Nach "Nostra Aetate" Dialog auf Augenhöhe
Die Konzilserklärung "Nostra aetate" schuf die Voraussetzung dafür, dass ein Dialog zwischen Vertretern des Judentums und der katholischen Kirche "auf Augenhöhe" stattfinden konnte. Mit diesen Worten würdigte Paul Chaim Eisenberg, Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde, im "Kathpress"-Interview das vor 50 Jahren verabschiedete Konzilsdokument, das im Besonderen den abrahamitischen Weltreligionen Judentum und Islam mit Respekt und Wertschätzung begegnet. Der christlich-islamischen Dialog habe überhaupt erst durch "Nostra aetate" Schwung bekommen, sagte Eisenberg. Vertreter des Judentums hätten den Text jedenfalls "mit Freude und Genugtuung" aufgenommen.
Von seinem Vater Bela Akiba Eisenberg, dem ersten Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien nach dem Zweiten Weltkrieg (den er in Ungarn versteckt auf dem Land überlebte) und unmittelbarem Vorgänger seines Sohnes, wisse er, dass es vor dem Konzil nur wenig Kontakt mit Kirchenvertretern gegeben habe. "Da sind meine Kontakte zu christlichen Würdenträgern sicher sehr viel intensiver", berichtete der Oberrabbiner. Ja sogar so intensiv, dass er der Fülle an Einladungen seitens katholischer Persönlichkeiten und Organisationen gar nicht nachkommen könne. Dabei sei ihm wichtig, so Eisenberg, dass sich der interreligiöse Dialog nicht ausschließlich auf der höchsten repräsentativen Ebene abspielt.
Freilich gebe es ab und an auch "Probleme" wie die von Papst Benedikt XVI. 2008 für den alten römischen Ritus freigegebene Karfreitagsfürbitte für die Juden, der Streit um das Papstkreuz in Auschwitz in den 1990er Jahren oder noch davor den antijüdischen und später verbotenen Anderl-von-Rinn-Kult in Tirol. Doch diese Irritationen "muss man aushalten", befand Eisenberg. Letztlich würden sie den Dialog zwischen Juden und Christen sogar "lebendiger" machen.
Die Konzilsväter würdigten in "Nostra aetate" das reiche gemeinsame geistliche Erbe von Christen und Juden. Angesichts dessen "will die Heilige Synode die gegenseitige Kenntnis und Achtung fördern, die vor allem die Frucht biblischer und theologischer Studien sowie des brüderlichen Gespräches ist", heißt es in der Erklärung. Unmissverständlich verurteilt werden seitens des Konzils "alle Hassausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die sich zu irgendeiner Zeit und von irgend jemandem gegen die Juden gerichtet haben".
Quelle: kathpress