchtlingsansturms klar auf die Seite der Befürworter einer offenen Haltung der Kirche - wie sie in Österreich Kardinal Christoph Schönborn vorgibt - gestellt. Laut dem ungarischen Theologen und Soziologen Andras Mate-Toth von der JATE-Universität in Szeged fehlt in der Kirchenführung Ungarns allerdings ein Bekenntnis zur Asyl-Linie von Papst Franziskus.
"Wollte mich Papst nicht widersetzen"
Zuletzt sorgten Aussagen des Szegeder Bischofs Laszlo Kiss-Rigo über eine schwere "Gefährdung der universalen christlichen Werte des Kontinents" durch die Flüchtlinge für internationales Aufsehen und sogar für Entsetzen und Kritik von Stimmen aus der Weltkirche. Um das Interview, das der "Washington Post" entnommen war, gibt es mittlerweile Verwirrung. Kiss-Rigo erklärte am Mittwoch, seine Worte seien "verdreht" worden. Er habe sich dem Papst, der alle Pfarren Europa zur Aufnahme von Flüchtlingen aufgerufen hatte, nicht widersetzen wollen.
Das Interview lautete: "Die Angekommenen sind keine Flüchtlinge. Das ist eine Invasion. Die meisten der in Ungarn eintreffenden Migranten sind zynisch und arrogant, sie kommen hierher und rufen dabei 'Allahu Akbar'. Die Situation sieht so aus, dass Europa von Menschen überschwemmt wird, die sich selbst als Flüchtlinge ausgeben, aber in Wirklichkeit eine ernsthafte Gefahr für die universalen christlichen Werte des Kontinents bedeuten. Ich stimme deshalb dem Ministerpräsidenten in der Asylfrage eindeutig zu, nicht aber Papst Franziskus, der die Lage nicht kennt. Ihm zufolge soll Migrantenhilfe für Katholiken moralische Pflicht sein."
Dem Nachrichtenportal "Civilhetes" und der Tageszeitung "Nedpszabadsag" sagte Kiss-Rigo demgegenüber, seine Worte seien "verdreht" worden. Er habe der "Washington Post" lediglich gesagt, dass der Papst keine gründlichen Kenntnisse über die ungarische Flüchtlingslage habe und auch nicht haben könne. Mit der "geistlichen Richtungsangabe" von Papst Franziskus, dass Flüchtlingen zu helfen für Katholiken Pflicht sei, sei er aber "vollkommen einverstanden". Wenige Diözesen der Weltkirche hätten mehr für Flüchtlinge getan als seine Diözese Szeged, betonte der Bischof: "Nur ist es so, dass gerade darüber die Presse kaum berichtet."
Die Aufnahmebereitschaft der kirchlichen Stellen sei vorhanden, und alle würden aufgenommen, wenn sie sich registrieren lassen und in Ungarn bleiben wollten. "Nur ist es eben eine andere Sache, dass wir noch keinen einzigen getroffen haben, auf den das zutrifft", so Kiss-Rigo.
Erneut hob der Bischof von Szeged hervor, dass er die Flüchtlingspolitik von Ministerpräsident Viktor Orban voll unterstütze. Diese stehe nicht im Widerspruch zu den Prinzipien der katholischen Kirche. "Orban ist sogar einer der wenigen, die fähig sind, in der Flüchtlingsfrage eine vernünftige und christliche Lösung zu finden", erklärte der Bischof.
"Stiller Ärger und Enttäuschung"
Der Theologe Mate-Toth wiederum kann auch in den neuen und moderaten Aussagen Kiss-Rigos nicht ein wirkliches Einlenken erkennen. Er berichtete in einem Statement für einen theolgoischen Blog von "stillem Ärger und tiefer Enttäuschung über die Papstkritik von Laszlo Kiss-Rigo" an der kirchlichen Basis in seiner Heimat.
"Der Bischof hat die Migrationspolitik der ungarischen Regierung - namentlich Ministerpräsident Viktor Orban - gelobt. Die Katholiken finden es merkwürdig, dass sich der Bischof zugleich gegen den Papst und für die Regierung ausspricht, denn damit macht er die katholische Kirche zu einer Abteilung der Regierungspartei. In einer hysterisierten politischen Situation wie in Ungarn sollte die Kirche eher durch eine betonte Äquidistanz ihre Glaubwürdigkeit stärken als in Parteiideologie zu navigieren", so Mate-Toth wörtlich.
Mit der Charakterisierung der Migranten als islamische Invasion habe sich Kiss-Rigo überdies "der Bilder und Qualitäten des rechtsradikalen politischen Narrativs" bedient, so Mate-Toth weiter. Kiss-Rigo ignoriere die Komplexität der Situation völlig, schüre anstelle von Solidarität Angst und motiviere zur Kampfbereitschaft. "Das wird von vielen Katholiken mit Entsetzen zur Kenntnis genommen."